Bundestag konstituiert sich: Gysi eröffnet Sitzung – Grüne verhindern Klöckner-Besuch bei AfD

Am Dienstag tritt der 21. Deutsche Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Alterspräsident Gregor Gysi wird die Sitzung eröffnen, während die Wahl des Bundestagspräsidiums im Mittelpunkt steht. Union und SPD verhandeln weiter über eine neue Regierung, während Olaf Scholz und sein Kabinett offiziell entlassen werden.
Stühlerücken: Handwerker bauen den Plenarsaal im Deutschen Bundestag für die neue Legislaturperiode um. Die Sitzverteilung im neuen Bundestag wird nach den Beratungen im Ältestenrat geändert.
Stühlerücken: Handwerker bauen den Plenarsaal im Deutschen Bundestag für die neue Legislaturperiode um. Die Sitzverteilung im neuen Bundestag wird nach den Beratungen im Ältestenrat geändert.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 24. März 2025

Am Dienstag, 25. März, wird der 21. Deutsche Bundestag mit seiner konstituierenden Sitzung eröffnet. Es ist der letzte Tag der mit der Wahl am 23. Februar beginnenden 30-tägigen Frist, innerhalb derer sich das Parlament konstituieren muss. Historisch gesehen war es allerdings nicht der längste Zeitraum zwischen dem Urnengang und dem ersten Zusammentreten des Bundestages.

Im Jahr 1976 dauerte es sogar 72 Tage. Damals enthielt Artikel 39 Grundgesetz allerdings auch noch die Maßgabe, dass die Konstituierung nicht vor Ende der Wahlperiode des vorhergehenden Bundestages erfolgen dürfe. Noch im selben Jahr wurde diese Bestimmung abgeschafft. Seit dieser Zeit gilt die 30-Tage-Frist ausnahmslos.

Gysi wird als zweiter Alterspräsident der Linken den Bundestag eröffnen

Um 11:00 Uhr wird Alterspräsident Dr. Gregor Gysi die Sitzung mit einer Ansprache eröffnen. Er gehörte dem Bundestag von 1990 bis 2002 und durchgehend seit 2005 an. Damit ist er der dienstälteste Abgeordnete des Parlaments. Seit 2017 eröffnet dieser anstelle des an Lebensjahren ältesten Mitglieds als Alterspräsident die neue Legislaturperiode. Die Regelung wurde damals geändert, um eine Sitzungseröffnung durch AfD-Mitgründer Alexander Gauland zu verhindern.

Gysi ist damit auch der zweite Alterspräsident, den Die Linke stellt. Im Jahr 1994 hielt der Schriftsteller Stefan Heym, der für die damals noch als PDS firmierende Partei das Direktmandat in Berlin-Mitte – Prenzlauer Berg holte, die Eröffnungsrede. Damals mahnte Heym mehr Respekt vor den Lebensleistungen der Ostdeutschen an und warnte vor den Folgen der Massenarbeitslosigkeit.

Auf dem Programm der konstituierenden Sitzung steht des Weiteren die Beschlussfassung über die Geschäftsordnung. Diese soll künftig mehr Transparenz bezüglich der Arbeit der Ausschüsse schaffen. Gleichzeitig will man über die neue Geschäftsordnung auch die Sicherheitsbestimmungen verschärfen und etwa die Regeln zur Sicherheitsüberprüfung für Mitarbeiter und Gäste erweitern. Veranstaltungen mit Dritten im Bundestag sollen künftig nur noch „innerhalb der Grenzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ stattfinden.

Josephine Ortleb als Bundestagsvizepräsidentin für die SPD im Gespräch

Im Rahmen der konstituierenden Sitzung des 21. Bundestages wird auch dessen Präsidium neu gewählt. Künftig soll Unionspolitikerin Julia Klöckner die von der SPD gestellte bisherige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ablösen. Die Wahl erfolgt geheim. Um gewählt zu werden, muss Klöckner in geheimer Abstimmung mindestens 316 Stimmen auf sich vereinigen.

Ob Bas, die ihr Direktmandat in Duisburg verteidigt hatte, als eines der weiteren Präsidiumsmitglieder kandidieren wird, war bis zuletzt noch unklar. Mittlerweile heißt es jedoch, die SPD wolle Josephine Ortleb aus dem Saarland vorschlagen.

Die Vorschläge der Parteien für das Parlamentspräsidium

Die 38-jährige Ortleb war bisher Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, SPD-Parteichef Lars Klingbeil lobte die kaum einer breiteren Öffentlichkeit bekannte Politikerin als „Profi im Parlament“, deren Erfahrung in den kommenden Jahren wichtig sei. Die gelernte Gastronomin und Fachwirtin im Gastgewerbe sitzt für den Wahlkreis Saarbrücken im Bundestag, hier holte sie zuletzt erneut das Direktmandat. Ortleb ist seit 2017 im Bundestag.

Die Grünen wollen ihren ehemaligen Parteichef Omid Nouripour ins Bundestagspräsidium entsenden. Der 49-Jährige zählt zum Realo-Lager der Grünen und hatte die Partei ab Anfang 2022 zusammen mit Ricarda Lang bis zum vergangenen November geführt. Nouripour wurde in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren und kam 1988 mit seiner Familie als 13-Jähriger nach Frankfurt am Main. Im Bundestag ist er seit 2006. Von 2013 bis 2021 war Nouripour außenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion.

Als weitere Kandidatin steht Andrea Lindholz für die Union fest. Die 54-jährige Juristin vertritt seit 2013 den Wahlkreis Aschaffenburg im Bundestag. In den Koalitionsverhandlungen war sie Mitglied der Arbeitsgruppe Innen, Recht, Migration und Integration. Die Fachanwältin für Familienrecht galt auch als mögliche Anwärterin für das Bundesinnen- oder -justizministerium in der neuen Regierung, nun bleibt sie im Parlament.

Die Linksfraktion schickt Bodo Ramelow ins Rennen. Der 69-Jährige war bis Ende 2024 zehn Jahre lang Ministerpräsident in Thüringen – und damit der einzige Linken-Politiker überhaupt, der Regierungschef eines deutschen Bundeslandes war. Bei der vorgezogenen Neuwahl des Bundestages kehrte der aus Niedersachsen stammende Ramelow nach fast 16 Jahren wieder in den Bundestag zurück.

Die AfD wird den über die bayerische Landesliste gewählten Abgeordneten Gerold Otten nominieren. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch dieser Kandidat nicht die erforderliche Mehrheit unter allen Bundestagsabgeordneten erhalten wird. Bislang hat seit dem Einzug der AfD ins Bundesparlament keiner ihrer Wahlvorschläge für das Amt des Vizepräsidenten die erforderliche Mehrheit erhalten. Der Bundeswehroffizier Otten wurde bereits 2019 erfolglos ins Rennen geschickt.

Grüne verhinderten „Signal der Normalisierung“ durch AfD-Besuch Klöckners

Wie das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) berichtet, soll die Fraktion der Grünen auch einen geplanten Besuch der designierten Bundestagspräsidentin Julia Klöckner in der AfD-Fraktion verhindert haben. In einem Brief an Klöckner warnten sie vor einem „falschen Signal der Normalisierung gegenüber einer Fraktion, deren Abgeordnete mit rechtsextremen und verfassungsfeindlichen Aussagen Politik machen“.

Die Co-Vorsitzenden der Grünen-Fraktion erklärten, sie würden „die weiteren Planungen unserer Fraktionssitzung von Ihrer Antwort abhängig machen“. Dies hätte de facto eine Ausladung der künftigen Bundestagspräsidentin bedeutet, die angekündigt hatte, allen Fraktionen einen Besuch abzustatten.

Im Rahmen der Wahl zur Bundestagspräsidentin werden alle neu gewählten Abgeordneten namentlich aufgerufen. Anders als 2021, als diese Tradition den Corona-Bestimmungen zum Opfer gefallen war, soll die konstituierende Sitzung auch wieder mit dem Singen der Nationalhymne enden.

Mit dem alten Bundestag endet auch die Amtszeit des Scholz-Kabinetts

Mit der Konstituierung des neuen Bundestages endet auch offiziell die Amtszeit von Bundeskanzler Olaf Scholz und dessen Kabinett. Noch am Dienstagnachmittag wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den noch amtierenden Mitgliedern der Bundesregierung ihre Entlassungsurkunden aushändigen.

Geschäftsführend wird die Regierung dennoch weiterhin im Amt bleiben, bis eine neue ihr Amt antritt. Wann dies der Fall sein wird, hängt vom weiteren Verlauf der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD ab.



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