Kramp-Karrenbauer setzt Chef des Militärischen Abschirmdienstes ab
Politischer Paukenschlag im „Kampf gegen Rechtsextremismus“ in der Truppe: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat den Präsidenten des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Christof Gramm, von Oktober an von seinen Aufgaben entbunden.
Gramm werde in den einstweiligen Ruhestand versetzt, teilte das Verteidigungsministerium am Donnerstag in Berlin mit. Die Ministerin würdigte demnach die von Gramm eingeleiteten Reformen zum Vorgehen gegen Rechtsextremisten in der Bundeswehr. Beide seien sich aber einig, dass die jetzt anstehende weitere Umsetzung einen neuen Abschnitt markiere, „der zusätzliche Anstrengungen und Dynamik erfordert“. „Dieser neue Abschnitt soll auch personell sichtbar gemacht werden“, teilte das Ministerium mit.
„Farbenlehre“ – Ampelfunktion nicht nur bei Corona
Das Verteidigungsministerium hatte am Donnerstag unerwartet die Obleute im Bundestag über den Schritt informiert. Der Jurist Gramm war seit 2015 Präsident des MAD. Nach rechtsextremen Vorfällen hatte er einige Reformen angestoßen, darunter die „Farbenlehre“ – eine Ampel, die bei der Einstufung hilft. Grundproblem: Bewertungen des MAD zu Extremismusfällen müssen im Fall von Entlassungen vor Gerichten bestehen können. Kritik gab es, weil lange zu wenig gegen das Problem unternommen worden sei.
Im Kampf gegen Rechtsextremismus in der Bundeswehr komme dem MAD eine herausragende Rolle zu, erklärte das Verteidigungsministerium dazu. Extremistische Tendenzen müssten frühzeitig erkannt werden, handelnde Personen und mögliche Netzwerkstrukturen seien „vollständig zu identifizieren und aufzudecken“. Dafür werde der MAD konsequent modernisiert und weiterentwickelt. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Behörden soll ausgebaut werden.
Bereits initiierte Reformen des MAD gehen in die nächste Runde
Die von Oktober 2019 an eingeleiteten Reformen des MAD zeigten nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums Ergebnisse. So war nach Ermittlungstätigkeiten des MAD im Garten eines Kommandosoldaten ein Waffenversteck gefunden worden. Der Fall markierte einen weiteren Höhepunkt von Vorfällen in der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte, die inzwischen auf dem Prüfstand steht.
Aus dem parlamentarischen Raum gab es die erste Reaktion auf die Ablösung Gramms aus der Linken. „Es bleibt zu klären, ob der MAD-Präsident eher eine Hürde als eine Hilfe bei der Reform des MAD darstellte oder ob er ein Bauernopfer ist, um Reformbemühungen der Ministerin vorzutäuschen“, sagte der Verteidigungspolitiker Alexander Neu.
Schnelle Nachfolge gefordert
Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte: „Nach den Erkenntnissen der letzten Monate ist das eine unausweichliche Konsequenz.“ Das ändere aber nichts an der persönlichen Integrität von Christof Gramm, fügte er hinzu. Im MAD habe es zuletzt Verbesserungen gegeben, „die hat er auch mit auf den Weg gebracht“. Dennoch seien die Probleme in der Behörde so gravierend, „dass ein personeller Neuanfang auch eine Chance sein kann.“ Wichtig sei jetzt eine schnelle Neubesetzung – „hier darf es keine Hängepartie geben.“
Wer Gramms Nachfolger werden könnte, ist noch nicht bekannt. Der Reformdruck auf die Behörde hatte in den vergangenen Jahren stark zugenommen.
Der MAD-Spitze wurde unter anderem vorgeworfen, sie habe die ihr zur Verfügung stehenden nachrichtendienstlichen Mittel wie Observation oder das Sammeln von Informationen über sogenannte V-Leute nicht ausreichend genutzt, um Rechtsextremisten in der Truppe zu enttarnen. Ein bislang noch unveröffentlichter Bericht des für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums hat dem Vernehmen nach weitere strukturelle Schwächen offenbart.
Fehlendes Vertrauen in MAD und starker Druck von außen
Als Zivilist, der mit frischem Blick von außen auf die Bundeswehr schauen sollte, war im Oktober 2019 der frühere Leiter der Spionageabwehr beim Bundesamt für Verfassungsschutz, Burkhard Even, als ziviler Vizepräsident zum MAD geschickt worden.
Der Reformdruck sei zuletzt nicht nur für Gramm, sondern auch für die Mitarbeiter der Behörde insgesamt eine Belastung gewesen, ist zu hören. Dass einige Politiker der SPD dem MAD letztlich nicht hundertprozentig vertrauen, wurde nach Auskunft von Innenpolitikern auch deutlich, als in den vergangenen Wochen darüber gestritten wurde, ob die Kölner Behörde künftig vollen Zugriff auf das vom Verfassungsschutz genutzte Informationssystem erhalten soll. (dpa)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion