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Ein Podcast ist keine Regierungserklärung – Politikerstimmen zum Corona-Appell der Kanzlerin

„Ein Podcast ersetzt nicht die Debatte im Bundestag, wenn es um Grundrechte geht“ kritisiert FDP-Chef Lindner die Ansage von Kanzlerin Merkel. Sie müsse eine Regierungserklärung abgeben, wenn sie so eine Dramatik im Corona-Geschehen sehe. Beifall bekommt die Kanzlerin hingegen von Bayerns Ministerpräsidenten Söder.

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Vor einem Supermarkt in Kehl stehen die Menschen am 15. Oktober 2020 an der deutsch-französischen Grenze Schlange, bevor irgendwelche Beschränkungen verhängt werden.

Foto: FREDERICK FLORIN/AFP über Getty Images

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Lesedauer: 4 Min.

Unterstützung für ihren Appell bekam die CDU-Politikerin von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder. Der CSU-Chef sagte „Bild am Sonntag“: „Die Lage ist ernst. Wenn wir nicht rasch gegensteuern, gerät Corona außer Kontrolle. Wer zögert, riskiert einen zweiten Lockdown. Nie waren Umsicht, Vorsicht und Solidarität so wichtig wie jetzt.“
Kritik kam hingegen von FDP-Chef Christian Lindner, er sagte dem Blatt:
„Wenn die Bundeskanzlerin eine solche Dramatik sieht, muss sie umgehend eine Regierungserklärung abgeben. Ein Podcast ersetzt nicht die Debatte im Bundestag, wenn es um Grundrechte geht.“

SPD: Aufruf an jüngere Generation zu mehr Solidarität

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans rief die jüngere Generation zu mehr Umsicht und Solidarität auf. „Da müssen wir dieser Generation, die in unserer Gesellschaft in vielen ethischen Fragen wie Klimaschutz oder internationale Konflikte ein wichtiger Mahner ist, ganz unmissverständlich sagen: Es geht auch hier nicht nur um Euch, sondern Ihr gefährdet mit Eurem Verhalten auch andere, besonders die Schwächeren“, sagte Walter-Borjans dem „Spiegel“.
Er betonte zugleich, man solle „nicht einer ganzen Generation schlechten Charakter unterstellen“.

Kretschmer fordert mehr Unterstützung durch die Bundeswehr

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer fordert eine stärkere Unterstützung durch die Bundeswehr in den Gesundheitsämtern. „Wir sind in der exponentiellen Phase“, sagte der CDU-Politiker der „Bild am Sonntag“. „Wir müssen damit rechnen, dass sich die Zahl der Neuinfektionen im Drei- oder Vier-Tages-Rhythmus verdoppelt. Das bringt die Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Kontakten positiv getesteter Fälle an ihre Grenzen und wir können die Infektionsketten nicht mehr unterbrechen.“
Laut Kretschmer müssen die Gesundheitsämter dringend personell aufgerüstet werden. „Da muss die Bundeswehr stärker eingebunden und Mitarbeiter aus den Landesministerien abgeordnet werden. Die Polizei muss den Ordnungsämtern bei der Kontrolle der Maßnahmen helfen.“

Lauterbach: Es kommt darauf an, wie sich die Bevölkerung verhält

Nach Einschätzung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach könne nur die Bevölkerung einen erneuten Lockdown noch abwenden. „Es wird darauf ankommen, wie sich die Bevölkerung verhält. Das ist wichtiger als einzelne Maßnahmen“, sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Sonntag. Viele staatliche Corona-Auflagen ließen sich ohnehin schwer überprüfen. Die Frage sei, ob es gelinge, einen ausreichend großen Teil der Bevölkerung davon zu überzeugen, ihre Kontakte einzuschränken.
Bei einer weiterhin so schnellen Ausbreitung von COVID-19 rechnet Lauterbach mit lokalen Shutdowns in Deutschland. „Es ist ganz simpel. Der R-Wert liegt bei etwa 1,3. Wenn wir den nicht runter bekommen, steigen die täglichen Fallzahlen innerhalb kürzester Zeit so stark an, dass die Kliniken und Gesundheitsämter überlaufen werden. Dann kommen lokale Shutdowns.“ Die auch R-Wert genannte Reproduktionszahl gibt an, wie viele weitere Menschen ein Infizierter ansteckt. Laut Lagebericht des Robert Koch-Instituts von Samstagabend lag der R-Wert bei 1,4.

Steinmeier in Quarantäne

Mehr als zwei Drittel der Deutschen sind einer Umfrage zufolge mit dem Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung tendenziell zufrieden. 68 Prozent der Befragten beurteilten die Führung in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag von „Bild am Sonntag“ als „eher gut“. Für 27 Prozent ist sie „eher schlecht“. 4 Prozent antworteten mit „weiß nicht“.
Am Samstag hatte das Bundespräsidialamt mitgeteilt, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sich in Quarantäne begeben habe. Einer seiner Bodyguards hatte ein positives Testergebnis. Ein erster Corona-Test bei dem Staatsoberhaupt fiel negativ aus. Steinmeier bleibe selbstverständlich weiter in Quarantäne, derzeit befinde er sich in seiner Dienstvilla in Berlin-Dahlem, hieß es. In den kommenden Tagen soll Steinmeier erneut getestet werden.
Am frühen Sonntagmorgen meldete das Robert Koch-Institut 5587 neue Positivtests in Deutschland, eine Woche zuvor waren es 3483. Am Samstag war mit 7830 zum dritten Mal in Folge einen Höchstwert erreicht worden. (afp/dpa)

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