Habeck präsentiert eigenen Zehn-Punkte-Plan zur Asylpolitik
Seit Mitte der Vorwoche protestieren Politiker und Funktionäre der Grünen auf den Straßen gegen das gemeinsame Abstimmungsverhalten von Union und AfD im Bundestag. Ein Entschließungsantrag zu einem Fünf-Punkte-Plan des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz hatte dadurch eine knappe Mehrheit gefunden. Nun will die Partei auch inhaltlich gegensteuern. Am Montag, 3.2., hat Spitzenkandidat Robert Habeck deshalb ein Zehn-Punkte-Papier veröffentlicht, das Ordnung in die deutsche Asylpolitik bringen soll.
Habeck weist auf 170.000 noch offene Haftbefehle hin
Einen Teil dieses Konzepts hatte Habeck bereits in der Aussprache zur Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch der Vorwoche dargelegt. Im Unterschied zu den Plänen von Merz setzt das Papier des Vizekanzlers nicht primär auf eine Verschärfung von Gesetzen. Stattdessen sollen geltende Regeln besser durchgesetzt und bestehende Instrumentarien effizienter genutzt werden.
So will Habeck eine „Vollstreckungsoffensive“ in die Wege leiten. Derzeit seien mehr als 170.000 Haftbefehle offen, hatte der Minister bereits in der Vorwoche im Bundestag erklärt. Mehr als 14.000 davon beträfen Straftäter, die wegen diverser Gewaltdelikte verurteilt worden seien. Vor allem jene Haftbefehle, die sich gegen Dschihadisten oder andere Extremisten richteten, müssten die zuständigen Behörden zügig vollstrecken.
Als weiteren Schwerpunkt benennt Habeck eine Kooperationspflicht für Behörden. Dienststellen von Sicherheitseinrichtungen in Bund und Ländern sollen besser zusammenarbeiten, um Straftäter oder Gefährder besser identifizieren und verfolgen zu können. Fehlender Datenaustausch hatte etwa hinsichtlich des mutmaßlichen Attentäters von Magdeburg mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu beigetragen, dass dessen Gefährlichkeit nicht rechtzeitig erkannt wurde.
Psychologische Erstuntersuchungen für Asylsuchende
Einem effizienten Datenaustausch steht eine Vielzahl an Faktoren entgegen. Technisch sind es oft inkompatible Systeme oder fehlende Schnittstellen. Oft geben sich die Besitzer potenziell wichtiger Informationen zurückhaltend, weil sie Angst haben, Deutschlands strikte Datenschutzvorschriften zu verletzen. Aber auch die föderale Struktur des Landes, eine teilweise ausbaufähige Kommunikationskultur und bürokratische Prozesse behindern in vielen Fällen einen Datenaustausch.
Habeck will in diesem Zusammenhang ein „Zentralregister für Gefährder“ aufbauen. In diesem sollen alle relevanten Daten zu Personen, von denen die Gefahr erheblicher Straftaten ausgehe, sofort abrufbar sein. Ausländische Gefährder und Schwerkriminelle sollen „im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen“ abgeschoben oder inhaftiert werden können.
Um die Früherkennung ausländischer Gefährder zu erleichtern, soll es künftig verpflichtende medizinische Erstuntersuchungen für Asylsuchende geben. Dabei solle auch eine Prüfung auf psychische Erkrankungen stattfinden. Offen bleibt, wie zeitnah psychische Erkrankungen behandelt werden können. Derzeit warten in Deutschland ansässige Personen im Schnitt bereits 20 Wochen auf einen Therapieplatz.
Weiterhin kategorisches Nein zu Zurückweisungen an den Grenzen
Habeck drängt auch auf die Umsetzung des Sicherheitspakets, das die damalige Ampelregierung nach der Bluttat von Solingen im vergangenen August beschlossen hat. Dieses umfasst unter anderem eine Ausweitung von Polizeibefugnissen, auch zur automatisierten Datenanalyse und zur biometrischen Gesichtserkennung.
Die Union hatte das Paket trotz massiver Verschärfungen nicht mitgetragen – unter anderem, weil sie eine Zurückweisung von Asylsuchenden gefordert hatte, die aus EU- oder sicheren Drittstaaten eingereist waren. Wie Bundeskanzler Olaf Scholz hält auch Robert Habeck dies für EU-rechtswidrig.
Die von Merz empfohlene Berufung auf einen nationalen Notstand werde vor dem Europäischen Gerichtshof keinen Bestand haben, heißt es vonseiten der Bundesregierung. Zudem weigerten sich einige EU-Herkunftsstaaten Asylsuchende zurückzunehmen, sollte zuvor kein EU-rechtlich vorgeschriebenes Verfahren zur Klärung der Zuständigkeit stattgefunden haben.
Habeck will mehr Migrationsabkommen wie jenes mit Kenia
Der Grünen-Spitzenkandidat hält stattdessen die zügige Umsetzung der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) für wichtig. Dieses im Dezember 2023 beschlossene Paket müssen Mitgliedstaaten binnen zweier Jahre umsetzen. Habeck fordert außerdem rechtliche Schritte gegen EU-Länder, die gegen die Dublin-Regeln verstoßen.
Die übrigen Punkte des Habeck-Programms sehen eine Vereinfachung, Beschleunigung und Digitalisierung von Asylverfahren vor. Der Vizekanzler will auch Migrationsabkommen mit Herkunftsstaaten von Flüchtlingen abschließen. Vorbild sollen dabei Vereinbarungen sein, wie sie Bundeskanzler Olaf Scholz im Vorjahr mit Kenia geschlossen hatte.
Die Migrationsabkommen sollen die Rücknahme ausreisepflichtiger Staatsangehöriger sicherstellen. Andererseits sollen sie die gezielte Gewinnung von Arbeitskräften ermöglichen. Ob Habeck auch Abkommen mit Afghanistan und Syrien anstrebt, die zu den Herkunftsländern der meisten Geflüchteten gehören, bleibt offen. Bis dato hat Deutschland keine der De-facto-Regierungen in Kabul oder Damaskus offiziell anerkannt.
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