„Mission Silberlocke“: Gysi, Bartsch und Ramelow wollen Die Linke retten

Drei bekannte Politiker der Linken wollen es noch einmal wissen und streben Direktmandate an. So wollen sie die Partei in den Bundestag retten.
In der Bundespressekonferenz zeigten sich die künftigen Direktkandidaten Bodo Ramelow, Dietmar Bartsch und Gregor Gysi recht siegesgewiss.
Bodo Ramelow (l.), Dietmar Bartsch (M.) und Gregor Gysi unternehmen einen Rettungsversuch.Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Epoch Times20. November 2024

Drei namhafte Politiker der Partei Die Linke kündigten am Mittwoch, 20. November, in der Bundespressekonferenz die „Mission Silberlocke“ an. Gregor Gysi, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow haben sich zum Ziel gesetzt, drei Wahlkreise für sich zu gewinnen. So soll es der Partei gelingen, trotz des Verfehlens der 5-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl auch für die nächste Legislaturperiode in den Bundestag einzuziehen.

Gysi wird demnach in Treptow-Köpenick antreten, Bartsch in Rostock und der Thüringer Noch-Ministerpräsident Ramelow in Erfurt. „Sollte Die Linke ausscheiden aus dem Bundestag, bedeutete das, dass es im Bundestag keine linken Argumente mehr gibt“, sagte Gysi am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung der Pläne. Das gelte „weder bei der Steuerpolitik noch bei der Sozialpolitik, auch nicht bei der Friedenspolitik, auch nicht bei der Gleichstellung von Frau und Mann und vor allen Dingen bei der Gleichstellung von Ost und West“.

Ramelow sagte derweil, dass „die Stimme der Linken in der deutschen politischen Landschaft nicht verstummen darf“. Obwohl seine „persönliche Lebensplanung“ eine andere gewesen sei, gebe er gerne zu, dass er „die Idee von Mission Silberlocke als großartig empfunden“ habe.

Bartsch griff derweil auf einen berühmten Satz von Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) zurück: „Ich will ganz klar sagen, dass unser Beitrag ist, dass wir das Signal senden wollen: Wir schaffen das“, sagte er.

Bundestagseinzug per Grundmandatsklausel

Bereits bei den Wahlen im Jahr 2021 war es der Linken gelungen, sich trotz eines Wahlergebnisses von nur 4,9 Prozent 36 Mandate im Bundestag zu sichern. Dies schafften sie über die Grundmandatsklausel, nach der eine Partei auch mit weniger als 5 Prozent der Zweitstimmen im Bundestag vertreten ist, wenn sie mindestens in drei Wahlkreisen ein Direktmandat erlangt.

Diese erzielten Gregor Gysi im Wahlkreis Berlin-Treptow-Köpenick, Gesine Lötzsch in Berlin-Lichtenberg und Sören Pellmann in Leipzig bei der vergangenen Bundestagswahl.

Es war das vierte Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, dass eine Partei über die Grundmandatsklausel in den Bundestag einzog. Zuvor gelang dies in den Jahren 1953 und 1957 der Deutschen Partei (DP) und im Jahr 1994 der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), einer Vorgängerpartei der Linken.

Linke seit Jahren im Abwärtstrend

Die Linke kommt laut aktueller Umfragewerte auf zwischen 2 und 4 Prozent und läuft daher Gefahr, in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr im Bundestag vertreten zu sein.

Seit der Wahl im Jahr 2021 bewegen sich die Umfragewerte der SED-Nachfolgepartei unterhalb von 5 Prozent. Im Oktober 2023 verließ die ehemalige Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht Die Linke und gründete im Januar 2024 ihre eigene Partei, das Bündnis Sahra Wagenknecht.

Zuletzt waren Streitigkeiten über den Umgang mit Antisemitismus in der Linken aufgekommen, die zu weiteren Parteiaustritten auf Landesebene führten. So verließen im Oktober dieses Jahres fünf Politiker das Berliner Abgeordnetenhaus.

Die drei „Silberlocken“

Gregor Gysi

„Ein Leben ist zu wenig“, heißt die Autobiografie des 76-Jährigen, und in der Tat hätten die Volten seines Lebenslaufs auch für mehr als eine Person gereicht. Der in Berlin geborene Jurist mit Rinderzucht-Ausbildung war unter anderem SED-Chef in der untergehenden DDR, Vorsitzender der PDS, Präsident der Europäischen Linken, Oppositionsführer im Bundestag und Wirtschaftssenator in Berlin.

Obwohl er heute in der Linken kein Amt mehr bekleidet, ist der zweifach geschiedene Vater von drei Kindern einer der bekanntesten Köpfe der Partei. Neben seinem Bundestagsmandat hat der rhetorisch gewandte Gysi auch im Rentenalter gut zu tun: Er führt Gesprächsreihen in Berliner Theatern, als Anwalt vertritt er Klimaaktivisten.

Doch von der Politik konnte Gysi trotz privater Turbulenzen und gesundheitlicher Probleme – er überstand unter anderem drei Herzinfarkte – nie lassen. Am Sonntag schrieb er auf X: „Es gibt Leute, die man nie loswird, zum Beispiel mich.“

Dietmar Bartsch

Auch der 66-jährige Bartsch blickt auf eine wechselvolle Politikkarriere zurück. Sie begann für den in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsenen und in Moskau promovierten Ökonomen während der Wendezeit in der PDS. In der Linken war der verheiratete Vater von zwei Kindern unter anderem Bundesgeschäftsführer und führte über Jahre die Bundestagsfraktion.

Den Fraktionsvorsitz teilte sich Bartsch lange mit Sahra Wagenknecht. Obwohl den führenden Repräsentanten des Reformerflügels und die von Kernpositionen der Linken immer weiter abgerückte Wagenknecht politisch vieles trennt, verteidigte Bartsch sie lange, auch als ihre Ambitionen Richtung Parteineugründung immer deutlicher wurden. Nach der Abspaltung des BSW trat er nicht mehr für den Vorsitz der nunmehr zur Gruppe geschrumpften Linken im Bundestag an.

Eine kurze Auszeit von der Politik von 2002 bis 2005 verbrachte Bartsch unter anderem als Unternehmensberater und Geschäftsführer der parteinahen Zeitung „Neues Deutschland“.

Bodo Ramelow

Der 68-jährige Einzelhandelskaufmann hat Geschichte geschrieben: Er ist der bislang einzige Ministerpräsident der Linken – nach der Landtagswahl in Thüringen Anfang September allerdings nur noch geschäftsführend. Sollte ihm nun der Sprung in den Bundestag gelingen, wäre es eine Rückkehr nach knapp 16 Jahren.

Ramelow stammt aus Niedersachsen. Seine Arbeit für die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) verschlug ihn nach der Wiedervereinigung nach Thüringen. Ende der 1990er-Jahre trat er in die PDS ein und wurde bald Chef der Landtagsfraktion. Nach einem Zwischenspiel im Bundestag wurde Ramelow im Jahr 2014 Regierungschef. Trotz heftiger landespolitischer Turbulenzen hat er das Amt noch heute inne.

Dass bei der jüngsten Wahl der AfD-Landesverband stärkste Kraft wurde, war für ihn eine brutale Niederlage. Jedoch versucht der zum dritten Mal verheiratete Vater von zwei Söhnen noch einmal einen Karriere-Neustart. (tp)

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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