„Islamischer Staat“ ködert Terrorhelfer gezielt im Internet
Nach Erkenntnissen deutscher Ermittler ködert der „Islamische Staat“ (IS) systematisch im Netz potenzielle Terroristen für Anschläge. Mit dieser neuen Form der Rekrutierung beschäftigt sich seit Monaten die Sonderkommission „Juli“ des bayerischen Landeskriminalamts, berichten die „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR. Die Leitung der Ermittlungen hat der Generalbundesanwalt in Karlsruhe übernommen. Die Ermittler gehen davon aus, dass der IS inzwischen gezielt im Internet nach Leuten sucht, die anfällig für seine Botschaft sein könnten.
Sie werden dann von mutmaßlichen Instrukteuren des IS angesprochen, bei der Auswahl möglicher Ziele beraten und zum Morden motiviert. Sie werden praktisch gecoacht. Auslöser für die Arbeit der Sonderkommission waren die Anschläge von Würzburg und Ansbach im Juli dieses Jahres. Dabei war aufgefallen, dass die Täter bis zuletzt in enger Verbindung mit Leuten vom IS standen, die versuchten, sie über Messenger-Dienste fernzusteuern. In Ansbach wie in Würzburg sollen die Attentäter ihre Anleitungen über einen Handy-Chat bekommen haben. Wie die Anbahnung der Kontakte genau funktionierte, ist noch nicht in allen Details geklärt. Es gebe, sagte ein Ermittler, „eine perfekte Symbiose zwischen dem Siegeszug der sozialen Medien und einer neuen Form des Terrorismus“. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dazu am Mittwoch: „Der Typ `gesteuerter Einzeltäter` ist in der Tat eine Täterkategorie, die wir im Blick haben müssen.“ Es sei besonders wichtig, an die verschlüsselten Kommunikationswege solcher Leute „bereits vor Tatausführung ranzukommen“. Aufgabe der Sonderkommission ist es nicht nur, Chat-Partner der Attentäter zu identifizieren. Zudem soll sie herausfinden, wer für diese Form der Anwerbung besonders anfällig sein könnte und wer beim sogenannten „Islamischen Staat“ für diese bisher unbekannte Variante der Rekrutierung verantwortlich sein könnte. In den Fällen Ansbach und Würzburg sollen die Kontakte über Monate bestanden haben. Die Behörden hatten beim Kampf gegen den Terror schon bislang unterschiedliche Tätergruppen im Blick. Dazu gehören sogenannte Hit-Teams, die militärisch organisiert sind und für Anschläge entsandt werden – womöglich auch über Flüchtlingsrouten. Dazu zählen aber auch sogenannte Schläfer, die bei Bedarf aktiviert werden, sowie allein handelnde Täter, die ohne Auftrag losschlagen. Zwölf von 15 Anschlägen der vergangenen zwei Jahre in Europa wurden laut Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) von Einzeltätern verübt. Der „neue Tätertypus“ bereite den Staatsschützern „Sorge“, erklärte BfV-Präsident Georg Maaßen am Mittwoch. In die weltweit laufenden Ermittlungen der Sonderkommission „Juli“ sind US-Behörden eingebunden. Auch die saudische Regierung kooperiert, weil bei den Anschlägen in Deutschland zwei der Chat-Partner saudische Telefonnummern oder IP-Adressen verwendeten. Auch die IT-Konzerne im Silicon Valley wurden um Mithilfe gebeten.
(dts Nachrichtenagentur)
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