Maximal 60.000 Asylbewerber pro Jahr? 76 Prozent begrüßen Vorschlag von Kretschmer zu Obergrenze
In der Vorwoche fand eine weitere Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin statt. Wie bereits im November des Vorjahres war Asyl das Hauptthema – anders als damals fielen jedoch nur wenige wegweisende Beschlüsse. Sachsen und Bayern zeigten sich enttäuscht von den Ergebnissen. Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte im Vorfeld eine deutschlandweite Obergrenze von 60.000 Asylsuchenden bis 2030 gefordert.
Deutlicher Rückhalt für Kretschmer-Vorstoß zur Obergrenze
In der Bevölkerung scheint Sachsens Ministerpräsident damit einen Nerv getroffen zu haben. Einer INSA-Umfrage im Auftrag von „Bild“ zufolge haben 76 Prozent der zwischen 8. und 11. März befragten 1.031 Wahlberechtigten erklärt, eine Obergrenze grundsätzlich für richtig zu halten. Dabei reichten die Zustimmungswerte je nach Partei von 54 bis 91 Prozent.
Sogar unter den Anhängern der Linkspartei fand Kretschmers Vorstoß demnach Zustimmung. Einzig die Anhänger der Grünen sprachen sich mit 55 Prozent mehrheitlich gegen eine solche Maßnahme aus. Insgesamt lehnen nur 18 Prozent der Befragten eine Obergrenze für Asylsuchende generell ab.
Kretschmer führt derzeit auf Landesebene eine sogenannte Kenia-Koalition mit SPD und Grünen. Für die Zeit nach den Landtagswahlen im September hat der CDU-Ministerpräsident erklärt, eine Koalition ohne Beteiligung der Letztgenannten anzustreben. Er merke, so äußerte Kretschmer in einem Interview, dass dies „in der Bevölkerung auch eine große Sehnsucht ist“.
Ministerpräsident begründet Forderung nach Obergrenze mit Integrationsstau
Sachsens Ministerpräsident begründet seinen Vorstoß mit einer zunehmenden Überforderung, über die Kommunen klagen. Er verwies auf die aktuellen Integrationsanstrengungen, die noch weit vom Ziel entfernt seien. Neben der Unterbringung seien Integrations- und Deutschkurse mit erheblichen Problemen verbunden – es gebe deutlich weniger, als nachgefragt würden.
Entsprechend lange seien die Wartezeiten. Dazu komme die Situation an den Schulen. Deutschland fehlten, so Kretschmer, ausreichende Aufnahmekapazitäten. In Anbetracht der Lage definiert der Ministerpräsident die von ihm wahrgenommenen Möglichkeiten wie folgt:
„50.000 oder 60.000 Flüchtlinge pro Jahr – mehr können das erst mal für die nächsten Jahre nicht sein, weil wir so eine große Integrationsanstrengung haben.“
Rückendeckung erhält er von Landräten wie Götz Ulrich aus dem Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt. Im gleichen Blatt schildert er, wie sein Landkreis Kapazitäten für die Integration von jährlich 500 Schutzsuchenden habe – aber real derzeit für mehr als 8.000 zuständig sei. Unter diesen seien auch 5.200 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.
Landrat: BAMF stellt unrealistische Anforderungen an Lehrer
Ulrich zählt auch drei Bereiche auf, in denen der Bund einer erfolgreichen Integration selbst im Weg stehe. Einer seien die Sprachkurse, wo das BAMF nur Abrechnungen für Lehrer mit einem abgeschlossenen Studium in Deutsch als Erst- oder Zweitsprache anerkenne. Aus Sicht des Landrats eine völlig unrealistische Erwartung. Der Kreis betreibe mittlerweile eine eigene Schule für Flüchtlingskinder – die Kosten von 170.000 Euro im Jahr trage das Land.
Auch die Hindernisse und Verzögerungen bezüglich der Arbeitsaufnahme kritisierte der Landrat. Er sieht ausreichend Möglichkeiten, die Geflüchteten umgehend zu beschäftigen in Tätigkeiten, für die es keiner Deutschkenntnisse bedürfe.
Aber auch die Hürden bezüglich einer Abschiebung Ausreisepflichtiger bemängelt Landrat Ulrich. Zwar habe der Burgenlandkreis mit 76 Personen – darunter zwölf Straftäter – unter allen Landkreisen von Sachsen-Anhalt die meisten Ausreisepflichtigen außer Landes gebracht. Bei 296 weiteren scheitere es jedoch an der Rücknahmebereitschaft.
Dröge: „Kretschmer-Vorschläge gegen das Grundgesetz“
Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katharina Dröge, warnt demgegenüber vor einer Dramatisierung der Situation. In der Sendung „hart aber fair“ äußerte sie am Dienstag, 12. März:
„Die Mehrheit der Kommunen in Deutschland sagt zum Glück, dass die Situation herausfordernd, aber machbar ist.“
Sie plädierte dafür, sich Best-Practice-Beispiele, bei denen die Bewältigung der Integrationsarbeit besonders gut funktioniere, anzusehen. Von diesen könne man, wenn man den Grund ihres Erfolges erkannt habe, dann lernen. Kretschmers Forderung nach einer Obergrenze verstoße gegen das Grundgesetz sowie gegen europäisches und internationales Recht, mahnte die Grünen-Politikerin.
Berlin scheint unterdessen kein Best-Practice-Beispiel zu sein. Die unter anderem für Integration zuständige Senatorin Cansel Kiziltepe äußerte in derselben Sendung mit Blick auf eine Massenunterkunft auf dem Gelände des Flughafens Tegel:
„Wir bringen dort 5.000 Menschen unter. Das ist eine Kleinstadt. Integration funktioniert so nicht.“
Asylzahlen nur leicht unter jenen des Vorjahres
Die MPK hat in der Vorwoche Bundesinnenministerin Nancy Faeser aufgetragen, bis 20. Juni zu prüfen, inwieweit Asylverfahren sich in Drittstaaten auslagern ließen. An diesem Tag soll die nächste Runde der Länderchefs mit Kanzler Scholz stattfinden. Auch bezüglich einer einheitlichen Bezahlkarte konnte man eine Einigung erzielen. Darüber hinausgehende Vereinbarungen kamen nicht zustande.
Für das Jahr 2024 könnte es, was die Forderung Kretschmers betrifft, allerdings ohnehin bereits zu spät sein. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, haben in diesem Jahr bis Ende Februar bereits 50.799 Asylsuchende einen Erst- oder Folgeantrag gestellt.
Im Vergleich zu 2022 sei dies „eine massive Steigerung“, heißt es aus der Statistikbehörde. Allerdings lägen die Zahlen noch deutlich unter den Vergleichswerten der bisherigen Rekordjahre 2015 und 2016. Im Jahr zuvor waren nach den ersten beiden Kalendermonaten 53.099 Erstanträge zu verzeichnen.
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