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Missbrauchsskandal

„Eklatante Missstände“ beim Thema Missbrauch im Bistum Hildesheim

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Der Hildesheimer Dom. Symbolbild.

Foto: iStock

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Lesedauer: 3 Min.

Eine unabhängige Expertenkommission hat dem Bistum Hildesheim „eklatante Missstände im Umgang mit sexualisierter Gewalt“ in früheren Jahrzehnten bescheinigt.
Wie das niedersächsische Bistum am Dienstag mitteilte, gab es demnach während der Amtszeit des verstorbenen Bischofs Heinrich Maria Janssen von 1957 bis 1982 „keine Schutzmaßnahmen“ zum Schutz von Opfern. Die Straftaten von Priestern des Bistums seien „verschwiegen und vertuscht“ worden.
Missbrauchsvorwürfe gibt es seit längerem auch gegen den 1988 verstorbenen Janssen persönlich. Sie wurden 2015 und 2018 von zwei Betroffenen erhoben. Die Kommission fand dafür nach Angaben des Bistums aber „keine weiteren, zusätzlichen Hinweise“.
Geleitet wurde die Gruppe von der ehemaligen niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne). Das Bistum kündigte an, Aufarbeitung und Präventionsarbeit weiter auszubauen.

Beleg für ein „Systemversagen“

Nach Erkenntnissen der Kommission konzentrierte sich die Kirche im untersuchten Zeitraum auf den Schutz von Tätern und verweigerte den Betroffenen jegliche Hilfsangebote. In der Amtszeit Janssens habe es anscheinend „massives Unrecht gegenüber Minderjährigen in katholischen Heimeinrichtungen im Bistum Hildesheim“ gegeben, ohne dass der Bischof eingegriffen habe.
Es gebe insbesondere aus einem Heim Berichte über physische, psychische und sexualisierte Gewalt. Auch die Führung der Personalakten sei äußerst mangelhaft.
Bischof Heiner Wilmer bezeichnete die Ergebnisse der insgesamt rund 400 Seiten umfassenden Studie am Dienstag als Beleg für ein „Systemversagen“. Der Bericht zeige, dass die damalige Leitung des Bistums bei Verbrechen weggeschaut habe. „Es ging vor allem um den Schutz der Institution und der Priester – die Geschädigten tauchten nicht auf, Priester als Täter wurden verschont“, erklärte Wilmer.

Krise der katholischen Kirche

Zugleich kündigte der Bischof den Aufbau einer neuen Stabsstelle für die Aufarbeitung und Vorbeugung sexualisierter Gewalt an, in der die bereits vorhandenen Anlaufstellen und Expertise innerhalb des Bistums gebündelt werden sollten.
Die neue Stabsstelle soll unter anderem auch eng mit einer überregionalen Aufarbeitungskommission und einem Betroffenenrat zusammenarbeiten, der gemeinsam mit den Bistümern in Hamburg und Osnabrück geschaffen werden soll.
Die katholische Kirche in Deutschland wird seit Jahren von einer Krise um sexuellen Missbrauch in ihren Einrichtungen und eine jahrzehntelange systematische Vertuschung dieser Verbrechen erschüttert.
Die Vorgänge betreffen diverse Bistümer und führen immer wieder zu neuen Skandalen, welche die Kirche in einer ohnehin schwierigen Zeit der Richtungssuche zusätzlich belasten. Die Zahl der Kirchenaustritte ist hoch. Im vergangenen Jahr verlor die katholische Kirche in Deutschland nach eigenen Angaben rund 221.000 Mitglieder.  (afp/dl)

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