So viel Planwirtschaft steckt im Klimapaket

Das „Klimaschutzpaket“ der Bundesregierung bewirkt in vielen Lebensbereichen eine drastische Ausweitung staatlicher Regulierung und die deutliche Einschränkung freier Preisbildung. Immerhin hält man von Symbolpolitik wie dem „Veggie Day“ Abstand.
Titelbild
Autowracks - in Alaska. Bald auch in Deutschland?Foto: iStock
Von 9. Oktober 2019

Am heutigen Mittwoch (9.10.) hat die Bundesregierung das bereits vor knapp drei Wochen angekündigte „Klimaschutzgesetz“ sowie das 180 Seiten umfassende „Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050“ auf den Weg gebracht. Mit diesem soll ein verbindlicher und konkreter Fahrplan zur Verringerung des Ausstoßes von Kohlendioxid umgesetzt werden.

Bundesministerien stehen damit in der Pflicht, die Einhaltung der Ziele sicherzustellen, die sich unter anderem auf Bereiche wie Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft oder Abfallwirtschaft erstrecken. Wie das „Handelsblatt“ berichtet, sollen weitere Gesetze genauere Details regeln. Diese sollen im Laufe der kommenden Woche auf den Weg gebracht werden.

Tragende Rolle

Um die Einhaltung der Jahresemissionsziele sicherzustellen, sollen unabhängige Experten-Kommissionen die Ministerien in ihrer Arbeit unterstützen, die unter anderem jeweils im Frühjahr eine Bewertung der vom Umweltbundesamt für das Vorjahr gelieferten Emissionsdaten vornehmen sollen. Im Fall drohender oder bereits festgestellter Überschreitungen temporärer oder sektoraler Ziele sollen sie notfalls auch Sofortmaßnahmen für die kommenden Jahre veranlassen können. Überschreitungen in einzelnen Sektoren seien in Summe durch Einsparungen in anderen auszugleichen.

Im Jahr 2025 darf die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestages „für weitere Zeiträume nach dem Jahr 2030 jährlich absinkende Emissionsmengen“ definieren.

Zu den konkreten Schritten in Richtung der „Klimaschutzziele“ gehört unter anderen die Festsetzung eines CO2-Preises auf Treibstoffe, Heizöl und Gas. Dieser soll 2021 bei zehn Euro pro Tonne beginnen und bis 2025 auf 35 Euro ansteigen. Dies würde einem Preisaufschlag pro Liter Sprit von zu Beginn drei Cent bis etwa 12 Cent am Ende des Zeitraums entsprechen. Anschließend soll dieses System in den europäischen Handel mit CO2-Emissionsrechten überführt werden.

Bahn darf sich über Milliarden freuen

Im Bereich des Verkehrswesens soll ab 2021 die Kfz-Steuer für Autos mit höherem CO2-Ausstoß steigen, um Kaufprämien für E-Autos unter 40 000 Euro ausweiten zu können. Dienstwagen dieser Klasse sollen mit einer Steuer von nur noch 0,25 Prozent belastet werden. Demgegenüber soll ab 2023 die Lkw-Maut stärker am CO2-Ausstoß ausgerichtet und bezogen auf jetzige Lkw verdoppelt werden.

Die Regierung will außerdem in weitreichender Weise in Schienen- sowie Flugverkehr eingreifen. Dabei beschenkt sich der Staat auch selbst, indem der nach wie vor im öffentlichen Besitz befindlichen Deutschen Bahn bis 2030 jährlich ein Zuschuss von einer Milliarde Euro gewährt wird. Diese sollen unter anderem helfen, die Stärkung des Schienenpersonenverkehrs ebenso wie die attraktivere Gestaltung der Güterbeförderung mit der Bahn zu gewährleisten. Die Umsatzsteuer für Fernreisen mit der Bahn soll auf sieben Prozent sinken.

Gegenfinanzieren will man diese Maßnahme durch eine Anhebung der Luftverkehrsteuer. Zudem soll den „Billigflügen“ und dem Inlandsverkehr in der Luftfahrt der Kampf angesagt werden. Dies soll ebenfalls durch staatliche Mindesttarife gewährleistet werden, damit die Preise mindestens so hoch würden wie Gebühren, Steuern und andere Entgelte. Dieser Teil des Pakets muss jedoch noch durch die Verabschiedung eines eigenen Gesetzesentwurfes abgesegnet werden.

Entlastungseffekt bleibt vernachlässigbar

Immerhin versucht die Bundesregierung in ihrem – von Grünen und „Klimaaktivisten“ als zu wenig weitreichend kritisierten – Paket auch den einen oder anderen Entlastungseffekt zu Gunsten der Normalverdiener einzubauen. So soll die derzeit den Strompreis erheblich verteuernde EEG-Umlage ab 2021 um 0,25 Cent pro Kilowattstunde sinken – 2023 dann sogar um 0,625 Cent. Auch soll es Hilfen für Geringverdiener und Hartz-IV-Haushalte über Wohngeld oder Ausgleichszahlungen geben. Der Entlastungseffekt für Normalverdiener ist jedoch gering, schreibt das „Handelsblatt“:

Ein Durchschnittshaushalt muss im Jahr für die EEG-Umlage gut 200 Euro aufbringen. Die Entlastung würde 2023 also nicht einmal 30 Euro betragen.“

Ab 2026 dürfen zudem Ölheizungen nicht mehr in Gebäude eingebaut werden. Gleichzeitig soll der Austausch bestehender emissionsintensiver alter Heizungen mit bis zu 40 Prozent gefördert werden. Gleiches gilt für Maßnahmen zu Dämmung und Sanierung – auch Teilsanierungen wie solche an Dach oder Fenstern.

Weitere Maßnahmen betreffen die Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien. Windräder sollen künftig nur noch im Mindestabstand von 1000 Metern von Siedlungen aufgestellt werden. Länder können diesbezüglich Öffnungsklauseln nutzen und geringere Abstände erlauben, Kommunen an den finanziellen Erlösen der Windparks beteiligt werden. Inwieweit die neuen Abstandsgebote im Gegenzug die Entwaldung zugunsten von Windparks beschränken werden, steht in den Sternen.

„Stärkung der Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung“

Immerhin stellt die Bundesregierung in ihrem Konzept fest, dass die Politik „gesellschaftliche Veränderungen nicht erzwingen kann und darf“ – man will aber „durch gezielte Maßnahmen erforderliche Voraussetzungen schaffen und die Dynamik anreizen“. Auch etwa im Bereich der Ernährung, deren „Anteil an den Treibhausgasemissionen in Deutschland in der Größenordnung zwischen 15 und 20 Prozent“ und damit „vergleichbar mit den Emissionen des Verkehrssektors“ sei. Allerdings seien „die Minderungspotenziale in beiden Bereichen unterschiedlich zu beurteilen“.

Deshalb will man beispielsweise auch ab 2020 ein „Programm zur Stärkung der Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung“ ins Leben rufen, das die „Nachhaltigkeitskriterien (Mindeststandards) für das Speiseangebot von Kantinen der Bundesverwaltung auf Basis der bereits verpflichtend eingeführten DGE-Qualitätsstandards“ stärker zur Geltung bringen will.

Wege dazu sollen die optionale Kennzeichnung der Klimawirkung auf den Speiseplänen von Kantinen der Bundesverwaltung sein, ebenso wie die „Angebotsvielfalt und die Attraktivität pflanzenbetonter (vegetarisch/vegan) bzw. CO2-reduzierter Gerichte“, ebenso der Anteil an Produkten aus ökologischer Landwirtschaft. Dies gilt jedoch „ausdrücklich unter Beibehaltung der Auswahloption von Gerichten mit Fleischanteilen an allen Werktagen“. Auch solche Bestimmungen dürften den Eifer der „Klimaaktivisten“ auf den Straßen weiter anstacheln, denen das Klimaschutzprogramm immer noch deutlich zu wenig Staat und deutlich zu wenig Zwang aufweist.



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