Bundesrat stimmt Schuldenpaket zu: Was das bedeutet

Nach dem Bundestag am 18. März hat auch der Bundesrat dem Gesetzentwurf von SPD und CDU/CSU zur Änderung des Grundgesetzes zugestimmt. Das beschlossene Schuldenpaket erzielte am Freitag auch dort die nötige Zweidrittelmehrheit.
Damit haben noch vor dem Zusammentreten des neu gewählten Bundestages die zukünftigen Koalitionäre gemeinsam mit den Grünen ein Sondervermögen, sprich eine Neuverschuldung in Höhe von über ein Billion Euro beschlossen. Diese Verschuldung soll „zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045“ ermöglichen. Mit dieser Formulierung steht jetzt die Klimaneutralität im Grundgesetz. Die Grünen hatten sich dafür starkgemacht. Damit in Zusammenhang stehende aufgenommene Kredite sind ebenfalls von der Schuldenregel ausgenommen.
Außerdem werden mit der Änderung Verteidigungsausgaben, die 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) übersteigen, von der Schuldenbremse entkoppelt. Auch den Ländern wurde ein Verschuldungsspielraum bei der Aufstellung ihrer Haushalte eingeräumt, ihnen wurde eine Verschuldungsmöglichkeit von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also der Gesamtwirtschaftsleistung eingeräumt. Dass die Bundesländer sich verschulden dürfen, ist neu. Das durfte bislang nur der Bund. Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des BIP waren dabei die Obergrenze, festgeschrieben im Grundgesetz, Artikel 115 GG.
Ein historischer Kurswechsel
Die sogenannte Schuldenbremse, also das Verbot einer Neuverschuldung für Bund und Länder, war seit 2009 in die Artikel 109 und 115 des Grundgesetzes (GG) geschrieben. Ausnahmen von dieser Schuldenbremse gab es nur, so auch in Artikel 115 Abs. 2 Satz 6 Grundgesetz festgelegt, bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen. Zu einer solchen Ausnahme wurde von der Regierung die sogenannte Corona-Pandemie erklärt und eine Neuverschuldung eingeleitet, bis das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2023 klare Grenzen setzte.
Was bedeutet die Aushebelung der Schuldenbremse konkret?
„Der heutige Entscheid über die Verteidigungsbereitschaft unseres Landes ist nicht weniger als der erste große Schritt zu einer neuen europäischen Verteidigungsgemeinschaft“, sagte Friedrich Merz (CDU) vor der Abstimmung. „Wir verbinden die Wiederherstellung unserer Verteidigungsfähigkeit mit der Modernisierung unserer Infrastruktur“, fügte der Unionsfraktionschef hinzu und verteidigte die Milliardenschulden mit Blick auf Russland unter Verweis auf die Sicherheit Deutschlands, Europas und der NATO.
Merz bezeichnete die Verschuldung in der Debatte am 18. März als „absolute Ausnahme“ und betonte, dass dies ein „großer Wechsel [im Sinne von Schuldschein] auf die Zukunft unseres Landes“ sei. Die geplanten Investitionen sollen die europäische Verteidigungsfähigkeit in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten erhöhen, aber auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken.
Kurzfristiger Boom: Neue Arbeitsplätze in Infrastrukturprojekten
Geplante Investitionen durch die Schulden in Bereichen wie Verkehr, Digitalisierung und Bildung könnten kurzfristig neue Arbeitsplätze entstehen lassen, was die Arbeitslosenquote senken und das Wirtschaftswachstum fördern könnte. Für die kommende Legislatur ist diese Grundgesetzänderung schon durch diese Möglichkeit eine komfortable Situation. Das Gegenteil hätte bedeutet, mit bestehenden Steuereinnahmen auszukommen, nach Einsparungsmöglichkeiten im Haushalt zu suchen, Reformen anzugehen, die Bürokratie abzubauen und Strukturen effizienter zu machen. Das könnte natürlich trotz Sondervermögen passieren, doch die Notwendigkeit dafür ist nicht mehr so dringlich.
„Anstatt Deutschland fit für die Zukunft zu machen, werden Schulden aufgetürmt – ohne echte Reformen, ohne nachhaltige Finanzierungsstrategien und ohne einen klaren Fahrplan für eine effizientere Nutzung der vorhandenen Mittel“, kritisiert der Bund der Steuerzahler. Sicherheit und Infrastruktur, eigentlich Kernaufgaben des Staates, die bereits aus 1.000 Milliarden Steuern pro Jahr finanziert werden, seien nun die Rechtfertigung für neue Schulden. Das aktuelle Schuldenpaket sei ein gefährlicher Irrweg, betont BdSt-Präsident Holznagel, „es bedeutet neue Belastungen für Steuerzahler und nachfolgende Generationen“.
Steuererhöhungen oder Kürzungen im Sozialen
Denn eine erhöhte Staatsverschuldung bedeutet auch eine Erhöhung der Geldmenge, was die Inflation antreibt und am Ende die Kaufkraft der Bürger mindert. Um die gestiegenen Schulden zu bedienen, werden in Zukunft Steuererhöhungen oder Kürzungen im Sozialen notwendig. Klartext dazu ist direkt beim Bundestag zu finden. In der Rubrik „Leichte Sprache“ wird der Sachverhalt unmissverständlich für jedermann, der mit dem Wort „Sondervermögen“ nichts anfangen kann, auf den Punkt gebracht:
Staatsschulden seien ein wichtiges Thema für einen Staat. Jeder Staat habe damit zu tun. Dieser müsse genau darauf achten, dass seine Ausgaben und seine Einnahmen zusammenpassen, denn „ansonsten kann er Probleme bekommen“. Ein Staat gehe zwar nicht einfach bankrott. „Meistens kann man es schon viele Jahre vorher erkennen. Der Staat kann dann versuchen, etwas dagegen zu machen“, schreibt der Bundestag: „Er kann zum Beispiel weniger Geld ausgeben. Zum Beispiel, indem er weniger Rente oder Arbeitslosengeld zahlt.“
Umverteilung des Volksvermögens
Zunächst wird mit dieser Staatsverschuldung in Billionenhöhe „die bisher schon hohe Pro-Kopf-Verschuldung um bis zu 41 Prozent erhöht“, erklärt Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Chef des Verfassungsschutzes, im Interview mit Alexander Wallasch. „Das bedeutet, dass jeder Bürger dieses Landes pro Kopf mit 39.783 bis zu 40.993 Euro verschuldet sein wird. Jeder, der ab heute geboren wird, startet mit dieser Grundschuldenlast.“
Für den Chef der WerteUnion ist das eine unglaubliche Umverteilung des Volksvermögens „von den einfachen Bürgern über die von den Staatsaufträgen profitierenden Unternehmen, über die Banken, die die Schuldverschreibungen herausgeben, an die wenigen, die die Banken und Unternehmen besitzen.“ Für Maaßen eine Schuldenorgie, die zugleich ein Frontalangriff „auf unser Vermögen und auf die Zukunft unseres Landes“ sei.
Klimaneutralität im Grundgesetz
In dem neuen Artikel 143 h Grundgesetz ist ab nun festgeschrieben, dass der Bund Schulden für Ausgaben zur „Erreichung der Klimaneutralität bis 2045“ aufnehmen kann. Damit wurde ein grünes Parteiziel in der Verfassung verankert und der Weg ist frei, die gesamte Politik am Ziel der Klimaneutralität auszurichten, verfassungsmäßig gestützt. Dies hat weitreichende Folgen für die Wirtschaft des Landes und für jeden Einzelnen.
Damit steht der Klimaschutz über ökonomischen Belangen, analysiert Hans-Georg Maaßen. Als Folge sieht er die Deindustrialisierung des Landes. Und damit die Verarmung weiterer Bevölkerungsschichten, „weil Klimaneutralität ohne Deindustrialisierung und Verarmung nicht möglich sein wird“.
Noch folgenreicher sind für Hans-Georg Maaßen die Auswirkungen auf unseren Rechtsstaat: „Es ist aus meiner Sicht ein Frontalangriff auf den Kerngehalt unserer Grundrechte, weil die Grundrechte nur noch gewährt werden, sofern sie das Ziel ‚Klimaneutralität bis 2045‘ nicht gefährden.“ Grundrechte würden eingeschränkt, wenn sie die Zielerreichung gefährden. Denn ohne massive Repression gegenüber der eigenen Bevölkerung lasse sich Klimaneutralität nicht durchsetzen, so Maaßen.
Bürde oder Garantie für zukünftige Generationen?
Die Grünen, SPD und die Linke haben die Schuldenbremse als Hindernis für notwendige Investitionen gesehen. Entsprechend groß ist der Jubel, dass diese nun größtenteils ausgehebelt wurde. So sagte die SPD-Abgeordnete Susanne Mittag gegenüber Epoch Times, sie sei froh, dass der alte Bundestag noch in letzter Minute dieses Paket „für die Kommunen vor Ort“ und für Infrastruktur schnüren konnte.
Die Befürworterin Britta Haßelmann (B90/Die Grünen) erklärte bei der Debatte am 18. März im Bundestag (YouTube, ab Minute 3:50): „Die Reform der Schuldenbremse, Investitionen in Infrastruktur und die Investitionen in Klimaneutralität bis 2045 sind dringend notwendig, denn wir tragen eine Verantwortung für dieses Land!“
Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer bezeichnet auf X die Tatsache, dass ein CDU-Kanzler in spe Klimaschutz ins Grundgesetz gebracht hat, als „normativen Wandel“.
Doch jede Milliarde, die heute ausgegeben wird, muss morgen von irgendjemandem bezahlt werden – und das sind die kommenden Generationen.
Reiche höher besteuern oder Geringverdiener?
Durch die Lockerung der Schuldenbremse wird die Staatsverschuldung steigen. Eine erhöhte Verschuldung kann langfristig zu höheren Zinsausgaben führen, wodurch Steuererhöhungen einerseits ins Haus stehen können, um die erhöhten Ausgaben gegenzufinanzieren. Dies könnte beispielsweise die Mehrwertsteuer oder die Einkommensteuer betreffen. Jochen Ott, der SPD-Fraktionschef im nordrhein-westfälischen Landtag, empfiehlt als vernünftig und gerecht, „die Zinsen und Tilgungen durch höhere Steuern für Multimillionäre und Milliardäre zu finanzieren“.
Sollten indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer erhöht werden, könnten Geringverdiener überproportional belastet werden, da sie einen größeren Teil ihres Einkommens für den Konsum ausgeben. Auch der finanzielle Spielraum für soziale Leistungen kann bei einer erhöhten Verschuldung eingeschränkt werden. Dies würde ebenfalls Geringverdiener treffen, die auf solche Leistungen angewiesen sind.
Ein großer Teil der neuen Schulden soll in die Aufrüstung fließen, während soziale Programme gekürzt werden sollen, wie zum Beispiel Bürgergeld oder Elterngeld. Auch wer dafür plädiert, dass Deutschland „dringend in seine Wehrfähigkeit investieren und die marode Infrastruktur modernisieren muss“, wie hier der Bund der Steuerzahler, muss sich die Frage stellen: Geschieht das auf Kosten von Geringverdienern, Rentnern und Familien, die auch unter der zu erwartenden Inflation durch die Neuverschuldung am meisten zu leiden haben?
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