Bundestag stimmt für Solarpaket: Mehr Flächen, Balkonkraftwerke und besondere Anlagen
Der Bundestag hat ein erstes Solarpaket beschlossen, mit dem der Ausbau von Balkonkraftwerken und Photovoltaikanlagen auf Agrarflächen erleichtert werden soll.
Am Freitag stimmten 384 Abgeordnete für den entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung, 79 dagegen, bei 200 Enthaltungen.
Um die Ziele für den Ausbau der Photovoltaik zu verwirklichen, sind laut Bundesregierung weiterhin erhebliche Anstrengungen in allen Rechts- und Wirtschaftsbereichen erforderlich. Mit Anpassungen insbesondere im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sollen Weichen gestellt werden, um die mit dem EEG 2023 beschlossenen Ausbauziele „in systemverträglicher Form“ zu erreichen.
Dreimal so viele Solarflächen jährlich
Mit dem Gesetzentwurf will die Regierung, um das Ziel von 215 Gigawatt (GW) Photovoltaik bis 2030 zu erreichen, den jährlichen Zubau verdreifachen, von 7,5 GW im Jahr 2022 auf 22 GW im Jahr 2026.
Planung und Zubau sollen beschleunigt, büroktratieärmer und leichter werden und etwa hälftig auf Dächern und in der Fläche erfolgen. Beides wird in dem Gesetzespaket adressiert. Für den Ausbau in der Fläche werden weitere Flächentypen für die Nutzung durch Photovoltaik geöffnet und die Förderung für Solaranlagen wie Agri-PV, Biodiversitäts-PV und Parkplatz-PV gestärkt, so die Bundesregierung.
Für Aufdachanlagen sollen bürokratische Hürden beseitigt werden, Mieterstrom und Balkon-PV sollen vereinfacht und die Netzanschlüsse beschleunigt werden. Die Anschlussbedingungen sollen bundesweit vereinheitlicht werden. Die sogenannten besonderen Solaranlagen bekommen ein eigenes Untersegment für Ausschreibungen bei der Bundesnetzagentur. Die Menge der Anlagen, die in diesem Bereich jährlich ausgeschrieben wird, wächst schrittweise auf bis zu 2,075 GW an.
Für Balkon-PV soll die Anmeldung beim Netzbetreiber entfallen. Daneben soll die Direktvermarktung von Strom flexibler und die Weitergabe von PV-Strom beispielsweise in Mietshäusern deutlich erleichtert werden.
Um was geht es?
Bis 2030 sollen 80 Prozent des Energiebedarfs Deutschlands aus erneuerbaren Energien stammen. Eine wichtige Säule dabei ist die Solarenergie, die bis Ende dieses Jahrzehnts 215 Gigawatt (GW) Strom beisteuern soll.
Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesregierung über eine Million neue Anlagen mit einer Leistung von 14,6 GW installiert – fast doppelt so viele wie 2022. Im vergangenen Jahr machte Solarstrom knapp zwölf Prozent der eingespeisten Strommenge aus.
Der Bau von Dachanlagen auf Gewerbegebäuden mit einer Leistung über 40 Kilowatt soll sich in Zukunft mehr lohnen – dafür wird die Förderung als Reaktion auf gestiegene Baukosten auf 1,5 Cent pro Kilowattstunde angehoben. Zusätzlich werden die Mengen für PV-Dachausschreibungen etwa verdoppelt.
Außerdem sollen mehr Flächen für Solarparks freigegeben werden. Dafür werden Solarkraftwerke auf Freiflächen bis zu einer Leistung von 50 Megawatt förderfähig, bislang waren es Anlagen mit maximal 20 Megawatt.
Berghänge sollen grundsätzlich zur Verfügung stehen
Solaranlagen sollen künftig verstärkt auch auf versiegelten Flächen wie Parkplätzen gebaut werden. Auch landwirtschaftliche Flächen und Moore sollen stärker zur Energiegewinnung genutzt werden. Zudem sollen Berghänge grundsätzlich für Solaranlagen zur Verfügung stehen.
Ein für Verbraucher wichtiger Baustein des Solarpakets sind die sogenannten Balkonkraftwerke, also Mini-Solaranlagen, die nicht viel Platz brauchen und direkt über die Steckdose angeschlossen werden können. Das Gesetz sieht vor, dass die bisher komplizierte Anmeldung beim Netzbetreiber der Vergangenheit angehört. Künftig müssen Verbraucher das Balkonkraftwerk lediglich in einer Datenbank der Bundesnetzagentur registrieren.
Zudem dürfen alte, nicht-digitale Stromzähler übergangsweise weiterverwendet werden. Diese drehen sich dann einfach rückwärts, wenn Strom vom Balkon ins Netz eingespeist wird.
Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung
Die Weitergabe von Solarstrom innerhalb eines Gebäudes an mehrere private oder gewerbliche Stromverbraucher dürfte mit dem neuen Gesetz attraktiver werden, erklärt der Bundesverband der Solarwirtschaft (BSW). Betreiber von Photovoltaik-Anlagen können demnach ihren Solarstrom barrierearm an Mieterinnen und Mieter abgeben, ohne dass sie zum Energieversorger werden. Das bedeutet unter anderem, dass sie nicht verpflichtet sind, die umfassende Versorgung der Verbraucher mit Strom sicherzustellen.
Parallel wird mit dem Solarpaket das bereits etablierte Mieterstrommodell weiter optimiert, indem es auch für die Belieferung von gewerblichen Stromverbrauchern geöffnet wird und bürokratische Anforderungen reduziert werden.
Kein Bonus für heimische Industrie
Insbesondere die Grünen hatten sich bis zuletzt für einen „Resilienz-Bonus“ zur Förderung der heimischen Solarindustrie eingesetzt. Diese zusätzlichen Subventionen haben es jedoch nicht ins Gesetz geschafft.
Mit dem Solarpaket kommt auch eine sogenannte Duldungspflicht auf öffentlichen Flächen. Demnach müssen Betreiber einer Solaranlage auf Grundstücke der öffentlichen Hand gelassen werden, um Anschlussleitungen zu verlegen oder zu warten.
Im Regierungsentwurf war diese Regel auch für landwirtschaftliche Flächen geplant. Der Deutsche Bauernverband allerdings hatte diesen Plan massiv kritisiert. Der BSW bedauert: „Eine große Option zur Beschleunigung und Kostensenkung bei Solarparks“ bleibe ungenutzt.
Nach dem Gesetzentwurf soll auch die EU-Notfallverordnung in nationales Recht umgesetzt und um ein Jahr bis 30. Juni 2025 verlängert werden. Damit können beispielsweise Genehmigungen für Windenergieanlagen, Solaranlagen und Stromnetze schneller erteilt werden. (afp/dts/red)
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