Familie von erstem NSU-Opfer fühlt sich durch Behörden „kaputtgemacht“
Sein Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden und des Verfassungsschutzes sei "komplett zerstört", sagte Abdulkerim Simsek dem Magazin "Der Spiegel" laut Mitteilung vom Donnerstag.

Zuschauer vor dem öffentlichen NSU-Verfahren in München, das im Juli 2018 stattfand.
Foto: GUENTER SCHIFFMANN/AFP/Getty Images
Der Sohn des ersten NSU-Mordopfers Enver Simsek hat zum ersten Jahrestag des Urteils im NSU-Prozess schwere Vorwürfe gegen die deutschen Sicherheitsbehörden erhoben. Sein Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden und des Verfassungsschutzes sei „komplett zerstört“, sagte Abdulkerim Simsek dem Magazin „Der Spiegel“ laut Mitteilung vom Donnerstag.
Seine Familie sei über Jahre zu Unrecht verdächtigt worden, auch bei den folgenden neun Morden des NSU. „Das hält man schwer aus – die haben uns kaputtgemacht“, sagte der 31-Jährige. Er habe eigentlich gedacht, dass das nicht mehr zu toppen sei – dann sei auch noch die Anwältin der Familie bedroht worden. Dies sei „einfach unfassbar“.
Die 2011 mutmaßlich durch Suizid ums Leben gekommenen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatten den Blumenhändler Enver Simsek im September 2000 erschossen. Es war der Auftakt einer Mordserie mit zehn Toten, dazu kamen zahlreiche Verletzte durch zwei Bombenanschläge und mehr als einem Dutzend an Überfällen.
Ombudsfrau: Angehörige werden immer wieder an die Verbrechen erinnert
Die Ombudsfrau für die Angehörigen, Barbara John, sagte im Südwestrundfunk, die Angehörigen litten lebenslang unter den Taten. Sie würden immer wieder an die Verbrechen erinnert. „Das bringt Dinge nach oben, die man nicht so gern im Dauerbewusstsein haben will“, sagte John. Besonders bedrückend sei, dass nach dem Ende des Gerichtsverfahrens NSU-Helfer aus dem Gefängnis gekommen seien.
Im NSU-Prozess war Beate Zschäpe als Mittäterin an den Morden zu lebenslanger Haft mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt worden. Die vier mitangeklagten Helfer wurden zwar ebenfalls verurteilt, zwei bis heute Rechtsextreme konnten aber kurz nach dem Urteil aus dem Gefängnis. (afp)
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