KKW-Papiere „umfassend geschwärzt“ – Union will Habeck in Untersuchungsausschuss befragen

Die Union sieht den Verdacht gegen Mitarbeiter des Habeck-Ministeriums, Unterlagen zur Verlängerung der KKW-Laufzeiten manipuliert zu haben, weiterhin als möglich an. Schon bald könnte es dazu einen Untersuchungsausschuss geben.
Wirtschaftsminister Robert Habeck. Aus seinem Ministerium heißt es: Maßgabe aller Entscheidungen in der Energiekrise sei immer die Versorgungssicherheit gewesen.
Wirtschaftsminister Robert Habeck. Aus seinem Ministerium heißt es: Maßgabe aller Entscheidungen in der Energiekrise sei immer die Versorgungssicherheit gewesen.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 16. Mai 2024

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Auf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und einige seiner aktuellen und früheren Mitarbeiter könnte bald ein Untersuchungsausschuss im Bundestag zukommen. Grund dafür sind Hinweise, dass interne Informationen im Vorfeld der Entscheidung über eine Verlängerung der KKW-Laufzeiten manipuliert worden sein könnten.

Dies hatte zumindest ein Bericht des „Cicero“ Ende April nahegelegt. Vor dem Energie-Ausschuss des Bundestages hatte Habeck daraufhin erklärt, dies sei nicht der Fall gewesen. Vielmehr hätten die Betreiber selbst im Frühjahr 2022 erklärt, den Weiterbetrieb nicht für machbar gehalten zu haben.

Union: Habeck und sein Ministerium agieren „höchst intransparent“

Die CDU äußert Zweifel an dieser Darstellung – und will sich mit der Erklärung Habecks nicht zufriedengeben. Umso weniger, als man dort den Eindruck hat, dass dessen Ministerium nicht mit offenen Karten spiele. Der Umgang Habecks und seines Hauses sei höchst intransparent, heißt es aus der Union.

Wie „Bild“ unter Berufung auf eine interne Auswertung der Unionsfraktion schreibt, hatte das Ministerium dieser auch nur fragmentarische Unterlagen zukommen lassen. So heißt es dort:

„Die Auswahl der übermittelten Unterlagen ist nicht nachvollziehbar […]. Es erklärt sich auch nicht, warum in großem Umfang Unterlagen fehlen […]. Die Unterlagen sind umfassend geschwärzt.“

Fraktionsvize Steffen Bilger warf grünen Ministerien Intransparenz vor und kündigte an, man werde „die Aufklärung im Deutschen Bundestag vorantreiben“.

Spahn setzt Frist bis Ende der Woche

Als ersten Schritt plant die Unionsfraktion eine Aktuelle Stunde – Fraktionen und fünf Prozent aller Abgeordneten über die Fraktionsgrenzen hinweg können eine solche beantragen.

Rückendeckung bekommt Bilger von seinem Kollegen Jens Spahn. Dieser wirft der Ampel vor, diese würde „auf Zeit spielen“. Aus diesem Grund werde man im Bundestag Transparenz einfordern. Bleibe das Ansinnen ungehört, werde es Konsequenzen geben:

„Wenn die Regierung bis Ende der Woche nicht vollständige Transparenz schafft, dann liefert sie selbst den Grund für eine parlamentarische Untersuchung.“

Das Magazin „Cicero“ hatte erfolgreich von den Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Umwelt – und damit auch Reaktorsicherheit – Unterlagen zur Entscheidungsfindung in Sachen KKW-Laufzeitverlängerung herausgeklagt.

Habeck-Ministerium nennt „Cicero“-Darstellung „verkürzt und ohne Kontext“

Auf der Grundlage dieser Dokumente ist das Magazin zu der Einschätzung gelangt, die Expertenstäbe beider Ministerien hätten aus ideologischen Gründen Entscheidungsgrundlagen manipuliert. So hätten sie Informationen heruntergespielt, die einen Weiterbetrieb nahegelegt hätten, und gegenläufige Einschätzungen überbewertet.

Minister Habeck selbst betont, er habe unter dem Eindruck der Energiekrise, die sich infolge des Ukraine-Krieges anbahnte, alle Optionen pragmatisch prüfen wollen. Dies habe er auch öffentlich so kommuniziert. Bezüglich der „Cicero“-Darstellung weist sein Ministerium deren Einordnung zurück:

„Die Darstellung ist verkürzt und ohne Kontext und entsprechend sind die daraus gezogenen Schlüsse nicht zutreffend.“

Die Energieversorger E.ON und PreussenElektra hatten sich demgegenüber jüngst an ihre Mitarbeiter gewandt. In einem Schreiben äußern sie, das Ministerium habe den Sachverhalt „erheblich verkürzt“ dargestellt. Man habe in seiner Darstellung „wesentliche Argumente, die die Machbarkeit eines Weiterbetriebs belegen“, ausgeblendet.

PreussenElektra sei, wie in der Nachricht anklingt, „zu jeder Zeit offen für eine Prüfung und Umsetzung eines Weiterbetriebs“ gewesen und habe dies auch artikuliert. Auch E.ON habe „in der gesamten Debatte klargemacht, dass wir einen Weiterbetrieb des Kraftwerks technisch und logistisch ermöglichen könnten“.

Laufzeitverlängerung der KKW als mögliche Option schon frühzeitig diskutiert

Aus den Unterlagen ging, wie nun der „Spiegel“ auswertete, hervor, dass es bereits seit Beginn des Ukraine-Krieges einen Austausch zwischen Ministerien, Regierung und Unternehmen gegeben hatte. Dabei sei auch eine mögliche Laufzeitverlängerung der KKW als Option diskutiert worden. Die Versorger wiesen dabei in der Tat auf Herausforderungen hin, mit denen diese verbunden wäre.

Konkret ging es beispielsweise um fehlende Brennstoffe und den finanziellen Aufwand, der damit verbunden wäre. Im Kern machten die Versorger deutlich, auf die Verlängerung nicht eingestellt zu sein. Die Politik müsse, so die Botschaft, die Verantwortung für die Konsequenzen des Vorhabens übernehmen.

Am 1. März erstellten Fachleute aus dem Umweltministerium einen Vermerk mit möglichen Szenarien für die Zukunft der Kernkraftwerke. Erörtert wurden eine endgültige Abschaltung oder ein kurz- und langfristiger Weiterbetrieb. Die Voraussetzungen und Hürden wurden detailliert beschrieben, insbesondere dass routinemäßige Sicherheitsüberprüfungen ausgesetzt worden waren.

Man verlor aber kaum Worte darüber, ob und mit welchem Aufwand diese Herausforderungen bewältigt werden könnten – und was die Politik beisteuern könne. Stattdessen hieß es in einer überarbeiteten Fassung des entsprechenden Vermerks lapidar:

„Die Abteilung […] kommt zu dem Ergebnis, dass die Verlängerung der Laufzeit […] sicherheitstechnisch nicht vertretbar ist.“

Habeck: Vermerke der Fachabteilungen nicht die einzigen Entscheidungsgrundlagen

Die Art und Weise der Behandlung des Themas und der Schwerpunktsetzung durch die interne Abteilung konnte – so die Folgerung auch des „Spiegel“ – einen gewissen Eindruck erwecken. Es sei verhältnismäßig deutlich zu erkennen gewesen, dass ein Weiterbetrieb politisch nicht gewollt sei. Mit Blick auf die parteipolitische Zugehörigkeit der Amtsinhaber und ihrer engsten Mitarbeiter sei dies auch zu erwarten gewesen. Dennoch war allen Akteuren die Lage bekannt, es wurde von unterschiedlicher Seite geprüft und erörtert. Die Einschätzungen der Fachebenen waren – so betont es auch Habeck – nicht die einzigen und nicht die entscheidenden.

Im März hatte es einen weiteren Vermerk aus den Fachebenen gegeben. In diesem hieß es, eine Laufzeitverlängerung sollte deshalb „als Vorsorgemaßnahme geprüft“ werden. Die Rede war dabei von einem Streckbetrieb. Sicherheitsbedenken wurden ebenfalls artikuliert, insgesamt war der Ton jedoch vorsichtig. Habeck erklärte später, einen entsprechenden Vermerk nicht zu Gesicht bekommen zu haben.

Zuspitzung der Versorgungslage verstärkte den Druck

In weiterer Folge spitzte sich jedoch die Versorgungslage zu. Gas aus Russland kam nicht mehr verlässlich, zudem befanden sich zahlreiche KKW in Frankreich im Wartungsmodus. Diese Entwicklungen führten zu einem neuen Stresstest des Energiesystems. Die Netzbetreiber machten dabei deutlich, dass die „Nutzung aller Möglichkeiten zur Erhöhung der Stromerzeugungs- und Transportkapazitäten“ dringend geboten sei.

Lastunterdeckungen könnten demnach durch den Streckbetrieb aller drei Kernkraftwerke „weitestgehend vermieden“ werden. Minister Habeck sprach sich noch im Sommer für eine „Einsatzreserve“ der KKW aus. Die Betreiber machten deutlich, dass dies weder wirtschaftlich noch technisch die sinnvollste Lösung sei. Die FDP forderte unterdessen eine längerfristige Laufzeitverlängerung. Am Ende setzte Bundeskanzler Olaf Scholz mit seinem „Machtwort“ eine solche bis zum 15. April 2023 durch.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion