Kommandeur des Kabul-Einsatzes: Haben in der Kürze der Zeit das Möglichste erreicht

Titelbild
Evakuierungsflug aus Kabul landet in Ramstein.Foto: Andreas Rentz/Getty Images
Epoch Times7. Oktober 2021

Brigadegeneral Jens Arlt war das Gesicht der deutschen Evakuierungsmission am Flughafen von Kabul. Der 52-Jährige hat für den hochgefährlichen Einsatz Ende August das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen und steht seitdem im Rampenlicht – was dem großen, schlanken Soldaten sichtlich unangenehm ist. „Es hat sich viel verändert, auch weil ich nicht derjenige bin, der da gerne im Fokus steht“, sagt Arlt im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Zur Untermalung betont er immer wieder die Teamleistung aller Beteiligter.

Der Einsatz habe in der Öffentlichkeit „eine Dimension erreicht, die mir so auch nicht geläufig war“, sagt der Brigadegeneral rückblickend auf die Zeit zwischen dem 16. und 26. August, als die Bundeswehr mehr als 5000 Menschen aus Afghanistan rettete. Kurz zuvor hatten die Taliban das Land überrannt und die Macht nach 20 Jahren ausländischer Militärpräsenz wieder an sich gerissen.

„Auch familiär prasselte da alles ein“, erzählt Arlt über die Mission. „Als Familienvater im Einsatz – dann sehen einen alle im Fernsehen und man hat ja auch nicht groß erzählt, wo man ist.“

Post habe er nach dem Einsatz auch erhalten: „Ich habe viele Briefe bekommen mit positiver Resonanz von Männern, Frauen egal welcher Altersgruppe, von Jugendlichen, Kindern, die einfach das aufgeschrieben haben, was sie empfunden haben – von Dank für das, was man geleistet hat bis zum Leid, das man erspart hat.“

Mehr als einen Monat nach dem Ende der bislang größten Evakuierungsmission der Bundeswehr ordnet Arlt sachlich das Erreichte ein: „Es ging darum, so viele Leute wie möglich aus dem Land rauszubringen. Und das ist gelungen – in der Kürze der Zeit ist die Zahl schon eine ordentliche Größe. Haben wir alles geschafft? Nein. War das zu erreichen? Nein.“

Arlt berichtet von Freundschaften zu Afghanen, die ihn in den engsten Familienkreis eingeladen hätten. „Da stellen sich mir natürlich die Frage: Was passiert mit diesen Leuten? Zum Teil gab es Verbindungsaufnahmen, zum Teil auch nicht mehr“, sagt Arlt. Diese Ungewissheit lasse ihn nicht kalt. „Wir sind ja alle Menschen, egal in welcher Funktion wir da sind“.

Aufgrund der Entfernung von Kabul in den Norden des Landes, wo die Bundeswehr knapp zwei Jahrzehnte stationiert war, sei ihm bewusst gewesen, dass nicht jedem geholfen werden kann. Die Truppe sei „nicht in Schlagweite gewesen, um diesen Menschen helfen zu können“.

Die Kritik am Startpunkt für die Aufarbeitung von 20 Jahren Afghanistan bei einer Konferenz am Mittwoch in Berlin kurz nach der Bundestagswahl teilt Arlt indes nicht. „Der Zeitpunkt wird immer richtig und falsch sein. Das Entscheidende ist, dass der Prozess der Aufarbeitung überhaupt angefangen wird.“ Es müssten viele Dinge Revue passiert werden lassen und „analysiert werden, was wir daraus gelernt haben“. Wichtig sei, einen vernetzten Ansatz zwischen deutschen Ministerien und auch internationalen Organisationen zu verfolgen, besonders für laufende Einsätze wie den in Mali. (afp/oz)



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