Maßnahmen zur Verteidigung bereits in Zeiten des Friedens vorbereiten

Mehr Macht für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Ermächtigung zur Beschlagnahmung von Lebensmitteln, eine neue Rolle der Bundesrepublik innerhalb der NATO: Eine ganze Reihe von Änderungen bringt die Neufassung der Gesamtverteidigungsstrategie Deutschlands mit sich. Epoch Times blickt in die Details.
Titelbild
Im Falle eines Krieges gehe die Befehlsgewalt über die Bundeswehr auf Kanzler Olaf Scholz (Mitte) über. Verteidigungsminister Boris Pistorius (links) wäre dann nur Leiter der Bundeswehrverwaltung.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 6. Juni 2024

Die Regierung hat zuletzt 1989 die Gesamtverteidigungsstrategie an die aktuellen Umstände angepasst. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett eine Aktualisierung verabschiedet.

Das 67-seitige Papier beschreibt, welche Regeln und Pflichten im Kriegsfall gelten. „Erstmals seit Jahrzehnten ist Deutschland auch wieder militärisch bedroht“, heißt es in dem Papier. Durch die geostrategische Lage diene Deutschland den verbündeten Streitkräften als „Drehscheibe im Herzen Europas“. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, bedürfe es einer „umfassenden Unterstützung“ der zivilen Seite.

Verschärfte Bedrohungslage

Eine „verschärfte Bedrohungslage“ sieht Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius – im Cyberraum, durch Drohnen über Bundeswehrliegenschaften, Desinformationskampagnen und klassische Sabotage. Die Gesamtverteidigung Deutschlands sei eine Aufgabe, „zu der wir alle unseren Beitrag leisten müssen, staatliche und zivile Institutionen sowie jeder und jede einzelne von uns. Wir brauchen eine resiliente Gesellschaft, die mit den Herausforderungen umgehen kann“, betonte Pistorius. Ein derzeit ausgearbeiteter „Operationsplan Deutschland“ solle festschreiben, „wer in welchem Krisenszenario welche Aufgabe zu übernehmen hat“.

Mit den Vorbereitungen zur Verteidigung des Landes müsse rasch begonnen werden: „Alle Maßnahmen der Gesamtverteidigung sind im Frieden, soweit notwendig und möglich, vorzubereiten“, heißt es in dem Papier.

Ist die Versorgung „ernsthaft gefährdet“, darf der Staat eingreifen

Tritt der Verteidigungsfall ein, würde der Bundeskanzler, also aktuell Olaf Scholz, mit mehr Macht ausgestattet. So ging dann die Verkündung der Befehls- und Kommandogewalt für Verteidigung auf ihn über. Das ist so auch in Artikel 115b des Grundgesetzes formuliert. Der Verteidigungsminister – aktuell Scholz‘ Parteifreund Pistorius – bleibt die Leitung der Bundeswehrverwaltung.

Werden Lebensmittel knapp, kann der Staat diese dem Papier zufolge beschlagnahmen lassen. So ist auf Seite 36 zu lesen: „Im Rahmen der Daseinsvorsorge unterstützt der Staat in einer Versorgungskrise die Grundversorgung der Zivilbevölkerung und der Bundeswehr mit lebensnotwendigen Lebensmitteln über regulierende Eingriffe in die Lebensmittelkette.“

Dies sei aber nur möglich, wenn die Deckung des lebensnotwendigen Bedarfs ernsthaft gefährdet sei, „und diese Gefährdung ohne hoheitliche Eingriffe in den Markt nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln zu beheben ist“. Eine Definition für „ernsthaft gefährdet“ gibt es in dem Papier nicht.

Wichtige Lieferketten müssten weiterhin aufrechterhalten werden. Das gelte neben der Bahn auch für die Schifffahrt. „Entsprechend ihrem großen Anteil an der Beförderung von Importgütern aus Übersee ist die Funktionsfähigkeit der Binnenschifffahrt im äußeren Notstand zu erhalten“, heißt es auf Seite 47.

In dem Papier wird auch darauf verwiesen, dass im Krisenfall genug Personal für zivile Aufgaben vorhanden sein muss. „Das mit Aufgaben der Gesamtverteidigung befasste Personal ist bereits im Frieden entsprechend aus-, fort- und weiterzubilden“, heißt es. Während die Männer zum Dienst an der Waffe verpflichtet werden können, dürfen Frauen dem neuen Papier zufolge im Alter von 18 bis 55 Jahren im Verteidigungsfall „nur in das zivile Gesundheitswesen sowie in die ortsfeste militärische Lazarettorganisation verpflichtet werden.“ Im Gesundheitsbereich soll eine Meldepflicht „der nicht berufstätigen Angehörigen der Gesundheitsberufe“ eingeführt werden.

Warnung vor Desinformation

Auch jeder einzelne Bürger ist aufgerufen, für seinen Schutz zu sorgen. So heißt es unter Artikel 20.2: „Wegen der Möglichkeit des gleichzeitigen Eintritts von Schäden an einer Vielzahl von Orten können die Bürger nicht damit rechnen, dass überall sofort staatlich organisierte Hilfe geleistet werden kann.“ Die Menschen müssten daher zur Selbsthilfe greifen und „im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Fertigkeiten“ auch anderen zur Seite stehen.

Für eine ausreichende Information der Zivilbevölkerung will die Regierung laut Papier sorgen. So habe der Staat bereits „im Frieden“ dafür gesorgt, „geeignete Informationsmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Steigerung der Resilienz durchzuführen.“ Diese Maßnahmen seien im Falle eines äußeren Notstandes noch zu verstärken.

So müssten sich Behörden mit Aufgaben der zivilen Verteidigung „auf ein erhöhtes Informationsbedürfnis der Bevölkerung einzustellen“. Auskünfte zur jeweils aktuellen Lage gebe es an den zuständigen Informationsstellen. Deren Aufgabe sei es auch, „vor Desinformation“ zu warnen und für eine „Richtigstellung“ zu sorgen (Seiten 26 und 27).

Auf die Kultureinrichtungen in Deutschland wartet ebenfalls viel Arbeit. Sie sollen „Notfallverbünde“ bilden und eine „Priorisierung von Maßnahmen zur Kulturgutrettung in Abhängigkeit von der konkreten Gefahrenlage und in Absprache mit den für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden“ erarbeiten – primär müsse es eine Identifikation von Kulturgütern geben, die im Sinne der Haager Konvention in bewaffneten Konflikten besonders gefährdet seien. Diese Güter müssten dann zum Beispiel in unterirdische Schutzräume gebracht werden.



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