Mehr Kontrollen, mehr Verbote, mehr Polizeipräsenz: So wappnen Städte ihre Volksfeste

Veranstalter setzen vor allem auf die Ausweitung von Waffenverbotszonen und – wo das möglich ist – auf mehr Personenkontrollen.
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Wer in diesem Jahr das Oktoberfest in München besuchen will, muss sich aufgrund verstärkter Kontrollen an den Eingängen längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Symbolbild.Foto: Alexandra Beier/Getty Images
Von 29. August 2024

Nach der tödlichen Messerattacke auf drei Menschen bei einem Volksfest in Solingen kündigen verschiedene Städte nun verschärfte Sicherheitsvorkehrungen bei Großveranstaltungen an.

Kontrollen auf der Wiesn werden verstärkt

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will „aus Anlass der aktuellen Sicherheitslage“ die Kontrollen beim Oktoberfest (21. September bis 6. Oktober) nochmals intensivieren, heißt es auf der Internetseite der Stadt. Daher könne es zu längeren Wartezeiten an den Einlasspunkten kommen. Die bayerische Landeshauptstadt hatte in den vergangenen Jahren bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen. So ist das Festgelände von einem Zaun umgeben. Außerdem ist das Mitführen von Messern, Glasflaschen und Rucksäcken verboten.

Die Sicherheitssituation auf der Wiesn ist jedoch nicht mit der des Solinger Fests vergleichbar, meint Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Dem „Bayerischen Rundfunk“ sagte er, dass das Oktoberfest und andere regelmäßige Veranstaltungen mit sehr guten und ausgereiften Konzepten gesichert seien. „Das ist etwas völlig anderes, als wenn ich einmal ausnahmsweise ein besonderes Stadtjubiläumsfest wie in Solingen mache“, betonte Herrmann.

Auch Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) sieht das Fest gut vorbereitet. Das Sicherheitskonzept nennt er „jetzt schon sehr ausgefeilt“. 50 Videokameras überwachten das Geschehen auf dem Gelände, weitere seien in den Zelten installiert. Ein Attentäter würde früh auffallen, glaubt Baumgärtner. Es „wird darauf reagiert“, wenn sich jemand auffällig bewege oder eine „bestimmte Handbewegung macht“.

Täter lassen sich nicht von Verbotszonen abhalten

Heute, am 28. August 2024, öffnet der Weinmarkt in Stuttgart seine Pforten. Den Markt- und Schillerplatz könne man nicht durch Einlasskontrollen sichern, sagte der Festveranstalter Dominik Schwab dem „Südwestrundfunk“ (SWR). Das Gebiet befindet sich nach Angaben der Stadt innerhalb einer 2023 eingeführten Waffenverbotszone.

Nachdem es in diesem Jahr bereits mehrere Messerattacken gegeben hatte, hatte die Stadt kürzlich eine Ausweitung der Verbotszone diskutiert. Für mehr Sicherheit sollen auch verstärkte Kontrollen durch die Polizei sorgen. Eine Garantie für die Sicherheit sei das aber nicht, betont die Stadt gegenüber dem SWR. Es werde sich kein Attentäter von einer Waffenverbotszone abhalten lassen. Daher sei die Maßnahme beschränkt, doch die Stadt wolle sie nutzen.

Auch beim Pferdemarkt, der am Freitag, 30. August, in Bietigheim (Baden-Württemberg) beginnt und bis zum Abschluss am Dienstag, 3. September, rund 300.000 Besucher anlocken soll, gibt es ein verschärftes Sicherheitskonzept. Wie die „Stuttgarter Zeitung“ mitteilt, ist das Mitführen von Stichwaffen ab einer Klingenlänge von vier Zentimetern verboten. Ein Verkauf von Messern sei untersagt.

Zudem würden in den Eingangsbereichen und auf dem Festgelände stichprobenartig Taschenkontrollen durchgeführt. „Einlasskontrollen für alle Besucher kann es aufgrund der Größe der Veranstaltungsfläche, der unzähligen Zugänge und der sehr großen Anzahl von Besuchern nicht geben“, sagte die Leiterin des städtischen Presseamts, Anette Hochmuth, gegenüber der Zeitung.

Augsburger Plärrer-Organisatoren selbstbewusst

Übersichtlicher und daher besser kontrollierbar ist das Weinfest, das am 28. August 2024 im nordhessischen Fulda gestartet hat. „Wir haben natürlich den Vorteil, dass das Fest hier in einem kontrollierbaren Raum stattfindet und wir an den Eingängen Einlasskontrollen positionieren können. Bei Bedarf wird unser Sicherheitsdienst auch Taschenkontrollen vornehmen“, sagte Veranstalter Josef Hahner gegenüber der „Fuldaer Zeitung“. Waffen seien auf dem Fest ohnehin bereits verboten.

„Die Sicherheit von Veranstaltungen wird zunächst durch die eingesetzten Sicherheitsdienste überprüft und gewährleistet. Diese sind zuständig für den Einlass auf das Veranstaltungsgelände und damit einhergehende Kontrollen“, erläutert Magistratspressesprecher Johannes Heller. Kontrollen und weitere Maßnahmen der Stadt sollen für zusätzliche Sicherheit sorgen.

Der Schwaben größtes Volksfest ist der Augsburger Plärrer, der zweimal pro Jahr über die Bühne geht. Der Herbstplärrer startete am 24. August 2024 und endet am Sonntag, 8. September. Selbstbewusstsein strahlte der Sprecher der schwäbischen Schausteller, Josef Diebold, gegenüber dem „Bayerischen Rundfunk“ aus: „Wir können mit erhobener Brust sagen: Der Plärrer ist eine sichere Veranstaltung.“ Die Gewährleistung der Sicherheit gehöre zur Familienfreundlichkeit des Fests.

In den vergangenen Jahren seien die Sicherheitskonzepte verschärft worden. Mitarbeiter von Sicherheitsfirmen kontrollierten am Eingang und schauten auch in Taschen. Beamte in Zivil, Streetworker und eine große Polizeipräsenz rundeten den personellen Einsatz ab: „Wir haben unsere Hausaufgaben in den letzten Jahren schon gemacht“, so Diebold.

Solinger Nachbarstädte sagen Feste ab

Festsaison ist auch in Nordrhein-Westfalen. Im September finden unter anderem das Stadt- und Kulturfest in Bergisch Gladbach, der Bochumer Musiksommer (jeweils vom 6. bis 8. September) und die Herbstkirmes in Viersen (14. September) statt. Doch sind auch Feste am vergangenen Wochenende abgesagt worden. Etwa das „Fest der Kulturen“ in Hilden oder das Weinfest in Haan.

Bürgermeisterin Bettina Warnecke (parteilos) begründete dies gegenüber dem „Westdeutschen Rundfunk“ mit den Ereignissen im nahe gelegenen Solingen: „Wir können nicht feiern, wenn wenige Kilometer von uns entfernt unsere Nachbarstadt trauert.“ Ihr Amtskollege Claus Pommer (parteilos) führte „Mitgefühl für die Menschen unserer Nachbarstadt“ an, nannte aber auch die Sicherheitslage als Grund für die kurzfristige Absage.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte gegenüber dem Rundfunksender, er sei bereit, eine Debatte über mehr Überwachung auf Festen zu führen, um für mehr Sicherheit zu sorgen. Er befürchte jedoch, dass der Aufwand dann so groß werde, „dass wir nicht mehr feiern“. Alle Vorschläge müssten zusammengetragen werden. Wüst betonte dazu: „Wir wollen diese komplette Überwachung nicht. Viele Leute tun sich schon schwer mit dem, was wir jetzt schon machen.“ Das müsse man berücksichtigen.

Pessimismus auf X

Kommentare zur Situation auf den Festen gab es auf X (ehemals Twitter). So äußerte sich User „ICH bin ICH“ pessimistisch: „Es gibt nirgendwo mehr Sicherheit. Ich glaube, Oktoberfest werden sich viele lieber verkneifen. Bald Volksfest in Nürnberg, das gleiche.“
„Pazifist“ merkt an: „Nein 100% Sicherheit gibt es nicht. Aber vor 10 Jahren hatte ich kein mulmiges Gefühl im ÖV auf dem Nachhauseweg. Ich habe mir auch nie gezielt Orte gesucht, wo Frauen standen zum Warten. Nie wäre ich aus Sicherheitsgründen nicht auf ein Volksfest gegangen.“
„Wolfgang Keil“ kommentiert zum Oktoberfest: „die Bürger brauchen Sicherheit und keine ständige Bedrohung durch Messerstecher. Auch demnächst auf dem #Oktoberfest will der Bürger unbeschwert ohne ständige Polizeipräsenz /Kontrolle feiern können.“


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