Gewerkschaften gefordert: Fast drei Viertel deutscher Unternehmen ohne Tarifbindung
Die Tarifbindung deutscher Unternehmen ist weiter im Sinken begriffen. Dies ist auch die Konsequenz eines immer geringeren Anteils an Arbeitnehmern, die in einer der großen Gewerkschaften organisiert sind. Wie die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hin mitteilt, sind mittlerweile 74,7 Prozent der deutschen Unternehmen tarifgebunden. Die „Rheinische Post“ berichtete in ihrer Donnerstagsausgabe.
Tarifbindung mit höherem Monatsbrutto verbunden
Die fehlende Tarifbindung wirkt sich in nicht unerheblichem Maße auf die Höhe von Löhnen und Gehältern der Beschäftigten aus. So lag der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst von Vollzeitbeschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen im Vorjahr bei 4.351 Euro. Das sind 16,1 oder 604 Euro oder 16,1 Prozent mehr als in Unternehmen ohne Tarifvertrag.
In Westdeutschland war der Unterschied mit 524 Euro oder 13,7 Prozent geringer – allerdings war auch das Durchschnittsbrutto mit 4.424 Euro in den tarifgebundenen Betrieben höher. In Ostdeutschland, wo der gewerkschaftliche Organisationsgrad deutlich geringer ist, liegt es bei 3.802 Euro. Das ist um 820 Euro oder 27,2 Prozent mehr als in Unternehmen ohne Tarifbindung.
Insgesamt ist der Anteil an Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen in den vergangenen 20 Jahren deutlich gesunken. Im Jahr 2002 hatten nur 32,4 Prozent aller Arbeitnehmer in nicht tarifgebundenen Unternehmen gearbeitet. Mittlerweile sind es 48 Prozent.
DGB: Seit der Wiedervereinigung fast die Hälfte der Mitglieder verloren
Die Bundesregierung versucht, der Tarifflucht mit gesetzlichen Maßnahmen gegenzusteuern. So will die Ampelkoalition nächstes Jahr ein Tariftreue-Gesetz auf den Weg bringen. Dieses soll die Voraussetzung dafür schaffen, dass nur noch Unternehmen mit Tarifbindung öffentliche Aufträge erhalten.
Im Jahr 2021 waren etwa 12,6 Prozent der unselbstständig Beschäftigten in Deutschland in einer der drei größeren Gewerkschaften organisiert. Mit 5,73 Millionen Mitgliedern entfiel dabei der Löwenanteil auf den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Allerdings zählte dieser im Jahr 2002 noch 7,9 Millionen Organisierte, unmittelbar nach der Wiedervereinigung waren es sogar 11,8 Millionen. Dies entsprach etwa 30 Prozent aller Arbeitnehmer.
Konstant, aber niedrig bleiben den offiziellen Angaben zufolge die Mitgliederzahlen der anderen beiden größeren Gewerkschaftsverbände. Der Deutsche Beamtenbund und Tarifunion (DBB) kommt auf etwa 1,3 Millionen Mitglieder, der Christliche Gewerkschaftsbund (CGB) auf 270.000. Vor allem der CGB steht im Verdacht, überhöhte Mitgliederzahlen anzugeben, um sich die Tariffähigkeit zu erhalten.
Fahimi: Tarifbindung „hohes Gut, das geschützt werden muss“
Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi hat eine „Zeitenwende in der Tarifbindung“ gefordert. Die Gewerkschaften stünden für verantwortungsvolle Tarifforderungen und eine abgewogene Tarifpolitik. Damit helfe man, Kaufkraft, Lohnentwicklung, sozialen Frieden, Gesundheit und sichere Arbeitsplätze zu erhalten. Die Tarifbindung sei „ein hohes Gut, das die Bundesregierung besser schützen muss“, betonte Fahimi in einer Erklärung des DGB.
(Mit Material von dts)
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