Der Strompreis fällt wegen der Corona-Krise – aber nicht für alle – Keine Entlastung der Verbraucher
Energieversorger können wegen der Corona-Krise deutlich billiger an der Strombörse einkaufen - doch die sinkenden Preise führen bei den Verbrauchern nicht zu niedrigeren Stromrechnungen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Stromkosten nur zu weniger als einem Viertel aus den Erzeugungskosten resultieren.

Das hochmoderne Kohlekraftwerk Datteln 4 ist das einzige neue Kohlekraftwerk in ganz Westeuropa. Die Erzeuger bieten Strom derzeit sehr billig an. Verbraucher merken davon wegen hoher Steuern und Abgaben im Namen des Klimas nichts.
Foto: Lukas Schulze/Getty Images
Die Corona-Krise hat weite Teile der deutschen Industrie zum Stillstand gebracht. Die Folge sind sinkender Energieverbrauch und fallende Preise an der Strombörse. Energieversorger kommen derzeit im Großhandel also billig an Strom. Dennoch können sich Verbraucher nicht auf niedrigere Stromrechnungen freuen. Ein Überblick.
Entwicklung des Stromverbrauchs in der Corona-Krise
Erste allgemeine Analysen zeigten, dass die Pandemie zumindest bei den kommunalen Anbietern bisher nur zu einem geringen Rückgang des Stromverbrauchs geführt habe, erklärt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), Michael Wübbels, am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Zugleich betont er: „Wir gehen davon aus, dass sich diese Tendenz in nächster Zeit spürbarer ändern wird.“
Eine der wesentlichen Ursachen dafür sei, dass die Industrieproduktion etwa im Bereich der Automobilindustrie rückgängig und der Bereich Gewerbe, Dienstleitungen und Handel von der aktuellen Lage erheblich betroffen ist.
Preise an der Strombörse fallen
Die Großhandelspreise für Strom reagierten nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bereits deutlich auf die Corona-Krise. Die Preise gingen demnach stark zurück, lediglich zum Wochenende hätten sie sich zwischenzeitlich geringfügig erholt. Seit Beginn dieser Woche sei allerdings ein weiterer Preisrückgang zu verzeichnen.
Bis Montag sanken die Preise für Standardstrom mit Liefermonat April den Angaben zufolge um fast 40 Prozent im Vergleich zur zweiten Märzwoche, also vor den massiven Einschnitten im öffentlichen Leben. Für den Liefermonat Mai belaufe sich der Rückgang noch auf gut 30 Prozent.
Der Preiseinbruch an der Strombörse EEX ist zunächst ein Vorteil für Energieversorger: Sie können günstiger Strom einkaufen. Eine Hochrechnung des Vergleichsportals Verivox ergibt, dass die Energieversorger für Lieferungen im nächsten Jahr rund elf Prozent weniger als in diesem Jahr bezahlen könnten.
Endpreise für Verbraucher fallen trotzdem nicht
Kurzfristige starke Preisschwankungen an den Strombörsen wie derzeit wegen der Corona-Krise haben laut BDEW zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Strompreise für die Endkunden. Grund ist die Einkaufsstrategie der Energieversorger, die das Risiko stark schwankender Beschaffungskosten minimieren wollen. Die Versorger beziehen laut BDEW den größten Teil ihres Stroms über langfristige Verträge mit bereits im Voraus festgelegten Preisen. Zudem beschafften sehr viele Versorger den benötigten Strom in Teilmengen und Schritt für Schritt zu verschiedenen Zeitpunkten.
Die Strategie der Versorger glätte also die Entwicklungen an den Energiebörsen. Deshalb sinke der Anteil der Beschaffungskosten am gesamten Strompreis nicht im gleichen Umfang, wenn die Börsenpreise fallen. Umgekehrt steige dieser Strompreis-Bestandteil nicht in gleichem Umfang, wenn die Preise an der Börse deutlich steigen.
Hauptprofiteur der hohen Strompreise ist der deutsche Staat mit EEG-Umlagen, Steuern und Zusatzabgaben auf CO2 und ähnliches
Die Beschaffungskosten für Strom machen laut BDEW nur gut ein Viertel des Strompreises aus, den Verbraucher auf ihrer jährlichen Rechnung sehen. 52 Prozent des Strompreises hingegen seien staatlich verursacht, durch Steuern, Abgaben und Umlagen. Diese Belastungen seien seit dem Jahr 2010 um rund 70 Prozent gestiegen. Die Kosten für Beschaffung, Netzentgelt und Vertrieb des Stroms seien im selben Zeitraum nur um sechs Prozent gestiegen.
Laut Verivox bezahlt ein Drei-bis Vier-Personen-Haushalt in Deutschland mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden derzeit durchschnittlich rund 1206 Euro für Strom. Der Anteil der Energieversorger daran betrage im Bundesschnitt rund 265 Euro. 652 Euro entfallen auf Steuern, Abgaben und Umlagen. Die Kosten für Stromnetz und Zähler machen 289 Euro aus.
Selbst wenn alle Energieversorger im kommenden Jahr ihren gesamten Strom entsprechend der Hochrechnung von Verivox um elf Prozent günstiger einkaufen und diesen Preisvorteil vollständig an die privaten Kunden weitergeben, würde der durchschnittliche Endpreis für private Verbraucher dadurch um weniger als drei Prozent günstiger.(afp)
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