Merz-CDU will selbst „Werte-Union“ sein – Parteitag endet mit Pathos und neuem Programm
Am Mittwoch, 8. Mai, ist der 36. Bundesparteitag der CDU in Berlin zu Ende gegangen. Neben Gesprächsrunden mit internationalen Gästen bildete der Auftritt von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Höhepunkt des Abschlusstages.
In ihrer Rede warnte von der Leyen vor „Kremlknechten“, mit denen „kein Staat zu machen“ sei. Wer über Europa rede wie die AfD, sei, so die Kommissionspräsidentin, ein „Brandstifter im europäischen Haus“.
CDU sieht „europäische Werte“ in der Ukraine verteidigt
Beschlossen wurde auch ein „Europa-Antrag“ des Bundesvorstandes. In diesem hieß es, nach Jahrzehnten des Friedens und der Stabilität würden „heute unsere Freiheit und unsere Sicherheit in Europa wieder massiv bedroht“. Den Ukrainern wurde attestiert, sie „verteidigen auch unsere Freiheit und unsere europäischen Werte“.
Deshalb wolle man „Europa besser schützen – gegen Feinde von außen und von innen“. Ein „pro-europäischer Aufbruch“, für den die CDU stehe, solle ein „sicheres, handlungsfähiges und starkes Europa“ schaffen, das „auf Augenhöhe mit der Welt“ agiere.
Schon am Montag hatte Friedrich Merz zehn Minuten lang tosenden Applaus erhalten, als er die Partei auf die „westlichen Werte“ einschwor. Den Ausschlag dazu gab der Satz:
„Wir sagen allen denen den Kampf an, die unsere Werte, die unser Europa und die unsere Demokratie zerstören wollen.“
Grundsatzprogramm zum großen Moment für Merz
Sowenig dieses Pathos zu seinem Ergebnis von weniger als 90 Prozent bei der Bestätigung als Parteichef passen mochte: Der zweite Tag brachte Merz den von ihm ersehnten Rückenwind. Dass das neue Grundsatzprogramm, das zuvorderst seine Handschrift trägt, vom Parteitag einstimmig angenommen wurde, hat die Partei wieder geschlossen in einen Zustand der Euphorie versetzt.
Kommentatoren aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehen Merz nach diesem Parteitag bereits als sicheren Kanzlerkandidaten. Ein überzeugendes Ergebnis bei der EU-Wahl und das Vermeiden eines Totalabsturzes bei den Landtagswahlen könnten ihm tatsächlich entscheidenden Rückenwind geben.
Parteitagsdelegierte und Medien zu überzeugen, die einem schwarz-grünen Bündnis auf Bundesebene zumindest nicht erkennbar abgeneigt sind, ist das Eine. Wie die Weichenstellungen des neuen Grundsatzprogramms bei der breiten Bevölkerung ankommen werden, ist die offene Frage.
Bürgergeld: Esken bricht Lanze für Aufstocker
Die „Agenda für die Fleißigen“ spricht potenziell zumindest alle an, die sich nicht selbst explizit für das Gegenteil davon halten. Dies brachte auch SPD-Chefin Saskia Esken in einer ersten Reaktion auf ntv zum Ausdruck, wo sie betonte, dass die Arbeitnehmer im Land grundsätzlich fleißig seien.
Allerdings machte sie gemünzt auf die CDU-Forderungen zur Abschaffung des Bürgergeldes darauf aufmerksam, dass ein Fünftel der Bezieher damit regulären Arbeitslohn aufstocken müsse. Um den Betroffenen einen Weg zu besserem Einkommen zu ermöglichen, habe man den Grundsatz der schnellstmöglichen Vermittlung in Jobs zugunsten einer Weiterbildungsoption abgeschafft.
Auch der wiederbelebte Kampfbegriff der „Leitkultur“ findet sich dort nun wieder. Diese, so heißt es, umfasse das Bekenntnis zum Grundgesetz und das „gemeinsame Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit“. Zudem gehe es um das „Verständnis unserer Traditionen und Bräuche“ und die Kenntnis der deutschen Kultur und Sprache. Gegenüber dem ersten Frühling, den der Begriff in den 1990er-Jahren und 2000er-Jahren erlebt hatte, ist das immerhin ein Plus an Präzision.
CDU gegen Bleiberecht auch für anerkannte Asylbewerber
Die Asylgewährung nach dem Ruanda-Modell, die sich im Programm wiederfindet, soll vor allem Wähler zurückgewinnen, die – wie Merz es formulierte – „die Union zuletzt nicht wiedererkannt“ hätten. Dass selbst anerkannte Asylbewerber in einem sicheren Drittstaat bleiben und kein Bleiberecht in Deutschland erhalten sollen, zielt augenscheinlich auf AfD-Wähler ab. Ob eine solche Lösung politisch durchsetzbar sein würde und vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hätte, ist ungewiss.
Bezüglich der Wehrpflicht, die in vollem Umfang gemeinsam mit einem „Gesellschaftsjahr“ neu erstehen soll, setzt die Union hingegen auf eine Mehrheit der Bevölkerung. Diese steht Umfragen zufolge hinter diesem Schritt. Die verlässlichsten Zielgruppen der Union befinden sich in einem Alter, in dem es noch eine allgemeine Wehrpflicht gegeben hatte.
Diese bedeutete damals allerdings vorwiegend die Vorbereitung auf Katastrophenhilfseinsätze im Inneren. „Kampf für die Werte“ und „Augenhöhe mit der Welt“ hatten in jener Zeit noch nicht diese zentrale Position im politischen Selbstverständnis des Landes eingenommen.
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