Corona-Kredite: Druck auf Bundesregierung zur vollen Risikoübernahme durch Steuerzahler wächst
Wegen langsamer Bearbeitung von Anträgen auf Corona-Kredithilfen der staatlichen Förderbank KfW für Unternehmen wächst der Druck auf die Bundesregierung, Kredite zu 100 Prozent abzusichern.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Freien Berufe, Peter Klotzki, sagte mit Blick auf eine Abfrage bei den Landesverbänden, Hausbanken würden durch ihr „defensives Verhalten“ oft zum Nadelöhr. „An dieser Stelle könnte optimiert werden, indem der Staat die Banken zu 100 Prozent von der Haftung freistellt.“
Entsprechende Pläne gibt es in der Bundesregierung. Die KfW trägt bei einem Corona-Sonderkreditpogramm bisher bis zu 90 Prozent des Kreditrisikos. Aus der Wirtschaft waren wiederholt Klagen laut geworden, Kreditprüfungen der Hausbanken seien zu aufwendig und Kredite würden nicht vergeben, weil Firmen in der derzeitigen Krise nicht kreditwürdig seien.
Kreditprüfungen der Hausbanken weiter notwendig
Die Finanzaufsicht Bafin nahm die Banken gegen Kritik in Schutz. „Niemand, auch nicht die Politik, erwartet, dass die Banken nun überhaupt nicht mehr hingucken“, sagte der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Felix Hufeld, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Die Banken sollten Kredite nicht möglichst schnell durchwinken. In dem Maße, wie eine Bank Kreditrisiken eingehe, müsse sie auch ein Mindestmaß an Prüfung vornehmen. Banken und Sparkassen werden überrannt von Anfragen.
Angesichts Hunderttausender geschlossener Geschäfte und weitreichender Produktionsaussetzungen forderte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) die Bundesregierung zu einem weiteren Corona-Kreditpaket auf. Die Wirtschaft sei mittlerweile sehr viel stärker betroffen von der Pandemie als Mitte März, als der Bund sein Corona-Paket beschlossen hatte. „Zudem nehmen mittlerweile die Kettenreaktionen in die Breite der Wirtschaft zu“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer am Sonntag.
Weitere Finanzpakete in Vorbereitung
Nach dpa-Informationen plant die Bundesregierung bereits ein zusätzliches riesiges Programm, das vor allem auf den Mittelstand zielt. Dabei geht es um Verbesserungen bei Laufzeiten und Haftungsfreistellungen für Kredite. Kredite für mittelständische Firmen könnten für eine begrenzte Zeit mit einer 100-prozentigen Staatshaftung abgesichert werden. Der Staat könnte dafür Garantien in einem Gesamtvolumen von bis zu 300 Milliarden Euro übernehmen.
Die Unionsfraktion erwägt zudem weitere Liquiditätshilfen für mittelständische Unternehmen. Die finanzpolitische Sprecherin Antje Tillmann (CDU) sagte der dpa, die Fraktion habe dem Finanzministerium „eine einmalige Sonderregelung für die Gewinnermittlung 2019 vorgeschlagen“. Danach können Unternehmen, die 2020 Verluste machen, diese auch nach heutiger Rechtslage teilweise im Jahr 2019 steuerlich geltend machen. Hierzu müsse bisher der Verlust mit der Steuererklärung 2020 aber erst festgestellt werden.
Schon fast eine Milliarde Euro an Zusagen
Die Nachfrage von Unternehmen nach Corona-Krediten ist ungebrochen hoch. Bis Donnerstag hätte Firmen rund 3200 Anträge mit einem Volumen von rund 11 Milliarden Euro bei der KfW gestellt, teilte das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin auf Anfrage mit. Bisher seien etwa 2700 Anträge mit insgesamt 960 Millionen Euro zugesagt worden.
Seit dem 23. März können Firmen Mittel aus dem KfW-Sonderprogramm bei ihrer Hausbank beantragen. Die staatliche Förderbank – und damit die öffentliche Hand – übernimmt den Großteil des Risikos für den Fall, dass Unternehmer das Geld nicht zurückzahlen können.
„Der Schutzschirm der Bundesregierung enthält bereits gute Instrumente, die krisenmildernde Wirkung entfalten“, betonte DIHK-Präsident Schweitzer. „Es ist aber dringend notwendig, das jetzt weiter zu entwickeln. Für weite Teile der deutschen Wirtschaft ist der aktuelle Stillstand dramatisch.“ Laut einer DIHK-Blitzumfrage sieht sich fast jeder fünf Betrieb bundesweit von einer Pleite bedroht. „Darunter sind Zehntausende bislang kerngesunde mittelständische Unternehmen“, sagte Schweitzer.
Verbraucherschutzverbände gegen Gutscheinlösungen – „Zwangskredite“
Auch für Verbraucher kündigte die Bundesregierung Hilfen an, hier geht es um Ersatz für abgesagte Reisen und Kultur- oder Sportveranstaltungen. Geplant ist eine Gutscheinlösung. „Wir nehmen die Bedenken der Verbraucher sehr ernst. Kein Kunde darf sein Geld verlieren“, sagte der Tourismusbeauftragte Thomas Bareiß (CDU). „Deshalb wollen wir den Wert der Gutscheine staatlich absichern.“ Zuvor hatten Verbraucherschützer das Vorhaben als „Zwangskredite der Verbraucher an die Unternehmen“ abgelehnt und eine Rückzahlung der Reisekosten gefordert. (dpa)
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