Corona-Impfung
Debatte über Grundrechte-Einschränkungen für Corona-Geimpfte

Menschen stehen Schlange, um den Covid-19-Impfstoff vor dem Impfzentrum Arena Berlin zu erhalten, am ersten Tag des bundesweiten Starts der Covid-19-Impfungen während der zweiten Welle der Coronavirus-Pandemie am 27. Dezember 2020 in Berlin, Deutschland.
Foto: Omer Messinger/Getty Images
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat sich gegen eine Vorzugsbehandlung von Menschen ausgesprochen, die gegen das Coronavirus geimpft wurden.
„Eine Vorzugsbehandlung für Geimpfte birgt die Gefahr der Spaltung der Gesellschaft. Zwischen bereits Geimpfte und nicht Geimpfte dürfen wir keinen Keil treiben“, sagte der CDU-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). Das Tempo bei der Impfstoffentwicklung sei „absolut beeindruckend“, daher gebe es Hoffnung, dass es bei der Produktion noch schneller gehen werde als erwartet.
„Jetzt ist jedenfalls nicht der richtige Zeitpunkt, um über Privilegien für die ersten Geimpften zu streiten, dazu wissen wir noch zu wenig über Dauer und Umfang der Impfwirkung.“
Merz will Corona-Geimpften mehr Freiheitsrechte einräumen
Der für den CDU-Vorsitz kandidierende Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz will Corona-Geimpften hingegen mehr Freiheitsrechte einräumen. „Grundrechte sind Individualrechte, aber keine kollektiven Rechte, die der Staat bei Bedarf allen entzieht und nur allen gleichzeitig zurückgewährt, wenn es die Lage wieder erlaubt“, sagte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag).
„Man kann deshalb einer immer größer werdenden Bevölkerungsgruppe von Geimpften, Gesunden und Genesenen nicht pauschal die Grundrechte vorenthalten, weil eine immer kleinere Gruppe nach wie vor durch das Virus gefährdet ist.“
Menschen, die sich selbst und andere nicht mehr gefährdeten, mehr Freiheitsrechte zu gewähren, sei daher keine Diskriminierung. Das gehe entweder durch den Nachweis einer Impfung oder einen negativen Corona-Test, meinte Merz. So werde auch eine faktische Impfpflicht ausgeschlossen.
Derzeit noch unklar, inwieweit eine Corona-Impfung vor einer Ansteckung schützt
Norbert Röttgen, der ebenfalls für den CDU-Vorsitz kandidiert, sagte der „Welt“ (Donnerstag): „Natürlich muss man Schlüsse daraus ziehen, wenn jemand andere nicht mehr gefährden kann. Wenn die praktischen Fragen gelöst sind und es für die Einschränkungen keinen sachlichen Grund mehr gibt, dann müssen sie aufgehoben werden.“
Derzeit ist noch unklar, inwieweit eine Corona-Impfung nicht nur vor der Krankheit selbst, sondern mangels Infektionsgefahr durch Geimpfte auch andere Personen vor einer Ansteckung schützt. Der Impfstoffhersteller Biontech erwartet dazu erst im Februar Forschungsergebnisse.
Verfassungsrechtler: Antidiskriminierungsrecht könnte ergänzt werden
Der Verfassungsrechtler Christoph Möllers sagte der „Süddeutschen Zeitung“, dass Privilegien für Geimpfte seiner Einschätzung nach für eine Übergangszeit durch ein Gesetz des Bundestags unterbunden werden könnten. Für einige Monate gebe es hier seiner Ansicht nach einen Spielraum für den Gesetzgeber, um das Antidiskriminierungsrecht zu ergänzen.
Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sagte zuletzt hingegen der „Bild“: „Sobald gesichert ist, dass von Geimpften keine Ansteckungsgefahr mehr ausgeht, gibt es verfassungsrechtlich keine Legitimation mehr, die Betroffenen in ihren Grundrechten weiter zu beschränken.“ (dpa)
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