Bundesregierung will Gutschein-Lösung in EU durchsetzen – schwerer Eingriff in das Vertragsrecht
Die Bundesregierung hat in Brüssel auf eine Gutscheinlösung für stornierte Reisen in der Corona-Krise gedrängt. Er habe bei einer Videokonferenz mit EU-Kollegen am Montag deutlich gemacht, dass „wir da Handlungsbedarf sehen“, sagte der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß. Der Abstimmungsprozess mit der EU-Kommission komme derzeit „nicht so richtig voran“, im Notfall wäre Deutschland deshalb auch bereit für eine nationale Lösung.
Bei dem Streit geht es um die Frage, wie Verbraucher für Pauschalreisen und Flüge entschädigt werden, die wegen der Corona-Krise abgesagt wurden. Die EU-Regeln sehen vor, dass Reisende immer auf einer Rückerstattung der Ticketkosten bestehen können. Die Bundesregierung würde davon gerne abweichen und es Unternehmen ermöglichen, lediglich einen Gutschein anzubieten.
Reiseunternehmen bei sofortiger Rückerstattung mehrheitlich insolvent
Durch massenhafte Rückforderungen durch Verbraucher entstehe vielen Unternehmen wegen der Krise „ein enormer Finanzierungsengpass“, warnte Bareiß. Mittels der Möglichkeit der Vergabe eines staatlich abgesicherten Gutscheins bliebe den Unternehmen die Liquidität und den Reisenden die Sicherheit erhalten.
Für derartige „Zwangsgutscheine“, wie sie Verbraucherschützer nennen, wäre allerdings eine Abänderung der EU-Richtlinie für Pauschalreisen nötig. Die EU-Kommission lehnt das bislang ab. „Uns ist es ganz, ganz wichtig, uns mit der EU abzustimmen“, sagte Bareiß. Notfalls könne aber ein nationaler Rahmen gefunden werden, „damit wir einen Gutschein verpflichtend einführen“.
Es würden sich Wege finden, dies EU-rechtskonform zu gestalten, versicherte er. Schließlich sei „uns nicht damit gedient, wenn wir jetzt einen Gutschein einführen und der dann in ein paar Wochen nicht mehr rechtsmäßig standhält“.
Schwerwiegender Eingriff in Vertragsrecht
Der Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, kommentierte die von der Bundesregierung angestrebte Lösung. „Rückwirkende Eingriffe in bestehende Vertragsverhältnisse widersprechen allen zivilrechtlichen und europarechtlichen Grundsätzen des Verbraucher- und des Vertrauensschutzes“, sagte er dem „Handelsblatt“. Stattdessen müsse es für die Kunden Anreize geben, freiwillig Gutscheine zu akzeptieren – und folgte so der Argumentation Brüssels. (afp)
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