Merkel will den Mega-Lockdown – Parlament bleibt außen vor

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die für 26. Januar geplante nächste Bund-Länder-Runde zur Corona-Politik auf den 19. vorgezogen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für den von Medien schon im Vorfeld kolportierten „Mega-Lockdown“. Scharfe Kritik kommt aus der AfD.
Von 15. Januar 2021

Der Mega-Lockdown wird kommen, und die Begründung dafür wird die Sorge um die Ausbreitung der britischen Corona-Mutation sein.

Das berichtete die „Bild“-Zeitung am Freitagvormittag (15.1.) unter Berufung auf eigene Quellen. „Euronews“ teilt zudem mit, dass die ursprünglich erst für 25. Januar geplante nächste Bund-Länder-Konferenz unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits am kommenden Dienstag, dem 19. Januar, stattfinden soll. Auch dies deutet auf bevorstehende Verschärfungen der bereits bestehenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens hin.

Ziemiak dementiert Einschränkungspläne für ÖPNV

Gegenstand der Beratungen soll unter anderem eine verbindliche und bundeseinheitliche „Ein-Freund-Regel“ sein, der zufolge es während der Geltungsdauer der Maßnahmen nur noch möglich sein soll, eine bestimmte haushaltsfremde Person in einen Haushalt einzuladen.

Die in Bayern ab kommendem Montag geltende Pflicht, in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln eine FFP2-Maske zu tragen, soll zumindest auf der Tagesordnung stehen. Als denkbar erscheint auch eine verbindliche Vorgabe an Unternehmen, ihre Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak dementierte allerdings Medienberichte, wonach die Politik auch den öffentlichen Personennahverkehr stilllegen könnte. „Sowas ist natürlich nicht richtig“, zitiert Euronews Ziemiak. „Das hat auch niemand vorgeschlagen.“

Allerdings seien Einschränkungen im überregionalen Verkehr denkbar. Zuvor hatte unter anderem der „Tagesspiegel“ geschrieben, Merkel und mehrere Bundesländer wollten auch in Bereichen von Bussen, U- und S-Bahnen sowie der Deutschen Bahn den öffentlichen Verkehr einschränken.

Corona-Blitzanstieg in Irland wieder am Abklingen

Der „Bild“-Zeitung zufolge werde im Verkehrsministerium hingegen bereits geprüft, „welche Konsequenzen für Mobilität und Logistik ein kompletter Shutdown des Landes hätte“ – und wie man „trotzdem die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen“ vermöge. Jedenfalls soll es einheitliche und zum Teil noch verschärfte Kontaktbeschränkungen und Regelungen für Schulen und Kitas im gesamten Bundesgebiet geben.

Die Dringlichkeit neuer und noch weiter reichender Maßnahmen wird vor allem mit der in Großbritannien aufgetretenen Mutation des Coronavirus begründet, die unter dem Namen B117 bekannt ist und deren Ansteckungsgrad die ursprüngliche Variante von SARS-CoV-2 noch deutlich übersteigen soll.

In Irland hatte es Ende des Vorjahres bedingt durch die Mutation einen schnellen und drastischen Anstieg der Neuinfektionen mit Corona gegeben. Allerdings ist die Inzidenz mittlerweile wieder zurückgegangen.

Experten sehen keinen Anlass zur Panik mit Blick auf B117

Auch gibt es sogar innerhalb der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Stimmen, die davor warnen, unter dem Eindruck der B117-Variante in Panik zu verfallen. Der Notfallbeauftragte der Organisation, Dr. Michael Ryan, erklärte, dass neue Varianten des Virus zwar nach bisherigen Erkenntnissen die Ausbreitung von COVID-19 beschleunigen würden, es gäbe allerdings „keine Hinweise darauf, dass mit den Mutationen schwerere Verläufe einhergehen“. Eine Veränderung bereits in Gang gesetzter Strategien in den einzelnen Ländern sei im Lichte der Mutationen nicht erforderlich.

Bereits seit Dezember versucht man beim Corona-Impfstoffhersteller BioNTech zu erkunden, inwieweit die Variante des Coronavirus eine Auswirkung auf das Schutzniveau des bereits angewendeten Impfstoffs habe. Bislang ist man in der Fachwelt vorsichtig optimistisch, dass die Mutationen die Antwort des Immunsystems der Geimpften nicht zwingend in grundlegender Weise beeinflussen müsse.

Auch Charité-Virologe Christian Drosten erklärte, es sei positiv zu werten, dass der neuen Variante ein bestimmtes Gen fehle, das eigentlich die Krankheitsschwere verstärke. Bezüglich verbindlicher Einschätzungen ist man aufseiten der Experten jedoch noch vorsichtig.

Merkel „ziemlich frustriert“ über Maßnahmendisziplin

Mit Blick auf die in Rede stehenden Maßnahmen gibt es auch in den Ländern Vorbehalte. So werde bezüglich der in Rede stehenden FFP2-Maskenpflicht darauf verwiesen, dass das Robert Koch-Institut (RKI) ausdrücklich nicht in allen Fällen deren Verwendung empfehle.

Zudem scheint die Erinnerung an den Frühjahrs-Lockdown auch unter manchen Landespolitikern noch frisch zu sein: Damals hatten Engpässe bei der Versorgung mit Schutzmasken zur Folge, dass trotz Maskenpflicht viele Bürger oft wochenlang warten mussten, bis auch tatsächlich flächendeckend Masken verfügbar waren.

Ein ähnliches Szenario, nämlich dass das bestehende Angebot an FFP2-Masken für eine allgemeine Verpflichtung, diese zu tragen, gar nicht ausreiche, befürchten nun „Bild“ zufolge auch manche Teilnehmer der bevorstehenden Bund-Länder-Konferenz.

Bundeskanzlerin Merkel selbst hadere mit der aus ihrer Sicht nachlassenden Maßnahmendisziplin innerhalb der Bevölkerung. Die Kanzlerin vergleiche „in internen Runden immer wieder den März-Lockdown mit den immer noch volleren Straßen und S-Bahnen dieser Tage“, was sie „ziemlich frustriert“ erscheinen lasse. Auch hätten die ersten Überschlagsrechnungen bezüglich der Kosten für eine mögliche Ausdehnung des Lockdowns bis Ende Februar das sächsische Wirtschaftsministerium „nachhaltig schockiert“.

Spaniel: „Mega-Lockdown an Parlament vorbei“

Scharfe Kritik am Vorgehen der Bundesregierung übte auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel, der darauf hinwies, dass er wie die meisten anderen Parlamentarier auch vom geplanten Mega-Lockdown „aus der Bild-Zeitung erfahren“ habe.

In einer Videobotschaft warf er dem Kabinett Merkel eine Missachtung des Parlaments vor, das einmal mehr vor vollendete Tatsachen gestellt werde.

„Eine vernünftige Regierung hätte einen solchen Schritt im Parlament eingebracht und besprochen“, äußert Spaniel. Die Art und Weise, wie selbst Maßnahmen wie das „Einsperren der Bevölkerung“ und ein möglicher Stopp des Nah- und Fernverkehrs an der Opposition vorbei vorentschieden würden, ohne dass es die Möglichkeit einer Aussprache gäbe, entspreche der „exakten Definition eines totalitären Regimes“.

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