
Meldepflicht für Erkältungskrankheit RSV passiert den Bundesrat
Grünes Licht für eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes. Ampelkoalition schafft mit ihrem Antrag die Grundlage für eine Impfstrategie.

44.000 Kinder mussten laut Bundesregierung seit 1. November wegen einer RSV-Erkrankung stationär behandelt werden.
Foto: Marijan Murat/dpa
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Vorteile der Meldepflicht bleiben fraglich
Ob eine Meldepflicht „den gewünschten Benefit“ bringe, sei fraglich, sagt Dr. Alexander Konietzky, ärztlicher Geschäftsführer und Sprecher des Vereins „Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ (ÄFI). Auf Anfrage von Epoch Times sagte der Kinder- und Jugendarzt, dass für Frühgeborene, Säuglinge und Kleinkinder in Bezug auf RSV-Erkrankung bereits ein funktionierendes System bestehe. Die bisher übliche Praxis sah dabei wie folgt aus: Durch Sentinel-Praxen und durch die meldenden Kliniken, die RSV-positiv getestete Kinder und Säuglinge stationär zur Behandlung aufnehmen, wurde im Wesentlichen der Beginn der RSV-Saison erfasst. Somit habe man in den „ambulanten Einheiten eine höhere Aufmerksamkeit für die spezifische Klinik dieser Erkrankung generiert“. Frühgeborene, die den Risikoklassifikationen entsprechen, werden passiv zur Infektprophylaxe Immunglobuline im monatlichen Rhythmus intramuskulär gespritzt, bis die Saison meist im März oder April des Folgejahres für beendet erklärt wird. Diese Behandlung sei sehr effektiv, jedoch auch sehr kostenintensiv.
Grundsätzlich diene die Meldung einer Erkrankung der schnellen und sicheren Einschätzung einer Gefahr für bestimmte Risikogruppen oder die Allgemeinheit. Für das RSV seien diese Risikogruppen bereits klar definiert. So gehören Babys, die vor der 35. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen und bei denen beispielsweise die Lunge noch nicht richtig ausgebildet ist, in den Kreis der Betroffenen.
Ebenso kann die Erkrankung ein Risiko für ältere Menschen jenseits der 60 mit Vorerkrankungen oder einem nicht intakten Immunsystem sein. Corona-Maßnahmen wie Maskenpflicht und Kindergarten- und Schulschließungen habe die RSV-Erkrankung künstlich in die Zeit der Lockerungen beziehungsweise Beendigung dieser Auflagen verlegt. Somit traten jeweils im Herbst 2021 und 2022 früher als üblich und deutlich mehr als üblich RSV-Erkrankungen auf. Betroffen waren – stärker als sonst – auch ältere Kinder.
Daher mussten „ungewöhnlich viele“ Kinder stationär behandelt werden. In den Jahren bis 2020 waren dies eher Ausnahmefälle, betont Konietzky. Dass ältere Menschen nun in den Fokus gerückt würden, „ist für diese Gruppe sicher wichtig“. Damit könne auch für diese Gruppe eine „adäquate medizinische Behandlung erreicht werden“. Falls wie geplant eine Impfung ab 60 Jahren eingerichtet würde, wäre das eine teure Angelegenheit. Es sei in dieser Altersgruppe eine „eher selten relevante Atemwegserkrankung“. Eine Meldepflicht erhöhe in erster Linie den bürokratischen Aufwand „ohne einen größeren, nachvollziehbaren Nutzen“.
Da sich unterschiedliche Impfstoffe – auch mit unterschiedlichen Technologien – in der Entwicklung und in den unterschiedlichen Stadien der Zulassung befinden, „werden wir sicherlich in den kommenden Monaten mit derartigen Empfehlungen zur Impfprophylaxe konfrontiert werden“, prognostiziert Konietzky: „Wenn sich nicht grundsätzlich die Einstellung zu Freiheitseinschränkungen im Land ändert, dann wäre es in zeitlicher Nähe sicher unkompliziert möglich, eine einrichtungsbezogene Verpflichtung zur Impfung gegen das RS-Virus schnell und unauffällig in das vorhandene Infektionsschutzgesetz einzugliedern: über ein Omnibusgesetz, wie jetzt gerade bei der Meldepflicht für die RSV-Erkrankung passiert. Oder die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention‘ (KRINKO) übernimmt ganz unauffällig die Empfehlung zur Impfung in ihre Statuten. Das bedarf dann gar keines Gesetzes, hat aber haftungsrechtliche Konsequenzen bei Nichteinhaltung für die Institutsleiter und Arbeitgeber in den Kliniken und Pflegeheimen. Da die Kinder ohnehin keine Lobby haben, ließe sich auch hier sicher schnell eine Verpflichtung in den Impfplan integrieren, falls es ein Impfstoff in die Zulassungsverfahren schafft.
Aktuell wird hier an einer Impfung von Schwangeren gearbeitet, die schon im jetzigen Studienstadium andeutet, das Risiko der Frühgeburtlichkeit zu erhöhen.
In der aktuellen Logik des Public-Health-Gedankens eröffnet eine Meldepflicht über kurz oder lang Tür und Tor zur Einführung einer weiteren Impfpflicht mit einer mehr oder weniger sinnvoll hergeleiteten Verhältnismäßigkeit“, befürchtet der Mediziner.
Dabei seien Impfungen im Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Es handele sich oft um Viren, die eine biologische Anpassungsfähigkeit haben, die unterschiedlichen Bedingungen unterworfen sind und unterschiedliche Geschwindigkeiten in der Anpassung zur Folge haben. Das RS-Virus würde erstmalig mit Impfungen oder anders hergestellten Immunitäten konfrontiert werden. „Das wird vorhersehbar zu Veränderungen des Virus führen, deren Folgen für uns nicht vorhersehbar sind“, warnt Konietzky und fügt hinzu: „Es bleibt abzuwarten, was die in absoluten Zahlen eher ineffektive Impfung bei Erwachsenen für Veränderungen am Virus nach sich ziehen wird. Auf Kinder und Säuglinge übertragen, könnten sie dann andere, möglicherweise auch grundsätzlich schwerere Verläufe zur Folge haben. Jede Einflussnahme in ein biologisches System hat unabsehbare Folgen. Dessen sollten wir uns bei jeder medizinischen Intervention, vor allem im Bereich der gut gemeinten Prävention immer bewusst sein.“
Abschließend weist der ÄFI-Geschäftsführer darauf hin, dass auch bei den Kindern Intensivbetten reduziert wurden. Mit Verweis auf das Deutsche Intensivbettenregister (DIVI) hat die Zahl der Kinderbetten auf Intensivstationen seit dem 1. Januar 2022 um etwa zehn Prozent abgenommen.
Eine Anfrage an den Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte zum Thema Meldepflicht blieb unbeantwortet.
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