Koalitionspartner fordern eine Überarbeitung der Gasumlage bis Dienstag – Habeck sagt Änderungen zu
„Handwerkliche Fehler sollten bis zur Kabinettsklausur beseitigt werden“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der „Bild“-Zeitung (Montagsausgabe). Die Gasumlage dürfe „keinesfalls zu Extrarenditen bei Unternehmen führen“.
„Wir müssen aufpassen, dass staatliche Eingriffe die Energiekrise nicht verschlimmbessern“, mahnte Dürr. „Ziel unserer Maßnahmen muss sein, die Energieversorgung im Herbst und Winter zu gewährleisten.“ Von wesentlicher Bedeutung sei deshalb, „das Angebot an Energie zu erhöhen, unter anderem durch eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke“.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner sagte der „Bild“, die Kabinettsklausur in Meseberg sei „der richtige Ort und der richtige Zeitpunkt, um die Gasumlage neu zu verhandeln“. Die derzeit geplante Umlage sei „ungerecht: Denn sie bietet Konzernen, die nicht in Not sind und über Jahre Millionengewinne gemacht haben, jetzt die Möglichkeit für extra Profite. Gleichzeitig verschärft sie soziale Härten bei Millionen Verbrauchern.“
Zuvor hatte bereits SPD-Chef Lars Klingbeil dem grünen Bundeswirtschaftsminister „handwerkliche Fehler“ bei der Konstruktion der Gasumlage vorgeworfen. Habeck sagte am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „heute journal“ erneut eine Überarbeitung der Gasumlage zu und verteidigte die geplante Maßnahme zur Stützung des Energiemarkts zugleich grundsätzlich.
Die Gasumlage sei „ein unangenehmer Schritt, eine unangenehme Entscheidung, aber eine notwendige Entscheidung“, sagte Habeck im ZDF. Es sei allerdings „unschön“, „dass Unternehmen sie ausnutzen als Trittbrettfahrer quasi um ebenfalls Abrechnungen zu stellen, Unternehmen, die es gar nicht nötig haben“.
Die Gasumlage soll Firmen entlasten, die wegen gedrosselter Lieferungen aus Russland anderswo teuer Gas einkaufen müssen, um ihre Verträge zu erfüllen. Dies soll Firmenpleiten und Lieferausfälle verhindern. Privathaushalte und Unternehmen sollen die Umlage von gut 2,4 Cent pro Kilowattstunde ab Oktober zahlen, wobei die Mehrwertsteuer auf den Gasverbrauch auf sieben Prozent sinken soll.
Nach den derzeitigen Regelungen würden von der Umlage aber auch Unternehmen profitieren, die nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind oder mit anderen Geschäftsfeldern sogar hohe Gewinne machen.
Gasspeicher zu 82 Prozent gefüllt
Habeck warnte davor, die derzeitige gute Füllstandslage bei den Gasspeichern als Entspannung zu werten. Das gespeicherte Gas solle im Winter in möglicherweise angespannter Lage „als Reserve wieder ausgespeichert werden“ – aber wie stabil dann die Lage sein werde, „kann keiner jetzt vorhersagen“.
Die Gasspeicher sind bereits zu 82 Prozent gefüllt und dürften damit bereits demnächst den für Oktober angestrebten Füllstand von 85 Prozent erreichen. „Wir haben die nur so voll gekriegt, weil die Verbräuche im Sommer heruntergegangen sind. Und deswegen ist der Appell nach wie vor richtig: Wir müssen die Gasverbräuche herunterbringen in Deutschland“, mahnte der Minister.
Strompreis steigt auch
Auf dem Strommarkt führt die Gas-Krise zu steigenden Preisen. Auch hier werde „an einer Lösung“ gearbeitet, sagte Habeck im ZDF. Das zugrunde liegende Prinzip lasse sich allerdings „nicht einfach so mit Fingerschnips“ ändern.
Am europäischen Strommarkt gilt das sogenannte Merrit-Order-Prinzip. Das bedeutet, dass der Strompreis durch das teuerste Kraftwerk bestimmt wird, derzeit also durch Gaskraftwerke.
Politologen sehen Ampelkoalition in kritischer Lage
Nach Einschätzung von Politikwissenschaftlern befindet sich die Ampelkoalition wegen des Streits um die geplante Gasumlage in einer kritischen Lage. Das berichtet das „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe). Der Passauer Politikprofessor Heinrich Oberreuter sagte: „Der euphorische Konsens beim Aufbruch der Koalition, unterschiedliche Problemsichten zu optimierenden und komplexen Lösungsstrategien zusammenzuführen, scheitert gerade an fundamentalen Herausforderungen.“
Angesichts von Differenzen bis hin zu persönlichen Angriffen seien daher auch „Fragen an die Regierungsfähigkeit wie an den Fortbestand der gegenwärtigen Berliner Konstellation erlaubt, auch wenn sie sich erst in einigen Monaten stellen sollten.“
Oberreuter weist dem Kanzler eine Mitverantwortung an den Streitereien zu. „Selten gab es derart potenzielle Notsituationen wie jetzt, die Linie und Führung forderten“, sagte er. „Scholz leistet sie offensichtlich nicht.“ (agenturen)
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