„Islamisches Zentrum Hamburg“ offenbar Drehscheibe von Regimeaktivitäten des Iran – Exil-Iraner besorgt
Mit der Begründung zu großer Nähe zu einer ausländischen Regierung haben Bundesländer wie Hessen und Niedersachsen jüngst ihre Zusammenarbeit mit der Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) in Bereichen wie Religionsunterricht und Gefangenenseelsorge beendet.
Gewichtige Indizien bezüglich einer Steuerung des „Islamischen Zentrums Hamburg“ (IZH) durch das Regime im Iran scheinen dem Senat in der Hansestadt hingegen nicht auszureichen, um auf Distanz zu gehen.
Hamburger Senat schloss 2012 Vertrag mit Schura ab
Das IZH ist im Vorstand der Schura Hamburg, mit der die Regierung in der Hansestadt seit 2012 einen staatskirchenrechtlichen Vertrag unterhält. Dieser räumt der Schura auch eine Mitsprache bei der Entwicklung des Religionsunterrichts an staatlichen Schulen ein. CDU, FDP und AfD haben mehrfach gefordert, die Zusammenarbeit zu beenden. Die Schura weist alle Vorwürfe zurück und stellt sich hinter ihren Mitgliedsverband.
Nun erheben auch Exil-Iraner schwere Vorwürfe gegen die Vereinigung. In einer Reportage der „Welt“ erklärt der Jurastudent Hanif Mahoutchiyan, der auch im oppositionellen „Nationalen Widerstandsrat Iran“ aktiv ist, das IZH sei eine Drehscheibe von Regimeaktivitäten in Deutschland. Ähnliches weiß auch das Landesamt für Verfassungsschutz bereits seit Jahrzehnten zu berichten.
Während im Fall türkischer Staatsangehöriger Strafverfahren eingeleitet wurden, die nach dem Putschversuch 2016 in der Türkei deutsche DITIB-Strukturen genutzt haben sollen, um Oppositionelle in der türkischen Diaspora in Deutschland auszuspionieren, ist ein ähnliches Vorgehen gegen das IZH Hamburg nicht bekannt.
Dabei geht auch der Verfassungsschutz davon aus, dass die Einrichtung genutzt wird, um nachrichtendienstliche Informationen aus Deutschland an den Iran weiterzugeben. Dabei handele es sich nicht nur um allgemeine Einschätzungen zu Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, heißt es aus der Behörde, sondern auch um konkrete Beobachtungen aus dem Bereich der „Feindaufklärung“.
IZH soll Treffpunkt für iranische Agenten sei
Mahoutchiyan schildert, im Jahre 2017 auf seiner Arbeitsstelle von mehreren Personen angesprochen und befragt worden zu sein, warum er nicht die „Blaue Moschee“ besuche, die vom IZH betrieben wird. Als der Oppositionelle sich kritisch äußerte, sollen die Betreffenden ihm gegenüber eine kaum verhohlene Morddrohung ausgesprochen haben: Bezogen auf ein kurz zuvor vollstrecktes Todesurteil gegen einen Regimekritiker hieß es, man habe auf diese Weise „eine Fliege weggeklatscht“ – und er, Mahoutchiyan, solle aufpassen, dass „ihm das nicht auch passiert“.
Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) geht von einer „verschärften Gefährdungslage“ für Exil-Iraner aus, die sich politisch gegen das Regime äußerten. So konnte erst 2018 in Belgien in letzter Minute ein geplantes Attentat auf Oppositionstreffen in Frankreich vereitelt werden.
Mahoutchiyan geht davon aus, dass das IZH bei der Spitzel- und Einschüchterungstätigkeit iranischer Regime-Agenten eine entscheidende Rolle spielt. Bekannte von ihm und anderen Oppositionellen seien nach der Rückkehr von einem Verwandtenbesuch auf dem Flughafen Teheran verhaftet und verhört worden. Dabei waren die Geheimpolizisten in Teheran sogar über Details wie die Küchendekoration der Verwandten in Deutschland informiert.
Terror-General Soleimani „ehrenwerte Persönlichkeit“
Der Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries (CDU) weist darauf hin, dass mehrere Leiter des IZH den Revolutionsgarden angehört hatten. Im Januar wurde nach der Liquidierung des Revolutionsgarden-Generals Qassem Soleimani zu dessen Ehren eine Trauerzeremonie in der Moschee abgehalten.
IZH-Imam und Leiter Mohammad Hadi Moffateh macht auch kein Hehl daraus, Schüler des geistlichen Führers im Iran, Ali Khamenei, gewesen zu sein. Er bestreitet dennoch, eine Verbindung zur iranischen Regierung und zum iranischen Staat zu haben. Das IZH sei lediglich eine Vertretung der schiitischen Gemeinde, das Zentrum gebe es bereits seit 60 Jahren.
Es habe auch keine explizite Veranstaltung für Soleimani gegeben, so der Imam weiter, sondern eine „für alle, die im Kampf gegen den IS als Märtyrer getötet wurden“. Auf die Frage, ob Soleimani für ihn ein Held sei, bezeichnet Moffateh den durch eine Drohne liquidierten Terroristen als eine Person, die sich „für den Frieden im Nahen Osten bemüht“ habe – und darob „sicher als respektvolle Persönlichkeit anzusehen“ sei. Er sei „für seine Heldentaten zu ehren“.
IZH will nichts mit dem „Al-Quds-Marsch“ zu tun haben
Tatsächlich hatte Soleimani zwar in Syrien gegen den „Islamischen Staat“ (IS) gekämpft, aber weniger, weil er dessen Brutalität und dessen totalitäre Ziele verachtet hätte, sondern weil er wie auch andere sunnitische Terrormilizen das Vorhaben des iranischen Regimes gestört hat, den „Schiitischen Halbmond“ als Hegemonialprojekt Teherans im Nahen Osten durchzusetzen. Dieses Projekt soll eine geschlossene Verbindung von Staaten von Libanon bis zum Jemen schaffen, deren Regierungen durch das iranische Regime kontrolliert werden.
Dazu hatte Soleimani in allen betreffenden Staaten von der libanesischen Hisbollah über Haschd al-Schaabi in Syrien und im Irak bis hin zu den Huthis im Jemen Terrormilizen aufgebaut, deren Ziel es war, die entsprechenden Gemeinwesen zu destabilisieren.
Das IZH Hamburg ist zudem regelmäßig in Berlin durch Führungskader auf der antisemitischen Kundgebung zum „Al-Quds-Tag“ vertreten. Hadi Moffateh betont hingegen gegenüber der „Welt“, das Zentrum habe zu keiner Zeit bei der Organisation oder Vorbereitung des Al-Quds-Marsches mitgewirkt und zuletzt habe er sogar die Mitglieder gebeten, nicht daran teilzunehmen, um zu evaluieren, ob der politische Druck auf das Zentrum in Hamburg dann abnehme.
Dass iranische Oppositionelle eingeschüchtert oder deren Familien im Iran drangsaliert würden, habe der Imam zwar „gehört“, aber er könne nicht verifizieren, ob diese Behauptungen zuträfen. Er sei der Auffassung, es müsse „nichts unternommen“ werden, solange jemand „seinem Glauben folgt und nur politisch gegen etwas ist“.
Imam erkennt mutmaßlichen Regime-Schergen wieder
Moffateh konnte zwar eine Person, von der Mahoutchiyan sagte, sie wäre an Bedrohungen beteiligt gewesen, als Mitglied des IZH identifizieren. Inwieweit die Vorwürfe zuträfen, sei ihm jedoch unbekannt und allfällige Aktivitäten dieser Art geschähen ohne Wissen des Zentrums. Sollte das IZH von nachweislichen Gesetzesverstößen dieser Art Kenntnis erlangen, würde es für die entsprechenden Mitglieder auch Konsequenzen geben.
Von Todesurteilen gegen Regimekritiker oder Haftstrafen für Frauen wegen Tanzaufnahmen in sozialen Medien wollte der IZH-Imam sich auf Nachfrage nicht distanzieren. Er betont, es gäbe in jedem Land Gesetze und wer dort lebe, müsse sich daran halten.
„Regime im Iran nicht mehr als legitim anerkennen“
Mahoutchiyan kritisiert, dass Deutschlands Bundesregierung einerseits iranische Oppositionelle als Flüchtlinge anerkenne, andererseits aber die Institutionen des Regimes ungehindert in Deutschland wirken lasse. Man sei auf diese Weise „täglich mit den Mördern unserer Verwandten konfrontiert“.
Es gebe keinen wirksamen Schutz für Exil-Iraner in Deutschland, solange das Regime als legitim anerkannt wird und der deutsche Staat nicht gegen dessen Institutionen vorgeht.
Auch De Vries spricht im Zusammenhang mit dem Schura-Vertrag als „Tritt in den Hintern des Verfassungsschutzes“. Er hält das IZH für eine Operationsbasis des Mullah-Regimes und meint gegenüber der „Welt“, ein Vereinsverbot sei „überfällig“.
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