„Greift uns nicht an“: Harte Strafen für Angriffe auf Einsatzkräfte

Im vergangenen Jahr sorgten Angriffe auf Einsatzkräfte an Silvester in Berlin bundesweit für Empörung. In diesem Jahr ordnet die Polizei Verstärkung an – und warnt in einem Video vor den Konsequenzen. Sie fordern ein härteres Durchgreifen und mehr Respekt.
Einsatzkräfte der Polizei und Rettungskräfte vom Deutschen Roten Kreuz an der Unfallstelle im Einsatz.
Einsatzkräfte der Polizei und Rettungskräfte vom Deutschen Roten Kreuz im Einsatz.Foto: René Priebe/PR-Video/dpa
Epoch Times28. Dezember 2023

Polizei und Feuerwehr in Berlin warnen zum Start des Feuerwerksverkaufs mit einem gemeinsamen Video vor dem Missbrauch von Böllern und Raketen. „Wir gehen gemeinsam in den Einsatz. Damit ihr Silvester sicher feiern könnt. Und um euch zu helfen, wenn ihr uns braucht“, sagen eine Polizistin, ein Polizist und ein Feuerwehrmann in einem Posting auf X/Twitter.

„Bitte respektiert unsere Arbeit. Gebt uns genug Platz dafür. Und folgt unseren Anweisungen“, heißt es weiter. „Greift uns nicht an. Beschießt uns nicht mit Böllern, Raketen oder Schreckschusswaffen. Ihr macht euch strafbar und euch drohen mehrere Jahre Gefängnis.“ Die drei Beteiligten appellieren: „Also verbaut euch nicht eure Zukunft. Und respektiert uns. Die Menschen, die für euch und eure Familien da sind.“

Die Polizei hat in Berlin vorab bereits auf Böllerverbotszonen zu Silvester hingewiesen. Diese liegen am Alexanderplatz, im Bereich des Steinmetzkiezes in Schöneberg und auf einem Teil der Sonnenallee sowie angrenzender Nebenstraßen. Das Verbot gilt vom Silvesterabend um 18 Uhr bis Neujahr um 6 Uhr.


Größter Polizeieinsatz in Berlin seit Jahrzehnten

In Berlin gibt es zum Jahreswechsel den größten Polizeieinsatz an Silvester seit Jahrzehnten, auch in anderen Städten sollen viele Polizisten für Sicherheit sorgen. Die Berliner Feuerwehr sieht sich gut vorbereitet. Feuerwehrsprecher Vinzenz Kasch sagte im RBB24 Inforadio, nach den Übergriffen im vergangenen Jahr habe man in den betroffenen Kiezen Projekte mit Jugendlichen angestoßen und die Zusammenarbeit mit der Polizei intensiviert.

„Wir können davon ausgehen, dass es auch wieder solche Szenen wie im vergangenen Jahr geben wird – aber wir haben uns da eben jetzt anders aufgestellt, in der Abstimmung mit der Polizei, in der Information der eigenen Einsatzkräfte“, sagte Kasch.

Forderung nach mehr Respekt

Politik und Verbände fordern ein härteres Durchgreifen. „Es braucht mehr Respekt vor Anderen und konsequentes Bestrafen derjenigen, die sich nicht an die Spielregeln halten. Hinter jeder Uniform steckt ein Mensch“, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) dpa.

Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse, nannte solche Taten einen Angriff gegen den Staat. Für 2023 deutet sich ein Anstieg bei der Zahl der Angriffe an.

Auch Banse forderte von der Gesellschaft mehr Respekt gegenüber Einsatzkräften. „Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass diejenigen, die das tun, auch mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden. Da hapert es noch“, sagte er. Sein Verband hatte zuletzt in einer Umfrage ermitteln lassen, wie viele Feuerwehrleute sich Gewalt ausgesetzt sahen. Die Ergebnisse werden heute vorgestellt.

Bundesweite Zahlen zu Übergriffen im zu Ende gehenden Jahr liegen noch nicht vor. Vom bayerischen Innenministerium hieß es bereits: „Es gibt aber wohl einen weiteren Anstieg der Fallzahlen beim Thema Gewalt gegen Einsatzkräfte.“ In Rheinland-Pfalz wurden nach Angaben des Landesinnenministeriums im ersten Halbjahr dieses Jahres 2151 Einsatzkräfte als Opfer von Gewaltdelikten erfasst.

Demnach waren dort 2023 Polizeibeamte betroffen. Bei der Feuerwehr seien 16 und unter den sonstigen Rettungsdiensten 112 Opfer in den ersten sechs Monaten erfasst worden. Bei den Zahlen handelt es sich laut dem Ministerium um Opfer von in diesem Zeitraum abgeschlossenen Ermittlungsverfahren. Der Tatzeitpunkt könne deshalb auch vor 2023 liegen. 2022 gab es insgesamt mehr als 4.300 Betroffene.

Niedersachsen rechnete mit einer Zunahme von Gewalttaten in diesem Jahr. Laut Innenministerium verzeichnet das Bundesland bei Angriffen auf die Polizei mit Stand Ende Oktober ein Plus im unteren dreistelligen Bereich im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt.

Es gab massive Angriffe

In Berlin ging die Polizei für 2023 zuletzt von etwa 15 Prozent mehr Angriffen auf Polizisten und 30 Prozent mehr auf Feuerwehrleute im Vergleich zum Vorjahr aus. Im vergangenen Jahr seien in der Hauptstadt 2291 Polizisten Opfer eines tätlichen Angriffs geworden. Bundesweit gab es 2022 mehr als 42.700 Gewalttaten gegen Polizeivollstreckungsbeamte – 7,9 Prozent mehr als 2021, wie das Bundeskriminalamt mitgeteilt hatte.

Die Hemmschwelle, „Menschen in Uniform anzugreifen und zu verletzen“, sei stetig gesunken, sagte NRW-Innenminister Reul. „Das ist nicht hinnehmbar.“

Vor dem Jahreswechsel wird das Thema erneut breit diskutiert. Hintergrund sind massive Angriffe auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht vor einem Jahr. Erst im Juni war ein junger Mann in Berlin zu acht Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden, weil er nach Überzeugung des zuständigen Amtsgerichts absichtlich einen Böller in Richtung eines Polizisten geworfen hatte.

Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte dpa, die Qualität der Angriffe auf Einsatzkräfte im vergangenen Jahr sei neu, „etwa wenn Rettungskräfte in mutmaßliche Hinterhalte gelockt und angegriffen wurden“.

„Bei Teilen der Jugendlichen ist das Leben als Krimineller ein offenbar erstrebenswerter Lebensentwurf“, sagte der Vize-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Hamburg, Lars Osburg. Dies zeige sich im Auftreten der Jugendlichen gegenüber der Polizei. Zudem diene Gangsta-Rap kriminellen Banden zur Rekrutierung neuer Mitglieder. „Wir wiederholen unsere These, dass sogenannter Gangsta-Rap einen erheblichen Teil zu dieser Entwicklung beiträgt“, sagte er.

„Jeder Angriff ist einer zu viel“

Für die Johanniter-Unfall-Hilfe in Niedersachsen steht fest: Jeder Angriff sei einer zu viel. Im Laufe dieses Jahres sei aber kein Anstieg von Angriffen gegen Einsatzkräfte zu verzeichnen gewesen. Der Verein hofft, dass die Öffentlichkeitskampagnen der vergangenen Monate griffen und den Menschen im Bewusstsein bleibe, dass Retter nie Ziel körperlicher Angriffe sein dürfen.

Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Wiesbaden werden Einsatzkräfte nach Angaben einer Sprecherin geschult, in solchen Situationen deeskalierend zu wirken. „Sie wissen auch, wann sie sich zurückziehen und die Polizei rufen sollten.“ Das Innenministerium in Wiesbaden teilte mit: „Im Rahmen der Aus- und Fortbildung werden Polizistinnen und Polizisten auf derartige Angriffe vorbereitet.“ (dpa/red)



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