Der Mohr im Brennpunkt: Eisenberger „Mohrenfest“ in Kritik
Sarotti-Mohr, Mohrenstraße und jetzt das Mohrenfest. Immer wieder gerät der Mohr in die Schlagzeilen. In einem offenen Brief kritisierte die „Initiative Schwarzer Menschen“ in Deutschland (ISD) am Dienstag den Namen des diesjährigen Eisenberger „Mohrenfestes“, das noch bis Sonntag stattfindet.
Über die gesamte Innenstadt verteilt, vom Steinweg, über Marktplatz, Schloss und Schlossgarten bis zum Scheithof gibt es zum Festwochenende zahlreiche Kulturangebote auf mehreren Bühnen. Die Altstadt mit dem gesamten Schlossareal wird zu einer großen Festmeile“, heißt es auf der Seite des Veranstalters.
Bereits Ende Februar wurden die ersten Vorbereitungen zum „Mohrenfest“ getroffen. Umso mehr verwunderte es Bürgermeister Michael Kieslich (CDU), dass der Thüringer Landesverband der ISD sich erst jetzt mit Kritik an die Stadt wendet. Aufgrund einer fehlerhaften E-Mail-Adresse erlangte Kieslich sogar nur über Umwege Kenntnis von dem offenen Brief, so die „OTZ“.
Neuer Name sorgt für Kritik – Stadtfest in Thüringen nun „Mohrenfest“ https://t.co/5FqmBsh7qs pic.twitter.com/yz3CkoMnPJ
— City Report – pnr24 (@CityReport) May 23, 2019
Der Initiative passt der neuen Namen des Eisenberger Stadtfestes nicht. Das in diesem Jahr erstmals stattfindende „Mohrenfest“ sowie das Mohren-Denkmal – das Wahrzeichen der Stadt – würden „in Namen und Darstellung nur so strotzen vor kolonialen, rassistischen Stereotypen und Klischees“.
Nach Ansicht der ISD solle sich die Stadt Eisenberg kritisch mit ihrer Geschichte auseinandersetzen. Doch stattdessen „will die Stadt Eisenberg auch noch im Jahr 2019 diese Sage und damit Rassismus, Kolonialgeschichte und Geschichtsklitterung zelebrieren“, heißt es laut „OTZ“ in dem Schreiben.
Der Bürgermeister sieht keinen Grund zur Namensänderung. Schließlich ist der „Eisenberger Mohr“ sogar Bestandteil des Stadtwappens. Zu Gespräche mit der ISD sei Kieslich bereit.
Auch die Eisenberger Einwohner halten an ihrem Mohren fest. In einem Beitrag von Antenne Thüringen vom 23. Mai sagte ein Mann:
Eisenberg ist die Mohrenstadt, schon immer…Ansonsten müsste man auch die Mohrenapotheke abschaffen und die Gaststätte ‚Zum Mohren‘ umbenennen. Das ist alles Quatsch. Deswegen sind wir in Eisenberg keine Rassisten.“
Der Mohr gehöre zur Stadt, meint auch eine geschichtskundige Einwohnerin. Schließlich handele es sich bei dem Mohren um den heiligen Mauritius, der im dritten Jahrhundert gelebt hat. Er wäre Anführer einer römischen Elitetruppe gewesen und hat sich für die Christen, die damals verfolgt wurden, eingesetzt.
Wie der Mohr nach Eisenberg kam
In der Mohrensage heißt es:
„Vor vielen hundert Jahren, als noch die Grafen von Eisenberg in dem alten Schlosse hausten, hatte sich einer dieser Grafen von einem Kreuzzuge nach dem Heillgen Lande nach der Sitte der damaligen Zeiten einen Mohren als Diener mitgebracht. Wegen ihrer Treue waren die Mohren hoch geschätzt. Lange Zeit hatte er nun auch dem Grafen treu und ehrlich gedient, als eines Tages dessen Gemahlin ihre kostbare, goldene Kette vermisste und trotz allen Suchens nicht wiederfinden konnte. Von den gräflichen Dienern war an dem Tag, an dem die Kette verloren ging, nur der Mohr um die Gräfin und in deren Zimmer gewesen. Auf diesen fiel daher sogleich der Verdacht, die verschwundene Kette entwendet zu haben. Auf der Stelle wurde er verhört, gefangengenommen und obwohl er unter Tränen und Flehen seine Unschuld beteuerte, zum Tode verurteilt. Die Vollziehung des Urteils wurde noch auf denselbigen Nachmittag festgesetzt.
Als die Stunde der Enthauptung des sonst treuen und ergebenen Dieners herannahte und viel Volk sich vor dem Palaste versammelte, um den armen Sünder sterben zu sehen, ward es der Gräfin ängstlich und schwer ums Herz. Sie zog sich allein in ihr Gemach zurück und suchte ihr klopfendes Herz zu beruhigen. Da fiel ihr Auge auf das schwere Gebetbuch, das dort am Fenster auf dem kleinen kunstvoll geschnitzten Betschemel lag. Sie kniete nieder und löste hastig die schweren Goldspangen, die das Buch geschlossen hielten und jetzt mit scharfem Geräusch aufsprangen. Da, wie sie einige Blätter umgeschlagen hatte, klirrte es plötzlich, und aus den Blättern heraus fiel ihr zu Füßen die verlorene Kette. Entsetzt fuhr sie empor. Der Mohr war also doch nicht ein Dieb, er war unschuldig, und unschuldig sollte er gerade jetzt sein Leben um ihretwillen hingeben. Rasch stürzte sie davon und entsandte die wenigen im Palast gebliebenen Diener nach dem Richtplatz. Es war noch nicht zu spät gewesen.
Der Graf schenkte dem Mohren die Freiheit. Um aber seine grundlos geschändete Ehre wiederherzustellen, nahm der Graf den Kopf des Mohren mit der Binde über den Augen in sein Wappen auf. Zur ewigen Erinnerung an die berichtete Geschichte stellten später die braven Väter der Stadt im Jahre 1727 dem armen Mohren über ihrem ältesten Brunnen ein steinern Standbild auf: das Wahrzeichen der Stadt Eisenberg.“ (sua)
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