Kubicki kritisiert stockende Wahlrechtsreform: „Gebaren der Union ist zum Schämen und demokratisch schädlich“
Die Bemühungen, mit einem neuen Wahlrecht eine weitere Aufblähung des Bundestages zu verhindern, stehen kurz vor dem endgültigen Scheitern. Die von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) angeregte „Notlösung“, nur für die nächste Bundestagswahl eine Deckelung der Mandatszahlen festzulegen, stößt inzwischen auch in der Unionsfraktion auf Ablehnung, berichtet die „Rheinische Post“ (Dienstagsausgabe).
„Die Notlösung hat keine Chance, weil keine Fraktion jetzt eine Grundgesetzänderung durchführen will“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, der Zeitung. Dieses Thema müsse später „in aller Ruhe“ angegangen werden. Der Bundestag sei auch in dieser Größe handlungsfähig.
Kubicki kritisiert Union wegen Stillstands bei Wahlrechtsreform
Unterdessen kritisierte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) die CDU und CSU wegen des Stillstands bei den Bemühungen um die Wahlrechtsreform scharf. „Ich finde das Gebaren der Union in dieser Frage zum Schämen und demokratisch schädlich“, sagte der FDP-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Kubicki warnte vor den Folgen eines Scheiterns der Verkleinerungspläne und einer drohenden Vergrößerung des Bundestags auf über 800 Abgeordnete nach der Wahl nächstes Jahr.
„Ein aufgeblähter Bundestag hat nicht nur erhebliche finanzielle Folgen und führt zu Kapazitätsengpässen bei Räumen und in der Verwaltung“, sagte Kubicki. „Es verbessert auch nicht die Arbeitsfähigkeit des Bundestags, wenn wir 800 oder mehr Abgeordnete bekommen.“ Derzeit hat der Bundestag 709 Mitglieder.
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende wies darauf hin, dass seine Fraktion gemeinsam mit Linken und Grünen schon vor fünf Monaten einen Gesetzentwurf zur Wahlrechtsreform vorgelegt hat, der dazu führen würde, dass alle Parteien im nächsten Bundestag weniger Abgeordnete hätten als heute. „Dass die Union sich gegen diesen Vorschlag stellt, spricht nicht für sie“, sagte Kubicki.
Der Gesetzentwurf der drei Fraktionen sieht vor, dass die Zahl der Wahlkreise von derzeit 299 auf 250 sinkt und gleichzeitig die gesetzliche Normzahl der Abgeordneten von 598 auf 630 steigt. Dadurch würde die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen vieler Überhang- und Ausgleichsmandate stark abnehmen. Doch die Union, aber auch die SPD lehnen bisher jede Verringerung der Zahl von Wahlkreisen ab. (dts)
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