„Weitergehende Schutzmaßnahmen“ in Landesvorschriften
Chaos in der bundesweiten Notbremse: Warum es doch keine einheitlichen Regelungen gibt
In der bundesweiten Notbremse wurde die Versammlungsfreiheit von der Ausgangssperre ausgenommen. Die Crux bei der Sache: Die Länder dürfen strengere Regelungen treffen. Das bringt Verwirrung in die vermeintliche Einheit.

«Merkel muss weg» steht auf der Flagge eines Demonstranten beim Protest gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes in Berlin am 21. April (Symbol).
Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa
Die vierte Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sollte als bundesweite Notbremse-Regelung einheitliche Richtlinien für alle Bundesländer schaffen. Die Befugnis, dass die Bundesländer ihre eigenen Regeln erlassen, besteht jedoch auch weiterhin. Der Vergleich zwischen Berlin und Hamburg zeigt, wie unterschiedlich das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit bei einer Inzidenz über 100 ausgeübt werden darf.
Während manche Demonstrationen zum 1. Mai bis nach 22 Uhr hinaus stattfanden, da Versammlungen im Einklang mit dem Infektionsschutzgesetz von der Ausgangssperre in Berlin ausgenommen sind, war das in Hamburg anders.
Wie Pressesprecher Thilo Marxsen von der Hamburger Polizei gegenüber Epoch Times mitteilte, wurden Demonstrationen in Hamburg im Vorfeld verboten, insbesondere weil dort die Ausgangssperre ab 21 Uhr nicht in den Hygienekonzepten berücksichtigt wurde.
„Das Tragen eines Mund-Nasenschutzes, der Abstand und das Einhalten der maximalen Teilnehmerzahl am Versammlungsort helfen allen, ihre Anliegen in die Öffentlichkeit zu bringen, ohne die gute Entwicklung beim Gesundheitsschutz zu gefährden. Bitte halten Sie sich auch an die ab 21:00 Uhr geltende Ausgangsbeschränkung“, heißt es in einer Pressemitteilung der Hamburger Polizei vom 1. Mai.
Laut Polizeiangaben sind Versammlungen in Hamburg mit einer Teilnehmeranzahl bis zu 100 Personen problemlos möglich. Für Versammlungen bis maximal 200 Teilnehmern kann eine Sondergenehmigung beantragt werden. Mehr als 200 Teilnehmer sind grundsätzlich verboten. Derartige Regelungen bestehen beispielsweise in Berlin nicht.
Rechtsanwalt Friedemann Däblitz, spezialisiert auf Versammlungsrecht, erklärte gegenüber Epoch Times, dass die Länder gemäß Paragraf 28b Absatz 5 IfSG „weitergehende Schutzmaßnahmen“ erlassen dürfen. Jedoch müssen derartige Regelungen immer noch im Einklang mit dem Gesetz stehen, so Däblitz weiter.
„Die Berechtigung ist formell enthalten. Die Regelung halte ich in der Pauschalität für rechtswidrig – aber wo kein Kläger, da kein Richter“, stellte der Jurist klar.
Um sich regelkonform zu verhalten, reicht die Kenntnis über Regelungen der Bundesnotbremse folglich nicht aus. Vielmehr müssen sich die Bürger weiterhin über geltende Landesvorschriften informieren. Bußgeldbescheide, die Teilnehmern aufgrund von Versammlungen nach Beginn der Ausgangssperre erteilt werden, hält Däblitz für unhaltbar:
„Dafür müsste eine Gefahr für Leib und Leben bestehen, die bei einer Versammlung unter freiem Himmel auszuschließen ist. Das ergeben die Erkenntnisse der Aerosolforschung.“
Weiteres zum Thema Ausgangssperre und Ansteckung im Freien finden Sie hier: Draußen kaum Ansteckungen: Maskenpflicht im Freien und Ausgangssperre „kontraproduktiv“. (zw)
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