
Gut eine halbe Million Betroffene: Immer mehr Rentner benötigen staatliche Grundsicherung
Mehr als 564.000 Rentner leben von staatlicher Grundsicherung. Vor allem Frauen sind betroffen. Insgesamt gibt es rund 21 Millionen Rentner in Deutschland.

Deutschland hat rund 21 Millionen Rentner, davon erhalten über eine halbe Million die Grundsicherung.
Foto: iStock
Ende 2020 waren mehr als 564.000 Menschen in Deutschland auf staatliche Grundsicherung angewiesen, vor allem Frauen. Das ist ein neuer Höchstwert seit Einführung der Hilfe.
Die Grundsicherung wurde 2003 eingeführt, um der Altersarmut entgegenzuwirken. Bei der Grundsicherung werden im Unterschied zur Sozialhilfe die nahen Verwandten wie Eltern oder Kinder nicht dafür verantwortlich gemacht, für das Auskommen des Erwerbslosen aufzukommen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren Ende 2020 knapp 315.000 Frauen und 249.000 Männer auf die Grundsicherung angewiesen. Im Jahr zuvor erhielten 562.000 Menschen die Leistungen. Das geht aus der Regierungsantwort auf eine Anfrage der Linken hervor, die „dpa“ vorliegt.
Grundsicherung können diejenigen erhalten, die die aufgrund einer vollen Erwerbsunfähigkeit, des Alters oder aus ähnlichen Gründen über kein eigenes Einkommen verfügen. Haben diese nach Abzug von Kosten, Einkommen und Vermögen weniger als 300 € zum Leben zur Verfügung, wird normalerweise die Grundsicherung bewilligt (hier Genaueres zu den Voraussetzungen).
Die Grundsicherung orientiert sich an den Regelsätzen der zuvor gezahlten Sozialhilfe und muss als Sozialleistung beantragt werden – im Gegensatz zur Grundrente.
Grundrente
Ab Juli 2021 wird erstmals die 2020 beschlossene Grundrente gezahlt. Diese muss nicht beantragt werden und wird automatisch von der Rentenversicherung als Zuschlag zur Rente gezahlt. Diejenigen, die lange gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient haben, sollen davon profitieren.
Geschätzt wird, dass von den gut 21 Millionen Rentnern rund 1,3 Millionen den Zuschlag erhalten werden. Das entspricht rund 6 Prozent. Der durchschnittliche Zuschlag wird voraussichtlich 75 Euro betragen, die tatsächliche Höhe wird individuell berechnet.
Rentendebatte im Bundestag
Am 21. Mai wurde im Bundestag über zwei Anträge zur gesetzlichen Rente abgestimmt. Beide Anträge wurden abgelehnt. Das Problem der Rentenkasse ist, dass die Finanzreserven voraussichtlich bis 2025 aufgebraucht sind und zudem die Generation der rund 13 Millionen Babyboomer (die Mitte der 1950-er bis Mitte der 1960er-Jahre Geborenen) zum Großteil in Rente geht. Neue Beitragszahler in dieser Größenordnung gibt es nicht.
Einerseits wurde durch die Linken-Fraktion gefordert, dass Abgeordnete des Bundestages in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden (19/17255). Zum anderen wollten die Grünen die gesetzliche Rentenversicherung stärken und eine verlässliche Altersversicherung für alle sicherstellen (19/27213) – mit Hilfe einer „Bürgerversicherung“.
Sowohl Dietmar Bartsch (Die Linke) als auch Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen) betonten, dass es nicht die Systemfrage sei, ob Abgeordnete in die gesetzliche Rente einzahlen würden oder nicht. Für Bartsch hätte es eine „tiefe Symbolik, ein Signal an die Bürger für mehr Vertrauen“. Für Kurth ist die grundlegende Frage, ob die gesetzliche Rente noch das Fundament einer ausreichenden Altersversorgung biete. Diese solle jedoch nicht durch eine Kapitalmarktrente ersetzt werden.
Die Grünen fordern unter anderem, eine „Bürgerversicherung“ einzuführen – damit ist gemeint, dass jeder unabhängig von seinem Einkommen die Versorgung erhalten soll, die er braucht.
Reaktionen anderer Parteien
Für die CDU/CSU sprach Max Straubinger davon, dass die Einbeziehung der Abgeordneten die gesetzliche Rente nicht retten würde. Die Idee der Grünen, eine „Garantierente“ einzuführen, lehne die Fraktion ab. Das stelle einen „massiven Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip“ dar, wonach die Rente davon abhängt, wie viel vorher an Beiträgen eingezahlt wurde.
Die FDP spricht davon, dass eine „Einheitskasse“ nicht das Problem löse. Eine derartige Lösung würde die demografischen Probleme in Bezug auf die Beamten noch verschärfen. Johannes Vogel (FDP) warf den Grünen vor, die „unverantwortliche Rentenpolitik“ der Großen Koalition über 2025 hinaus fortführen zu wollen.
Zwar sei es grundsätzlich eine gute Idee, auch Abgeordnete in die gesetzliche Rente einzubeziehen, erklärt Ralf Kapschack (SPD). Allerdings fehlte im Antrag der Linken die Finanzierung. Zudem berge die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen erhebliches juristisches Risiko.
Martin Sichert (AfD) warf den Antragstellern vor, das eigentliche Problem nicht wahrzunehmen: Die „familien- und kinderfeindliche Ideologie“ der Linken und Grünen sei die Hauptursache, warum die Situation vieler Rentner und die Rentenkasse so schlecht sei. (ks)
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