Laschet wirft Autoindustrie Versäumnisse bei E-Mobilität vor – China fährt E-Auto-Subventionen zurück
"Die Lage ist ernst", sagt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zur deutschen Autoindustrie. Er spricht von Versäumnissen bei der E-Mobilität und dem autonomen Fahren. E-Mobilität Kritiker sehen in der einseitigen Ausrichtung eine Gefahr für die deutsche Wirtschaft – und weisen auf die Entwicklung in China hin.

Produktion des BMW-Elektroautos i3 in Leipzig: Der Konzern will im nächsten Jahr 100 000 Hybrid- und E-Autos verkaufen.
Foto: Jan Woitas/Archiv/dpa
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat vor einem Abstieg der deutschen Autoindustrie gewarnt und den Autobauern Versäumnisse bei Elektromobilität und autonomem Fahren vorgeworfen. „Die Lage ist ernst“, sagte Laschet dem „Handelsblatt“ vom Freitag. „Ich hoffe, die deutschen Autokonzerne haben gerade noch mal die Kurve gekriegt.“
Dass VW-Chef Herbert Diess zuletzt vor einem Niedergang des Konzerns gewarnt hatte, begrüßte Laschet grundsätzlich. „Aber so eine Brandrede hätte man natürlich durchaus schon mal vor zehn Jahren halten können.“ Die Entwicklung hin zum E-Auto und zum autonomen Fahren sei ja nicht von heute auf morgen gekommen, sagte der CDU-Politiker der Zeitung.
„Vor einigen Jahren haben unsere Autobosse aber alle abgewunken, wenn es um die Konkurrenz aus dem Silicon Valley oder durch Tesla ging“, kritisierte er. Da habe es immer geheißen, das dies locker wieder aufzuholen sei. „Aber die Änderungen sind so grundlegend, da verliert man schnell den Anschluss.“
Volkswagen-Chef Diess hatte in der vergangenen Woche beim Umbau seines Unternehmens zur Eile gedrängt und einen Radikalumbau des Konzerns gefordert, um „Volkswagen vom Automobilkonzern zum digitalen Tech-Konzern zu machen“. Im jetzigen Tempo werde es „sehr eng“, mahnte Diess. „Der Klimawandel und der damit verbundene Innovationsdruck zum emissionsfreien Fahren“ sowie die Digitalisierung erlaubten nur „einen einzigen Versuch, Volkswagen für die Zukunft zu sichern“.
Laschet begrüßte indes die Entscheidung des US-Elektroautobauers Tesla, eine Fabrik in Brandenburg aufzubauen. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagte er dem „Handelsblatt“. Dass sich Tesla-Gründer Elon Musk für den Bau der europäischen Fabrik im Umland von Berlin entschieden habe, sei ein gutes Signal für den Automobilstandort Deutschland.
Kritiker von E-Mobilität sieht Gefahr einer Wirtschaftskrise
Kritiker der E-Mobilität sehen hingegen eine negative Entwicklung und warnen wie Prof. Fritz Indra mit Blick auf Äußerungen des VW-Chef Diess vor einer Wirtschaftskrise. Der österreichische Maschinenbauingenieur, der langjährig in der Verbrennungsmotorenentwicklung für BMW, Audi, Opel und GM tätig war und als Koryphäe im Motorenbau gilt, äußerte sich in einem Interview mit GT Spirit zur E-Auto-Offensive von VW-Chef Diess
Diess erklärte im März in einem Beitrag auf dem Business-Netzwerk Linkedin, dass Technologieoffenheit immer das Credo der deutschen Autoindustrie gewesen sei. „Benziner und Diesel, CNG und Hybride, E-Autos, Brennstoffzelle und synthetische Kraftstoffe: Im Prinzip hat jeder alles gemacht, meist parallel. Die industriepolitische Festlegung auf eine Leittechnologie wurde abgelehnt, auch von Volkswagen“, schrieb Diess. Doch „diese Haltung ist von gestern“, fügte der VW-Chef hinzu und warb für die Elektromobilität.
Unverantwortliches Verhalten
Für Indra steht hinter Diess Verabschiedung von der Technologieoffenheit eine Ansage an die Politik und der Grund sei für ihn ganz klar:
„Er will für sein Elektro-Projekt und sein wirtschaftlich völlig unsinniges Batteriewerk soviel Geld mitnehmen wie möglich“. Das Ergebnis wird sein, dass er Millionen Elektroautos bauen, aber nicht verkaufen kann. Dann wird er sagen: Ich bin nicht schuld, ich habe nur gemacht, was die Regierung wollte.“
Für Indra ist dieses Verhalten unverantwortlich.
Der Motorenentwickler erklärt, dass im Jahr 2008 die damalige Bundesregierung ein ehrgeiziges Ziel bekannt gab: Eine Million Elektroautos sollten bis zum Jahr 2020 auf deutschen Straßen fahren. Doch Anfang 2019 wären es keine 200.000 und dabei würden auch noch die über 100.000 Plug-In-Hybride mitgezählt, von denen damals nicht die Rede gewesen wäre, so Indra.
Wo sollen die Kunden für Elektroautos herkommen?
Er weist darauf hin, dass die überwiegende Zahl von Elektroautos von Firmen und Behörden gekauft würden, nicht von Privatpersonen.
Also, wo sollten die Kunden jetzt herkommen? Um die geplanten Millionen Fahrzeuge abzusetzen, müsste man nun an den Normalverbraucher heran. Und der kaufe kein Produkt, das schlechter und teurer sei als das, was er hätte, so der langjährige Honorarprofessor an der TU Wien.
Indra warnt davor, dass „wenn die Politik die E-Mobilität erzwingen will“, das geradewegs in eine Wirtschaftskrise führen würde.
Denn das Geschäft mit Ersatzteilen nehme zu. Die Branche stelle sich darauf schon ein. „Denn die Kunden sind mit ihren aktuellen Autos hochzufrieden und können die Haltedauer mit entsprechender Ersatzteilversorgung leicht verlängern“, erklärt der Entwickler. Doch er warnt, wenn der übliche Sechs-Jahres-Zyklus bei Neuanschaffungen um 1, 2 oder 3 Jahre unterbrochen würde, hätte die Wirtschaft ein riesiges Problem. Diese Lage hätten man zuletzt in der Energiekrise gehabt. „Ich bin schon gespannt, wer dann der Schuldige ist“, so Indra.
China fährt E-Mobilität-Förderung zurück
China als Wirtschaftsmacht hingegen, erklärt Indra in dem Interview mit GT Spirit, hätte 2019 angefangen das Richtige zu tun. Dort hätte man die Förderung für Elektroautos gerade stark reduziert und begonnen ganz neue Verbrennungsmotoren zu entwickeln. „China hat offensichtlich erkannt, dass jedes Elektroauto die Umweltproblematik erhöht“, so der Wiener.
In China setze man jetzt voll auf CO2-neutrale Kraftstoffe. „Weil das die einzige Methode ist, um die CO2 Emissionen nicht nur von Pkw, Lkw oder auch Schiffen schnell und wirksam zu reduzieren – und das ohne einen Nachteil für die Kunden“. (afp/er)
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