IfW: Russland kann gesamten Waffenbestand der Bundeswehr in einem halben Jahr produzieren

Um wieder die Bundeswehrbestände von 2004 zu erreichen, bräuchte Deutschland bei einigen Waffensystemen derzeit knapp 100 Jahre. Dies erklärte das Institut für Weltwirtschaft in Kiel am Dienstag.
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Die Munition einer Panzerhaubitze am 17. Oktober 2022 auf dem Truppenübungsplatz in Ostenholz, Norddeutschland.Foto: von Ronny HARTMANN / AFP) (Foto von RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images
Epoch Times10. September 2024

Die Ausgaben der Bundesregierung für die Verteidigung sind laut Forschern „völlig unzureichend“. „Trotz Zeitenwende-Rhetorik vergrößert sich der Abstand zwischen den militärischen Fähigkeiten Deutschlands und Russlands weiter“, erklärte das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel am Dienstag. Die Forscher forderten dauerhaft ein Verteidigungsbudget von mindestens 100 Milliarden Euro.

„Russland erwächst zu einer immer größeren Sicherheitsbedrohung für die NATO. Gleichzeitig kommen wir mit der für die Abschreckung nötigen Aufrüstung nur sehr langsam voran“, erklärte Studienautor Guntram Wolff. Demnach schafft es die Bundesregierung derzeit nur knapp, die an die Ukraine abfließenden Waffen zu ersetzen. Bei Luftverteidigungssystemen und sogenannten Artillerie-Haubitzen sei der Bestand sogar deutlich rückläufig.

Um wieder die Bundeswehrbestände von 2004 zu erreichen, bräuchte Deutschland den Forschern zufolge bei einigen Waffensystemen derzeit knapp 100 Jahre.

Das liege einerseits an der Abrüstung der vergangenen Jahrzehnte, andererseits aber auch an der „viel zu langsamen und sparsamen Aufrüstung unter der Ampelregierung“, erklärte das IfW. Das Vorgehen der Koalition im Bereich der Verteidigung bezeichneten die Autoren als „ambitionslos“.

Russland: Produktionskapazitäten bei Langstrecken-Flugabwehr verdoppelt, Panzer verdreifacht

Demnach gibt es zu wenige Anreize für die Rüstungsindustrie ihre Kapazitäten zu erhöhen. Es sei unklar, wie viel Geld die Regierung nach Auslaufen des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für die Verteidigung ausgeben will.

„Langfristige Planbarkeit und ein effizientes Beschaffungssystem sind essenziell für den Aufbau von industriellen Kapazitäten“, erklärte Wolff. Deutschland müsse seine Rüstungsausgaben dauerhaft auf dem Niveau von mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandsproduktes halten. Bisher wird das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erreicht, indem die Ausgaben aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr eingerechnet werden.

Russland rüste derweil weiter auf. Die Produktionskapazitäten seien mittlerweile so groß, dass sie den gesamten Bestand der Bundeswehr in nur gut einem halben Jahr hervorbringen.

Seit dem Ukraine-Krieg 2022 konnte Russland seine Produktionskapazitäten bei wichtigen Waffensystemen den Angaben nach deutlich steigern. Bei der Langstrecken-Flugabwehr konnte diese verdoppelt, bei Panzern verdreifacht werden, erklärten die Forscher.

Report dokumentiert Militärbeschaffungen

Deutschland hat nach Angaben des IfW erst 2023 begonnen, im nennenswerten Umfang seine Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Wie aus dem aktuellen „Kiel Report“ des Instituts hervorgeht, sind seitdem Bestellungen im Wert von rund 90 Millionen Euro platziert worden. Der Report dokumentiert alle veröffentlichen deutschen Militärbeschaffungen seit 2020.

Gleichzeitig sind die Bestände in den vergangenen 20 Jahren weiter gesunken. Hat es so 2004 in Deutschland dem Report nach etwa 434 Kampfflugzeuge, 2.398 Kampfpanzer und 978 Haubitzen gegeben, sank die Anzahl auf 226 Flugzeuge, 339 Panzer und 121 Haubitzen im Jahr 2021.

Gleichzeitig wird prognostiziert, dass es beim gegenwärtigen Beschaffungstempo rund 15 Jahre bei Kampfpanzern und rund 40 Jahre brauche, das Niveau des Jahres 2004 wieder zu erreichen. Bis der 2004er-Bestand bei Haubitzen erreicht wäre, dauere es sogar bis ins Jahr 2121.

Dies liegt dem IfW zufolge einerseits an der drastischen Abrüstung der vergangenen Jahrzehnte und andererseits an der nach wie vor zu langsamen Aufrüstung unter der Ampelregierung.

IfW-Präsident: Zeitenwende ist bislang nur eine Worthülse

Der Präsident des IfW Kiel, Moritz Schularick, betonte: „Die Zeitenwende ist bislang nur eine Worthülse.“ Frieden gebe es ausschließlich dann, wenn Moskau verstehe, dass es einen Angriffskrieg in Europa militärisch nicht gewinnen kann.

Dafür bräuchten Deutschland und Europa glaubhafte militärische Fähigkeiten. Daher forderte Schularick, dass Deutschland ein „angemessenes Verteidigungsbudget“ von mindestens 100 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung stehen müsse.



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