Bizarrer Prozess geht zu Ende: Früherem Bamberger Chefarzt drohen in Sexprozess 15 Jahre Haft

Insgesamt zehn Patientinnen und zwei Praktikantinnen im Alter zwischen 17 und 28 Jahren soll W. betäubt, im Intimbereich fotografiert und gefilmt sowie mit Sexspielzeug vergewaltigt haben. Außerdem soll er die 18 Jahre alte Patentochter seiner Frau betrunken gemacht und dann leicht bekleidet fotografiert haben. Als Beweismittel wurden in dem Verfahren eine Vielzahl von Fotos und Videos gesichtet.
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Blick durch das Fenster eines Operationssaals, in dem ein Mediziner-Team einen Patienten am offenen Herzen operiert.Foto:  Maurizio Gambarini/dpa
Epoch Times13. Oktober 2016

Nach eineinhalb Jahren geht am Montag in Bamberg einer der bislang wohl bizarrsten Prozesse um einen Mediziner in Deutschland zu Ende: Das dortige Landgericht entscheidet, ob der ehemalige Chefarzt Heinz W., wie von der Staatsanwaltschaft verlangt, als Sextäter für 15 Jahre ins Gefängnis muss – oder ob er, wie von seinen Verteidigern gefordert, frei kommt. Wie auch immer es ausgeht: Die einst schillernde Karriere des Mediziners ist zerstört.

W. war Chefarzt der Gefäßchirurgie des Bamberger Klinikums – kein Arzt unter vielen, sondern eine hochgelobte Koryphäe seines Fachgebiets. Kurz vor seiner Festnahme setzte das Magazin „Focus“ den inzwischen 51-Jährigen 2014 auf die Liste der besten Ärzte seiner Fachrichtung in Deutschland. Im Berufsverband seiner medizinischen Fachrichtung sprach er ein gewichtiges Wort mit.

Doch das Vertrauen seiner Patientinnen soll W. massiv verletzt haben. Eine Medizinstudentin deckte auf, dass W. sie während eines Praktikums unter dem Vorwand einer wissenschaftlichen Untersuchung betäubt hatte. Weil die junge Frau nach der vermeintlichen Untersuchung wegen Unwohlseins stutzig geworden war und ihr Blut hatte untersuchen lassen, konnte das ansonsten schnell vom Körper abgebaute Betäubungsmittel nachgewiesen werden.

Insgesamt zehn Patientinnen und zwei Praktikantinnen im Alter zwischen 17 und 28 Jahren soll W. betäubt, im Intimbereich fotografiert und gefilmt sowie mit Sexspielzeug vergewaltigt haben. Außerdem soll er die 18 Jahre alte Patentochter seiner Frau betrunken gemacht und dann leicht bekleidet fotografiert haben. Als Beweismittel wurden in dem Verfahren eine Vielzahl von Fotos und Videos gesichtet.

Was genau auf den Bildern zu sehen ist, wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Auch die Plädoyers fanden ohne Zuschauer statt – zu intim sind die Details des Verfahrens. Und dieses ist so speziell, dass auch nach eineinhalb Jahren und einer ausufernden Beweisaufnahme Anklage und Verteidigung aus ihrer Sicht auf die Abläufe vollkommen gegensätzliche Schlüsse ziehen.

In seinem Schlusswort sagte W., was er bereits zu Prozessbeginn gesagt hatte: Was er mit den Frauen gemacht habe, seien Untersuchungen gewesen. Er wollte demnach neue Behandlungsmethoden gegen Beckenvenenthrombosen erproben. Die Bilder sollten der Dokumentation dienen – ein sexuelles Motiv bestritt W. ausdrücklich.

Dagegen sieht die Staatsanwaltschaft in dem angeblichen medizinischen Handeln ein schweres Sexverbrechen. Im Prozessverlauf kam die Anklage zu der Überzeugung, dass es sich anders als ursprünglich angeklagt auch nicht nur um einfache, sondern sogar um schwere Vergewaltigung handle. Deshalb forderte sie die Höchststrafe von 15 Jahren Haft.

Die Frage lautet nun, wem das Gericht glaubt. Im Verlauf des Verfahrens schlug es sich eher auf die Seite der Anklage. Wiederholte Anträge der Verteidiger, den verheirateten Familienvater W. zumindest aus der Untersuchungshaft zu entlassen, wurden abgelehnt.

Aber ob W. deshalb selbst im Fall einer Verurteilung tatsächlich für lange Zeit ins Gefängnis muss, ist nicht absehbar. Denn die Verteidigung argumentierte auch, dass die Taten, selbst wenn sie nicht als medizinisch nötig angesehen würden, allenfalls eine einfache Vergewaltigung wären. Dann wäre nach Auffassung der Verteidiger eine Bewährungsstrafe ausreichend.

Die betroffenen Frauen hoffen nun vor allem, dass sie Ruhe finden. Sie haben an die Abläufe wegen der Betäubung keine Erinnerung. Erst durch die vielen Fotos erfuhren sie, was mit ihnen geschehen war. Für viele von ihnen war dies traumatisch – egal, ob es medizinisch begründbar oder ein Sexverbrechen war. (afp)



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