Montagsspaziergänge in NRW bald genehmigungspflichtig

In Deutschland häuft sich nicht nur die Anzahl der Corona-Demonstrationen und Spaziergänge, sondern auch die der Teilnehmer. Für die Polizei wird der Druck dadurch höher. NRW will Spaziergänge künftig als Versammlungen werten, die einer Anmeldung unterliegen.
Titelbild
Eine Demonstrantin beim wöchentlichen Montagabendspaziergang gegen die Impfpflicht und die mit dem Coronavirus verbundenen Einschränkungen am 10. Januar 2022 in Bonn, Deutschland.Foto: Andreas Rentz/Getty Images
Von 15. Januar 2022

In immer mehr Orten Deutschlands gehen die Bürger montags auf die Straße, zum Spazieren. Auch die Teilnehmerzahlen bei diesen sogenannten Montagsspaziergängen steigen. Die Menschen wollen damit ihren Protest gegen die Corona-Maßnahmen zum Ausdruck bringen. Vor allem sorgen sie sich um eine drohende Impfpflicht und die Spaltung der Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte.

In diesem Zusammenhang hat das Bundesland Nordrhein-Westfalen eine neue rechtliche Einschätzung der Lage ins Auge gefasst. Das NRW-Innenministerium deklarierte in einem Schreiben an alle Polizeibehörden im Land die Montagsspaziergänge als Versammlungen, schreibt die „Rheinische Post“. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass die Proteste nur angeblich spontan seien, in Wirklichkeit aber meist über den Messengerdienst Telegram verabredet werden.

Dieser Unterschied sei hinsichtlich des Versammlungsrechts von Bedeutung: „Etwas anderes gilt für Versammlungen, die sich aus aktuellem Anlass augenblicklich bilden. Bei solchen sogenannten Spontanversammlungen entfällt die Anmeldepflicht. Denn Art. 8 Abs. 1 GG schützt auch das Recht, sich spontan zu versammeln.“

Doch auch wenn es sich angeblich nur „um regelmäßige Privatspaziergänge mit Freunden und Bekannten handele“, überwiege der politische Charakter, heißt es im Ministeriumsschreiben. Das ändere sich auch nicht, wenn man keine Plakate schwenke oder keine Sprechchöre skandierten.

Wichtiges Kriterium: gewaltfrei

In diesem Zusammenhang habe NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) dazu aufgerufen, die Proteste anzumelden. Dies habe Reul gegenüber der „WAZ“ gesagt, wie der „Deutschlandfunk“ berichtet. In der „RP“ heißt es dazu weiter, dass die Polizei bei unangemeldeten Versammlungen stets eine Anzeige schreibe. Sei kein „Rädelsführer“ erkennbar, gegen Unbekannt.

Laut Innenminister Reul könne man dennoch die Protestmärsche nicht einfach auflösen. Der Verstoß gegen die Anmeldepflicht einer Versammlung sei zwar strafbar, reiche aber allein nicht für das Beenden einer Demonstration aus. „Eine Auflösung ist nur zulässig, wenn die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist, es etwa zu Gewalteskalationen kommt und es kein milderes Mittel gibt“, so Reul.

Der Innenminister verwies dazu auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in den 1980er-Jahren „im Zusammenhang mit den Protesten gegen das Atomkraftwerk Brokdorf“. Die Brokdorf-Demo im Februar 1981 dürfte auch vielen älteren Anhängern und Politikern von Grünen und Linken noch in Erinnerung sein.

Die mit rund 100.000 Demonstranten bisher größte Demo in Deutschland wurde von den Behörden verboten, was später vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig bewertet wurde. 10.000 Polizisten waren im Einsatz. Die Zahl der Verletzten auf beiden Seiten lag bei jeweils etwa 130, schreibt die „SHZ“ in einem Rückblick.

Spaziergänge in der Regel friedlich

Im Gegensatz dazu laufen die Montagsspaziergänge in Deutschland friedlich ab, wie am 3. Januar beispielsweise in LudwigshafenHelmstedt, Nagold, Mülheim oder Erding. Nach Polizeiangaben sollen an jenem Montag allein in Thüringen 17.000 Menschen unterwegs gewesen sein, in Mecklenburg-Vorpommern spazierten mehr als 12.000 Bürger in rund 20 Städten bei angemeldeten „Lichterspaziergängen“ durch die Nacht, berichtet der „Stern“, allein 4.000 in Rostock, 2.000 in Schwerin und 1.800 in Neubrandenburg. In Bayern wurden 10.000 Spaziergänger geschätzt, größtenteils friedlich, wie es heißt. In Nürnberg beispielsweise waren es 4.200 friedliche Demonstranten. In Berlin riefen mehrere Hundert Demonstranten „Lügenpresse“ vor dem ZDF-Hauptstadtbüro – keine weiteren Vorkommnisse, laut Polizei.

In Lichtenstein, Sachsen, hätten sich gewaltbereite Jugendliche unter Spaziergänger gemischt und die Polizei angegriffen und in Thüringen wurden teils Rangeleien und „aggressives Auftreten“ einiger Demonstranten registriert. In Weimar mussten zwei Lager voneinander getrennt werden, als 20 Personen etwa versucht hatten, einen Aufzug von 150 Menschen zu stoppen. In Magdeburg demonstrierten 2.500 Menschen. Hier soll es zu Flaschenwürfen gegen Polizisten und Pyrotechnikeinsatz gekommen sein.

Umfrage: Osten Demo-freundlicher

Wie nun eine aktuelle Umfrage des Markt- und Sozialforschungsinstituts Insa-Consulere im Auftrag der Evangelischen Nachrichtenagentur Idea ergab, hätten rund 52 Prozent der Befragten kein Verständnis für die Corona-Demos. Obwohl damit eine knappe Mehrheit der Befragten den Corona-Demos skeptisch gegenübersteht, gab von den übrigen Befragten jeder Dritte (35 Prozent) an, die Demonstranten grundsätzlich zu verstehen und neun Prozent zeigten sich unentschieden. Lediglich vier Prozent zogen es vor, keine Angaben zu machen. Zusammengefasst zeigten damit 48 Prozent – aktiv oder passiv – keine Ablehnung gegenüber den Corona-Protesten.

Generell zeigte sich im Westen Deutschlands eher die Tendenz, die Proteste abzulehnen (53 Prozent), als im DDR-erfahrenen Osten Deutschlands (46 Prozent). Andererseits lehnten laut der Zeitung „Rheinpfalz“ zur Umfrage vor allem die über 60-Jährigen (68 Prozent) die Proteste ab. Während die jüngeren und mittleren Altersgruppen weniger Ablehnung zeigten (42 bis 48 Prozent).

Grünen-Anhänger stark gegen Corona-Proteste

Laut der Zeitung habe auch die Einstellung zu Parteien bei den Befragten Unterschiede ergeben. Während 75 Prozent der AfD-Anhänger unter ihnen Verständnis für die Demonstranten hegten, gab es einen gewissen Abstand zum Zweitplatzierten. Die Freien Demokraten brachten noch 43 Prozent Verständnis auf und mit 40 Prozent drückten bei den FDP-Anhängern auch weniger ihr Unverständnis aus.

Anders sah es bei den anderen Parteien aus, bei denen das Unverständnis überwog. Die Anhänger der Sozialdemokraten fanden es zu 68 Prozent falsch, die Unionsfreunde hatten zu 67 Prozent kein Verständnis und bei den Linken sprachen 55 Prozent ihr Unverständnis zu den Demos aus. Die Grünen-Anhänger waren jene, die am meisten gegen die Corona-Proteste voteten. Von ihnen zeigten 70 Prozent kein Verständnis für die Demonstranten. Dies ist auch daher erstaunlich, da den Grünen immer nachgesagt wird, gegen den Einsatz von Gentechnik zu sein.

Derzeit sind in der EU fünf Impfstoffe zugelassen, die alle mit Gentechnik arbeiten: die mRNA-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna, die Vektorimpfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson sowie der neue proteinbasierte Impfstoff von Novavax.



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