Krisenstrategie: Nahles rechnet mit 250.000 Beschäftigten in Kurzarbeit
Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist ebenso wenig in Sicht wie ein dauerhaftes Abflauen der Inflation und der Energiepreise. Die Bundesbank geht mit Blick auf das Jahr 2023 von einem Einbruch des BIP um 0,5 Prozent aus. Arbeitsagenturchefin Andrea Nahles geht davon aus, dass Unternehmen wieder vermehrt auf ein Rezept aus der Corona-Zeit zurückgreifen werden: die Kurzarbeit.
Kurzarbeit nähert sich wieder der 200.000er-Marke
In der Mittwochsausgabe (18. Januar) der „Rheinischen Post“ äußert Nahles, sie rechne für dieses Jahr mit durchschnittlich rund 250.000 Beschäftigten in Kurzarbeit. Derzeit liege der Wert noch leicht über jenem vor Beginn der Pandemie, aber es zeichne sich ein deutlicher Trend nach oben ab:
Wir liegen mit derzeit 163.000 Menschen in Kurzarbeit leicht über dem Niveau von 2019 vor der Corona-Krise, aber wir nähern uns der 200.000er-Marke.“
Die Präsidentin der Bundesagentur für Arbeit (BA) stützt sich in ihrer Prognose auf die Herbsteckwerte der Bundesregierung. An Ausgaben müsse die BA auf dieser Grundlage etwa 1,7 Milliarden Euro einplanen.
Insgesamt zeigt sich Nahles jedoch mit Blick auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes optimistisch:
Wir haben zu Beginn des Jahres 2023 eine halbe Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr als vor einem Jahr.“
Inflation wird weiterhin hoch bleiben
Vor allem für das erste Halbjahr erwarten Experten kaum Wachstumsimpulse. Die Energieversorgung bleibt nach dem Bruch mit dem Gasversorgungspartner Russland angespannt. Gleichzeitig drückt die Inflation auf die Inlandsnachfrage, sodass der private Konsum die Konjunktur nicht zu stützen vermag. Teurer werden infolge der Zinswende auch Kredite, während die Auslandsnachfrage weiter schwächelt.
Die Inflation wird den Prognosen der Bundesbank zufolge nur unmerklich zurückgehen. Die Experten rechnen mit einem Rückgang von 8,6 Prozent des Jahres 2022 auf immer noch hohe 7,2 Prozent für 2023. Im Juni des Vorjahres war noch von 4,5 Prozent die Rede.
Selbst der leichte Rückgang der Inflation ist teuer erkauft: Ein Faktor dafür ist die Energiepreisbremse der Bundesregierung. Diese könnte den Bundeshaushalt jedoch bis zu 200 Milliarden Euro kosten. Auch die Entspannung beim Ölpreis trägt zu einer etwas geringeren Inflation bei.
Nahles für spezielle Senioren-Arbeitsplätze
Immerhin nähmen Unternehmen auch in der Krise immer mehr von Entlassungen Abstand, unterstreicht Nahles. Für sie werde die Kurzarbeit attraktiver. Dies sei auch eine Folge des sinkenden Arbeitskräfteangebots. Wie das ZDF berichtet, befanden sich nach Angaben der BA im Vorjahr durchschnittlich 430.000 Menschen in Kurzarbeit. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber 2021, wo es im Zeichen der Corona-Maßnahmen noch 1,85 Millionen Beschäftigte waren.
Derzeit zählt das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung 1,7 Millionen offene Stellen. Vor allem bei anstrengenden und schlecht bezahlten Tätigkeiten wie in der Pflege und Gastronomie ist der Engpass groß.
Nahles regte zudem an, in Betrieben spezielle Senioren-Arbeitsplätze einzuführen. Auf diese Weise könnten betroffene Unternehmen dem Fachkräftemangel gegensteuern. Diese Vertragsgestaltungen seien geprägt durch spezielle Auszeiten, flexible Wochenarbeitszeiten und geringere körperliche Belastungen. Gleichzeitig bliebe das Know-how erhalten.
Schon jetzt, in der Hochsaison des Winters, machten viele familiengeführte Hotelbetriebe von solchen Konstruktionen Gebrauch. Dadurch könnten wieder mehr Beschäftigte bis zur Regelaltersgrenze arbeiten.
Soziale Stabilisierung durch Kurzarbeit
Kurzarbeit ist ein Instrument, das Unternehmen in Krisenzeiten in Deutschland nutzen können, um Entlassungen von Arbeitnehmern zu vermeiden und die Wirtschaft zu stabilisieren. Sie ermöglicht es Unternehmen, die Arbeitszeit von Mitarbeitern vorübergehend zu reduzieren und die Lohnkosten zu senken. Gleichzeitig erhalten die Arbeitnehmer weiterhin einen Teil ihres Lohns – und dieser ist häufig höher als der Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung.
In der Regel machen Unternehmen aus den Branchen, die von der Krise besonders betroffen sind, am häufigsten Gebrauch von Kurzarbeit. Dazu gehören beispielsweise die Automobilindustrie, die Tourismus- und Gastronomiebranche sowie die Luftfahrtindustrie.
Die Kurzarbeit ermöglicht es Unternehmen, ihre Kosten zu reduzieren und Entlassungen von Arbeitnehmern zu vermeiden, was wiederum die soziale Stabilität und die Wirtschaft insgesamt stärkt. Es ermöglicht auch Arbeitnehmern, ihre Arbeitsplätze und Einkommen zu erhalten, was für die betroffenen Personen und deren Familien von großer Bedeutung ist.
(Mit Material von AFP)
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