Mangelware Mülldeponie – Entsorgungsnotstand droht

Mehr Abfall, weniger Deponien - kann das gut gehen? Dank Bauboom produziert Deutschland inzwischen über 400 Millionen Tonnen Abfälle im Jahr. Doch die Zahl der Deponien schrumpft und schrumpft.
Titelbild
Möwe auf einem Müllhaufen am MeerFoto: über dts
Epoch Times1. Juli 2018

Deutschland droht ein Mangel an Mülldeponien. In den kommenden Jahren werden nach Daten des Statistischen Bundesamts mehrere hundert Deponien das Ende ihrer Betriebsdauer erreichen.

Die Auswirkungen treffen in Form steigender Kosten für die Entsorgung vor allem Häuslebauer und die Baubranche – Bauabfälle machen über die Hälfte des gesamten deutschen Mülls aus. Bau- und Recyclingbranche sind besorgt.

Die Zahlen zeigen, dass 2016 noch 1108 Deponien in Deutschland in Betrieb waren, fast 900 weniger als zehn Jahre zuvor. Und im Zeitraum von 2015 bis 2025 erreichen demnach noch einmal über 500 Deponien das Ende ihrer vorgesehenen Betriebsdauer. Zwar sind bei mehreren hundert Deponien auch Baumaßnahmen geplant, aber dennoch schrumpft die Zahl kontinuierlich.

Ein bundesweites Problem

„Wir haben das Problem eigentlich bundesweit, dass die Deponiekapazitäten knapp werden“, sagte Stefan Schmidmeyer der Deutschen Presse-Agentur. Der Fachmann für Baustoff-Recycling leitet den Fachverband Mineralik im Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung. „Es werden eigentlich gar keine neuen Deponien mehr genehmigt.“

Und gleichzeitig steigt das Abfallaufkommen – 2016 waren es schon 411 Millionen Tonnen, 25 Millionen mehr als zu Beginn des Jahrzehnts. Hauptursache ist der Bauboom. Denn Bauabfälle machen mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Abfalls aus: 2016 waren es 223 Millionen Tonnen, 23 Millionen Tonnen mehr als 2011. Die Folgen: Entsorgungstourismus und hohe Kosten.

Das Bundesumweltministerium teilt die Bedenken der Bauindustrie nicht, wie ein Sprecher erklärt. „Auf die gesamte Bundesrepublik bezogen ist ausreichend Deponieraum vorhanden.“

Ansonsten wäscht der Bund die Hände in Unschuld: Denn das Abfallrecht ist Ländersache. „Die Länder treffen bei der Deponieplanung ihre eigene Entscheidung“, heißt es in der Stellungnahme des Umweltministeriums. „Der Bund hat hier weder Aufsichtspflichten noch Weisungsrecht.“

Deponien sind in sogenannte Deponieklassen unterteilt. Nicht oder nur gering mit Schadstoffen belastete Bauabfälle werden auf Halden der Klassen 0 und 1 entsorgt. „In Bayern ist die Lage am dramatischsten“, sagt Andreas Pocha, Geschäftsführer des Deutschen Abbruchverbands in Köln. Im Süden des Freistaats gibt es in vielen Landkreisen überhaupt keine Bauschuttdeponien mehr.

„Jedes Jahr werden mehrere hunderttausend Tonnen nach Thüringen gefahren“, sagt Holger Seit von der Landesvereinigung Bauwirtschaft Bayern. Schutt aus Bayern geht demnach auch nach Baden-Württemberg, Österreich und Tschechien, aber genaue Zahlen dazu liegen nicht vor. „Inzwischen sind Wege von 30 bis 100 Kilometern fast schon die Regel“, sagt Seit.

Das bayerische Kabinett beschloss deswegen im März einen „Sechs-Punkte-Plan“. Dieser sieht unter anderem vor: „Schaffung von spezifischen Deponiekapazitäten, wo nötig“.

Für Häuslebauer in ganz Deutschland macht die Entsorgung von Bodenaushub und Bauschutt inzwischen eine fünfstellige Summe aus. Beim Bau eines Einfamilienhauses fallen nach Schätzungen in der Baubranche im Schnitt zwischen 900 und 1300 Tonnen Bodenaushub an, dessen Entsorgung in den teuren Ballungsräumen schon mal um die 30.000 Euro kosten kann.

Eigentlich müssten also dringend neue Deponien geplant werden – aber das ist ein sehr langwieriger Prozess. „Weil die Planung einer neuen Deponie mindestens sieben Jahre in Anspruch nimmt und bis zur Inbetriebnahme insgesamt neun bis zehn Jahre vergehen können, steuert Bayern auf einen Kollaps zu“, sagt Pocha.

„Gleichzeitig haben wir Landräte und Oberbürgermeister, die die Verwendung von Recycling-Baustoffen im Straßenbau und für den Straßenunterbau ablehnen“, sagt Pocha. „Dieselben Landräte und Oberbürgermeister wehren sich dann, wenn in ihrem Amtsbereich eine neue Deponie geplant wird, weil so etwas dann auch wieder niemand „vor der Tür“ haben will.“ (dpa)



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