Deutschen Pass „verramschen“? Faeser kritisiert „Stimmungsmache“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt in der Diskussion um das Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland vor Ressentiments. Es habe viele Menschen „tief verletzt“, dass die Debatten in der Vergangenheit häufig von „Stimmungsmache“ geprägt gewesen seien, schrieb Faeser in einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“.
Deutschland sei ein „vielfältiges Einwanderungsland“ – und das seit den 60er Jahren, sagte Faeser.
Und diese Realität wollen wir abbilden in einem der modernsten Staatsangehörigkeitsrechte, die wir je hatten.“
Mit der neuen Reform sollen auch Anreize für Integration geschaffen werden.
Die Innenministerin verteidigte die ebenfalls geplante Möglichkeit, mehrere Staatsbürgerschaften zu erlangen. Die bisherige Praxis würde die Einbürgerung von vielen Menschen verhindern, die seit Jahrzehnten in Deutschland lebten und hier zu Hause seien. Viele Migranten fühlten sich zwar als Deutsche, doch wollten sie den Bezug zu ihrem Herkunftsland nicht komplett kappen. Es sei deshalb „falsch, Menschen dazu zu zwingen, ihre alte Staatsangehörigkeit aufzugeben, wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen wollen“, so Faeser weiter.
Scholz für Reform
SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass Ausländer in Deutschland leichter eine deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können. Statt wie bislang nach acht Jahren soll dies künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland möglich sein.
Für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration sollen die Hürden für die Einbürgerung gesenkt werden. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sollen zudem automatisch Deutsche werden, wenn ein Elternteil bereits seit fünf Jahren „seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt“ in Deutschland hat. Die Einbürgerungsreform hat in den vergangenen Tagen heftige Debatten ausgelöst.
Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, dass Deutschland solche Regelungen brauche. Die Frauen und Männer und auch manchmal Kinder, die in den vergangenen Jahrzehnten nach Deutschland gekommen seien, hätten „sehr dazu beigetragen, dass unsere Wirtschaft so stark ist, wie sie heute ist“, sagte der Bundeskanzler in seinem wöchentlichen Internet-Format „Kanzler kompakt“. Manche dieser Menschen lebten schon „sehr, sehr lange“ in Deutschland und hätten Kinder und Enkel. Deshalb sei es „sehr gut“, wenn sie sich dafür entschieden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben.
Integrationsbeauftragte verteidigt Staatsbürgerschaftsrecht
Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, verteidigte die Pläne. „Wir wollen ein modernes Einwanderungsland gestalten. Dazu gehört, dass wir schneller, besser und mehr einbürgern“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Alabali-Radivan verwies in diesem Zusammenhang auf „Fach- und Arbeitskräfte, die gerne zu uns kommen und bleiben“. An die Adresse der Kritiker aus der Unionsfraktion fügte sie hinzu: „Tun wir das nicht, verramschen wir unsere Wirtschaftskraft und unseren Wohlstand, liebe Union.“
Damit spielte die SPD-Politikerin auf CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an. Die Union hatte in den vergangenen Tagen massive Kritik an den Reformplänen geübt. So sagte Dobrindt zu „Bild“:
Die deutsche Staatsbürgerschaft zu verramschen, fördert nicht die Integration, sondern bezweckt geradezu das Gegenteil und wird zusätzliche Pulleffekte bei der illegalen Migration auslösen“.
CDU-Chef Friedrich Merz sprach von einer Einwanderung in die Sozialsysteme. Die deutsche Staatsbürgerschaft sei „etwas sehr Wertvolles“. Doppelte Staatsbürgerschaften sollten „nicht der Regelfall, sondern der Ausnahmefall sein“, sagte der CDU-Politiker.
Das Arbeitsmarkt-Argument ließ Merz nicht gelten. Einwanderung in den Arbeitsmarkt sei bereits in den vergangenen Jahren ermöglicht worden. Bei den geplanten kürzeren Fristen bei der Einbürgerung verwies der CDU-Chef auch auf andere Länder. Diese stellten zudem „viel höhere Ansprüche an die Einbürgerung und die Einwanderung“. Für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts sieht Merz keinen Bedarf.
FDP auf Konfrontationskurs
Heftiger Streit ist auch innerhalb der Koalition entbrannt. Die FDP stellt sich gegen eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts und geht damit auf Konfrontationskurs zu den Ampel-Partnern SPD und Grünen. „Eine Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft wird es mit der FDP nicht geben“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der „Rheinischen Post“. „Das ist hart, aber notwendig.“
Jetzt sei nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts.
Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration.“
So hätten die zuständigen Ressorts es noch nicht einmal geschafft, den dafür von der Koalition geplanten Sonderbeauftragten zu benennen. Die Ampel dürfe daher „den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen“, sagte der FDP-Politiker. Zudem sei die Verleihung der Staatsangehörigkeit „das Ergebnis einer gelungenen Integration in die deutsche Gesellschaft“. Sie dürfe nicht „am Anfang des Integrationsprozesses stehen“, so Djir-Sarai. (dl)
(Mit Material von Nachrichtenagenturen)
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