Nichtgeimpfte können aus Gründen des Gemeinwohls eingeschränkt werden
Ex-Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier ist dagegen, an einem bestimmten Stichtag sämtliche Corona-Maßnahmen zu beenden. Das schreibt er in einer Stellungnahme, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben) berichten.
„Im Augenblick halte ich es für nicht sinnvoll, ein fixes Datum zu nennen, ab dem für alle Personen jegliche Freiheitsbeschränkungen durch infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahmen des Staates von Rechts wegen aufgehoben werden müssen“, zitieren die Funke-Zeitungen aus dem Dokument.
Denn dabei blieben „verschiedene rechtlich wesentliche Umstände unberücksichtigt“. Dazu zählten die jeweils aktuelle Infektionslage und die Belastung des Gesundheitssystems. Auch die aktuelle Impfquote bliebe außer Acht. Einen „Freedom Day“ nach britischem Vorbild hatte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, ins Gespräch gebracht. Papier hob hervor, dass geimpfte und nicht geimpfte Personen „in sehr unterschiedlichem Maße krankheits- und ansteckungsverdächtig“ seien.
Corona-Maßnahmen gegenüber Geimpften und Genesenen seien „regelmäßig schon jetzt nicht mehr zulässig“. Dagegen könnten nicht geimpfte Personen aus Gründen des Gemeinwohls weiterhin mit staatlichen Grundrechtseingriffen belastet werden, so der ehemals höchste Richter Deutschlands.
Papier nannte konkrete Voraussetzungen für die Anwendung der sogenannten 2G-Regel etwa beim Besuch von Veranstaltungen. Wenn es um besonders enge Kontakte einer Vielzahl von Personen gehe, dürfe der Staat zwischen geimpften und genesenen Personen einerseits und getesteten, aber nicht geimpften Personen andererseits unterscheiden – zumal Antigen-Tests nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen „keine wirkliche Genauigkeit“ böten.
Bei einer staatlichen Anwendung von 2G müsse aber eine hohe Gefährdungslage vorliegen, so Papier – eine Bedingung, die er gegenwärtig nicht erfüllt sieht. „Die genannten Voraussetzungen im Hinblick auf eine besondere Gefährdungslage, die eine vom Staat verbindlich festgelegte 2-G-Lösung rechtfertigen würde, sind derzeit allerdings offenbar nicht gegeben“, so der Staatsrechtler.
Private Unternehmer als Anbieter von Dienstleistungen oder Veranstaltungen seien dabei freier als der Staat, fügte Papier hinzu. Sie könnten sich auf die grundrechtlich verbürgte Vertragsfreiheit berufen, wenn sie eine 2G-Lösung anordneten. (dts/oz)
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