Maskenaffäre: Kommunikation bleibt geheim? Masken-Beschaffung für Rechnungshof völlig überzogen – FDP fordet Sonderermittler
Die Details der Kontakte zwischen Jens Spahn, Andrea Tandler und dem Bundesgesundheitsministerium und Emix sollen geheim bleiben. Eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz wurde abgelehnt.
Der Bundestagsabgeordnete Dr. Axel Troost (DIE LINKE) stellte bei der Bundesregierung einen Antrag auf Einblick in alle Unterlagen zu Kontakten zwischen Jens Spahn und Andrea Tandler sowie zwischen Spahn und Mitarbeitern seines Hauses bei der Maskenaffäre mit Emix. Troost berief sich auf das Informationsfreiheitsgesetz.
Verschwiegenheitsvereinbarung
In diesem Zusammenhang wurde der Bundestag schriftlich gefragt, inwiefern eine mögliche Offenlegung von Vertragsinhalten im Rahmen der Maskenbeschaffungen mit Emix Nachteile im laufenden Rechtsstreit zu erwarten sind, wenn die andere Vertragsseite die Inhalte kennt. (Frage 73 an den Bundestag)
Sabine Weiss, parlamentarische Staatssekretärin, antwortete: „Eine Offenlegung von Vertragsinhalten durch die Bundesregierung stellt eine Verletzung der vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitsvereinbarung dar und wäre somit geeignet, die Rechtsposition des Bundes zu verschlechtern.“
Weiterhin teilt sie mit: „Zudem ist der Bund Beklagter in einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten, die klägerseitig durch Quervergleiche der verschiedenen Beschaffungsvorgänge geprägt sind. Eine Offenlegung von Vertragsinhalten könnte hier zu Lasten des Bundes und seiner fiskalischen Interessen genutzt werden.“
Gegen Spahns Ressort klagen derzeit gut 80 Unternehmen, die Masken lieferten – aber nicht oder nur teilweise bezahlt wurden. Hintergrund ist die umfangreiche Fehlkalkulation des Bundesgesundheitsministeriums.
Kritik vom Bundesrechnungshof – Überbeschaffung sei vermeidbar gewesen
Die massenhafte Beschaffung von Schutzmasken in der Anfangsphase der Corona-Pandemie bringt dem Bundesgesundheitsministerium erneut Ärger ein. In einem Bericht für den Haushaltsausschuss moniert der Bundesrechnungshof, das Ressort habe den Bedarf auf Grundlage von „sachfremden und unrealistischen“ Annahmen berechnet und letztlich viel zu viele Masken gekauft. Der ganze Prozess wird in dem Bericht als chaotisch und kaum nachvollziehbar dargestellt.
Den Prüfern zufolge verfügte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) „über eine sachgerechte und an der Beschlusslage der Bundesregierung orientierte Bedarfsermittlung“ in Bezug auf Schutzmasken für Beschäftigte im Gesundheitssystem. Doch darüber habe sich das Ressort in seiner Beschaffungstätigkeit „offenbar bewusst“ hinweggesetzt.
„Die beschafften Mengen gehen weit über den Rahmen und den Zweck der von Krisenstab und Corona‐Kabinett beschlossenen ergänzenden Sicherung der Akutversorgung in Krankenhäusern und Arztpraxen hinaus“, hieß es.
In einer Stellungnahme habe das Ministerium darauf verwiesen, „intern von einem vollkommen anderen Bedarf ausgegangen zu sein“. Dies sei „für den Bundesrechnungshof nicht nachvollziehbar“.
Das Ministerium habe der Behörde „entgegen wiederholter Anforderungen zu diesem Sachverhalt keinerlei Unterlagen“ übermittelt. Die vom Ressort vorgelegte Berechnung halte „auch einer Plausibilitätsprüfung nicht stand“.
Das Dreizehnfache des Mindestbedarfes von FFP-Masken
Bei sogenannten partikelfiltrierenden Halbmasken – also etwa FFP-Masken – habe das Ministerium eine Milliarde Stück aus dem Ausland beschafft. Das sei „das Dreizehnfache des ermittelten Mindestbedarfs“ und das Achtfache Menge, die bisher an die Länder und Kassenärztlichen Vereinigungen ausgeliefert worden sei.
Bei einfachen OP-Masken seien 1,6 Milliarden Stück importiert worden – „das Achtfache des Mindestbedarfs und mehr als das Vierfache der erfassten Auslieferungsmenge für die Krankenhäuser und Arztpraxen“.
Insgesamt seien über alle Beschaffungswege und Maskentypen hinweg 5,8 Milliarden Schutzmasken besorgt worden. Dies übersteige „selbst einen vom BMG auf der Grundlage sachfremder Annahmen berechneten Jahresbedarf von 4,7 Milliarden Schutzmasken noch um 23 Prozent“, moniert der Rechnungshof.
Es seien dafür 6,3 Milliarden Euro ausgegeben worden. Hinzu kämen „Annexkosten“ von bislang 320 Millionen Euro, die durch „Rechtsstreitigkeiten und Entsorgungskosten“ weiter ansteigen könnten.
„Der Bundesrechnungshof hält die Maßnahmen des BMG zur Mengensteuerung für ungenügend“, heißt es weiter. „Diese waren nicht an dem sachgerecht ermittelten Mindest-Beschaffungsbedarf orientiert.“ Das Ministerium habe auch nicht darlegen können, wie genau es Bestell‐ und Liefermengen abglich. „Die daraus resultierende Überbeschaffung und nicht zuletzt die damit verbundenen Annexkosten waren aus Sicht des Bundesrechnungshofes vermeidbar.“
Nicht nachvollziehbar – Sonderermittler gefordert
Der Aktenführung im Ministerium stellt die Behörde ein miserables Zeugnis aus: „Viele Entscheidungen und Einzelmaßnahmen sind im BMG unzureichend dokumentiert und lassen sich nicht nachvollziehen“, heißt es in dem Bericht. „Ihr Zustandekommen bzw. ihre Hintergründe wurden teils nicht oder erst im Nachhinein und mit deutlichem zeitlichen Abstand rekonstruiert und Unterlagen zu Vorgängen zusammengefasst.“
Vom Ministerium gab es bis Donnerstagmittag keine Stellungnahme zu den Vorwürfen.
Der auf Mittwoch datierte Bericht trägt den Titel „Prüfung der zentralen Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung für das Gesundheitswesen“. Das Dokument, das der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag vorlag, kam auf Bitten der Vertreter aller Bundestagsfraktionen im Haushaltsausschuss zustande.
FDP-Fraktionsvizechef Michael Theurer forderte eine umfassende Untersuchung. „Kanzlerin Merkel muss einen Sonderermittler einsetzen“, erklärte er. „Es braucht kurzfristig vollständige Transparenz zu den Pleiten, Pech und Pannen im Bundesgesundheitsministerium, um zukünftig dieser milliardenschweren Verschwendung von Steuergeld vorzubeugen.“ Nötig sei auch ein Untersuchungsausschuss in der nächsten Legislaturperiode. (afp/ks)
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