Die ewige Rassismus-Debatte: Bundesregierung streitet über „Racial Profiling“
Die Bundesregierung hat unterschiedliche Auffassungen zur Tragweite des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Münster gegen die Bundespolizei und zur vermeintlich gängigen Polizei-Praxis des sogenannten „Racial Profiling“ bei Personenkontrollen durch Polizeibeamte.
Das Bundesinnenministerium (BMI), oberste Aufsichtsbehörde über die Bundespolizei, verwahrt sich in „Bild“ (Donnerstagausgabe) gegen den Vorwurf des Rassismus gegen Beamte, die für Personenkontrollen auch die ethnische Herkunft einer Person als Auslöser in Betracht ziehen.
Stephan Mayer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im BMI, sagte der Zeitung: „Der Vorwurf, Bundespolizisten, die Afrikaner kontrollieren, seien rassistisch, ist vollkommen haltlos und abwegig. Hier herrscht keine Willkür, denn die Bundespolizei führt Personenkontrollen stets professionell, gewissenhaft und ausschließlich anlass- und lagebezogen durch. Das bedeutet: Für die Kontrollen gibt es aufgrund von Daten, Fakten und internen Lagebildern immer eine sachliche Rechtfertigung.“
Anders sieht das Thema aber das Bundesjustizministerium (BMJV). Staatssekretärin Christiane Wirtz (SPD) sagte der „Bild“: „Nicht die Hautfarbe, sondern nur ein konkreter Verdachtsfall darf der Grund für eine polizeiliche Kontrolle sein.“
Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte am Montag geurteilt, dass die Kontrolle eines Mannes durch die Bundespolizei im November 2013 wegen der Hautfarbe der Person rechtswidrig war. Denn eine solche Maßnahme sei „mit dem Grundgesetz nicht vereinbar“ und im Ergebnis für Betroffene diskriminierend. Das Urteil löste jetzt eine breite Debatte über das Thema aus.
Der im Senegal geborene SPD-Politiker und Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby sagte der „Bild“: „Fakt ist: Die Polizisten haben rechtswidrig gehandelt. Wir müssen das Polizeigesetz ändern, um diskriminierende Personenkontrollen zu stoppen. Wenn Verfahrensweisen diskriminierende Auswirkungen haben, müssen wir diese überwinden.“
Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Grünen und Polizistin, sagte: „Kontrollen müssen entweder alle gleich betreffen oder einen konkreten sachlichen Grund haben. Allein wegen einer bestimmten Hautfarbe zu kontrollieren ist unzulässig und auch nicht sinnvoll.“ Rechtsexperte Niema Movassat (Linke) sagte der „Bild“: „Die Polizei muss jetzt aufhören, jemanden wegen seiner Hautfarbe zu kontrollieren. Das verbietet auch unser Grundgesetz, weil es diskriminierend ist.“
Maria Scharlau, Expertin für Polizei und Menschenrechte bei Amnesty International, sagte derselben Zeitung: „Jede polizeiliche Kontrolle muss sich am konkreten verdächtigen Verhalten einer Person orientieren – unabhängig von ihrem Aussehen. Sein Verhalten kann jeder Mensch selbst beeinflussen – das Aussehen nicht.“ (dts)
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