Lambrecht und Scheuer: Mietzahl-Pause von Handelsketten sind „unanständig“ und „unsolidarisch“
Vertreter der Immobilienwirtschaft kritisieren die Ankündigung großer Handelsketten, wegen der Ladenschließungen in der Corona-Krise ihre Mietzahlungen einzustellen. „Es hat uns überrascht, dass es so schnell und heftig kommt“, sagte Gordon Gross, Referent des Eigentümerverbands Haus und Grund dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben). Der Verband vertritt nach eigenen Angaben 900.000 Vermieter von Wohnungen und Gewerbeeinheiten.
„Die Vermieter bekommen es jetzt knallhart um die Ohren gehauen“, sagte Gross dem RND. Die Handelsunternehmen berufen sich auf einen Beschluss des Bundestags, wonach das bisherige Kündigungsrecht wegen der Corona-Krise ausgesetzt wird. Allerdings muss die Miete später nachgezahlt werden.
Bisher hatten Vermieter das Recht, ihre Mieter fristlos zu kündigen, wenn sie längere Zeit nicht ihren Zahlungsverpflichtungen nachkamen. Klaus-Peter Hesse, Sprecher der Geschäftsführung des Zentralen Immobilienausschusses (ZIA) hält das Vorgehen der Unternehmen für „rechtlich und moralisch bedenklich“. Aus seiner Sicht sind die Filialisten wirtschaftlich gesund. Das „einseitige Vorpreschen“ sei daher „wenig partnerschaftlich“.
Der ZIA ist als Wirtschaftsverband das Sprachrohr von 37.000 deutschen Immobilienunternehmen. „Der Druck wird einfach weitergegeben“, sagte Hesse dem RND. Sowohl Mietervertreter als auch die Immobilienlobby wünschen sich, dass im Zweifel – also bei möglichen Zahlungsausfällen – der Staat einspringt.
„Was nützt es kleinen Gewerbetreibenden, wenn sie zwar jetzt die Miete sparen, aber später nachzahlen müssen und dann Insolvenz anmelden“, sagte der Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg, Siegmund Chychla, dem RND.
Chychla schlägt einen Fonds vor, der angezapft werden kann, wenn Mietzahlungen auch nach der Krise nicht geleistet werden könnten. Für ein ähnliches Modell plädiert auch der Eigentümerverband Haus und Grund.
Lambrecht und Scheuer kritisieren Handelsketten
„Wenn jetzt finanzstarke Unternehmen einfach ihre Mieten nicht mehr zahlen, ist dies unanständig und nicht akzeptabel“, sagte Justizministerin Christine Lambrecht in Berlin. Sie betonte, auch die beschlossenen neuen Regeln für einen besseren Schutz von Mietern böten dafür keine Grundlage. Mieter müssten „weiterhin selbstverständlich ihre Miete zahlen“, ihnen könne lediglich im Fall „ernsthafter Zahlungsschwierigkeiten“ nicht wegen Mietrückständen gekündigt werden. Dies könne gerichtlich überprüft werden.
Vekehrsminister Andreas Scheuer äußerte sich konkret „sehr enttäuscht“ über den Sportartikelhersteller Adidas. Die Ankündigung des Unternehmens, die Mietzahlungen vorerst einzustellen, sei „eine völlig inakzeptable Botschaft“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Adidas habe große Gewinne gemacht, betonte Scheuer. „Es sind ja nicht nur die großen Immobilieneinrichtungen, sondern auch kleine, die als Privatpersonen an Adidas vermieten – und die bleiben dann auf ihren Kosten sitzen.“
Der CSU-Politiker kritisierte das Vorgehen des Konzerns als unsolidarisch. „Das Signal ist nicht das Unterhaken, das man von jedem Bürger verlangt“, sagte Scheuer. „Wir geben die Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger: ‚Seid vernünftig!‘ Da müssen große Konzerne aber auch vernünftig sein.“
Adidas hatte wegen der Corona-Pandemie seine Geschäfte schließen müssen und dies als Begründung dafür genannt, ab April vorerst keine Miete mehr für die Filialen zu zahlen. Auch andere Konzerne wie Deichmann, Puma und H&M wollen Berichten zufolge ihre Mietzahlungen aussetzen.
(dts)
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