EU-Parlament stimmt für Sanierungszwang: Fünfstellige Kosten für Hausbesitzer befürchtet
Mindestens fünfstellige Kosten könnte der Sanierungszwang für alte Gebäude, dem das EU-Parlament am Dienstag, 14. März, zugestimmt hat, deren Eigentümern verursachen. Wie viele Gebäude tatsächlich betroffen wären, ist noch ungewiss. Im EU-Schnitt lebten 2020 jedoch 70 Prozent der Bevölkerung im Wohneigentum – in einigen osteuropäischen Ländern bis zu 96 Prozent.
Rückenwind für Habeck-Pläne durch Sanierungszwang?
Grundlage für den Sanierungszwang soll ein Richtlinienentwurf der EU-Kommission sein, der unter anderem neue Standards für die Energieeffizienz von Gebäuden beinhaltet. Ziel des Vorhabens sei es, alle Gebäude in der EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Für neue Häuser soll diese Anforderung bereits ab 2030 gelten.
Immerhin, so heißt es aus der Kommission, seien Gebäude für 40 Prozent des Energieverbrauchs und ein Drittel der Treibhausemissionen in der EU verantwortlich. Nun sollen bis 2030 mindestens alle Wohngebäude die Energieeffizienzklasse „E“ und bis 2033 die Klasse „D“ erreichen. Die Skala soll künftig EU-weit einheitlich von „A“ bis „G“ reichen.
Der Vorstoß ist, wie das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) berichtet, Teil des Klimapakets „Fit for 55“. Diesem zufolge sollen die Nettoemissionen von Treibhausgasen in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Dabei sollen die Einsparungen vor allem den Gebäudesektor, Verkehr und Landwirtschaft betreffen.
Rückenwind bedeutet dieser Beschluss auch für die innerstaatlichen Bemühungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Um das nationale Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, bringt sein Ministerium ein mögliches Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen ins Spiel. Dieses soll bereits ab 2024 gelten.
Langfristige Kostenersparnis bei erheblichen Investitionskosten
Drei Möglichkeiten einer Sanierung, die langfristig zu erheblichen Einsparungen führen können, gelten als die effektivsten. Dazu zählen die Wärmedämmung, eine moderne Heizung und der Umstieg auf Erneuerbare Energien.
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) geht bei einem unsanierten Haus von einem Wärmeverlust zwischen 60 und 80 Prozent aus. Langfristig profitiert der Eigentümer eines klimaneutral sanierten Hauses von niedrigeren Energiekosten. Immerhin sinkt der Energiebedarf des Hauses deutlich.
Bis dahin kommen auf Hauseigentümer jedoch erhebliche Kosten zu. Gerade im Fall ererbter, kleiner Wohngebäude im kleinstädtischen oder dörflichen Kontext übersteigen diese oft den Wert des Gebäudes selbst.
Geywitz sieht Nachbesserungsbedarf – Abwasseranschlusszwang als negatives Beispiel
Auch deshalb regte sich im Vorfeld des Beschlusses heftige Kritik auch im EU-Parlament selbst. „Bei allem Ehrgeiz, die Klimaziele möglichst rasch umzusetzen“, warf der EVP-Abgeordnete Dennis Radtke die Frage nach der Kostentragung auf. Er äußerte:
Bauen und Wohnen ist an vielen Stellen in Deutschland unbezahlbar geworden. Wir können die Kosten im Kampf gegen den Klimawandel nicht auf Omas Häuschen abwälzen.“
Zudem stelle sich in Anbetracht des Fachkräftemangels auch die Frage, woher die erforderlichen Handwerker für die Gebäuderenovierung kommen sollen.
Auch Bundesbauministerin Klara Geywitz sieht Nachbesserungsbedarf an dem EU-Richtlinienentwurf, der nun zwischen Brüssel und den Mitgliedstaaten abzustimmen ist. Sie will „immer vom Machbaren, nicht vom Wünschbaren“ ausgehen. Härten seien zu vermeiden. Man müsse die ökonomische Leistungsfähigkeit der Menschen beachten.
Als abschreckendes Beispiel verweist die Ministerin auf den Abwasseranschlusszwang in Ostdeutschland. Nach der Wende waren Hausbesitzer dadurch häufig mit fünfstelligen Gebührenvorschreibungen konfrontiert. Und das angesichts hoher Arbeitslosigkeit und geringer Sparguthaben.
Kosten könnten sogar an die 100.000 Euro heranreichen
Die Gesamtkosten für eine klimaneutrale Sanierung können je nach Größe des Hauses und dem Umfang der Sanierung zwischen 50.000 und 100.000 Euro liegen. Zu den Kostenfaktoren, die regelmäßig anfallen, gehören bereits jene für eine energetische Sanierungsberatung durch einen Experten.
Dazu kommen jene für eine Verbesserung der Gebäudehülle – etwa durch Dämmung von Fassade, Dach und Kellerdecke oder Fensteraustausch. Ein weiterer Faktor der klimaneutralen Sanierung ist die Erneuerung der Heizungsanlage, beispielsweise durch die Installation einer Wärmepumpe oder eines Brennwertkessels. Voraussetzung für die Nutzung einer Wärmepumpe ist dabei, dass sie nicht gerade einer „Spitzenglättung“ unterliegt oder die EU ihren Betrieb wegen fluorierter Gase untersagt.
Außerdem umfasst die klimaneutrale Sanierung auch noch die Installation einer Lüftungsanlage. Dazu kommen die Kosten für die Umstellung auf erneuerbare Energien, wie etwa die Installation einer Photovoltaikanlage oder eines Solarthermiesystems.
KfW bietet zinsgünstige Sanierungskredite an
Um den Sanierungszwang zu flankieren, will die EU auch Geld aus EU-Töpfen bereitstellen. Die Rede ist von bis zu 150 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt bis 2030. Zudem diskutiert man mögliche Ausnahmen für Sozialwohnungen.
Schon jetzt sind in Deutschland manche energetische Sanierungen aufgrund des Gebäudeenergiegesetzes Pflicht. Besonders für Häuser, die vor 2002 gebaut wurden, gelten spezielle Dämmungsvorschriften. Diese beziehen sich auf Heizungs- und Warmwasserleitungen in unbeheizten Kellern, die obersten Geschossdecken in unbeheizten Dachzimmern und auf Holzbalkendecken.
An Finanzierungsoptionen kommen bei fehlendem Eigenkapital unterschiedliche Förderprogramme auf Ebene von Bund, Land oder Kommune in Betracht. Die KfW-Bank bietet beispielsweise zinsgünstige Kredite und Zuschüsse für die energetische Sanierung an.
Daneben kommen auch Bankkredite oder das sogenannte Contracting in Betracht: Hierbei übernimmt ein Dienstleister die Investitionskosten und führt die Sanierung durch. Der Eigentümer zahlt dafür eine monatliche Rate über einen bestimmten Zeitraum an den Dienstleister.
DBU vergleicht durch Sanierungszwang veranlasste Investitionen mit jenen in Aktienfonds
Andreas Skrypietz von der DBU weist darauf hin, dass Zuschüsse von bis zu 15 Prozent für Sanierungsmaßnahmen über das Bundesprogramm für effiziente Gebäude möglich sind. Liege für ein Gebäude ein zuvor erstellter individueller Sanierungsplan vor, erhöht sich die Förderung auf 20 Prozent.
Die Angst vor den Folgen des Sanierungszwangs versucht Skrypietz potenziellen Betroffenen mithilfe eines Vergleichs zu nehmen: „Die einmaligen Ausgaben für eine solche Dachdämmung können nach Abzug der Förderung zwar immer noch bei 20.000 bis 30.000 Euro liegen. Aber die Investition in Dämmung lohnt sich durch die Energieeinsparung langfristig ebenso wie etwa ein Aktienfonds.“
Wer das Geld nicht frei verfügbar habe, könne „einen Sanierungskredit aufnehmen und diesen allein mit den jährlichen Einsparungen abbezahlen“.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion