Bundesnotbremse und Ermächtigungsgesetz
Die sechs Punkte des Michael Theurer: Ein Infektionsschutzgesetz voller Verfassungsprobleme
Warum die FDP gegen das neue Infektionsschutzgesetz der „Bundesnotbremse“ vor das Bundesverfassungsgericht ziehen will, erklärt FDP-Fraktionsvize Michael Theurer anhand von sechs Punkten.

Michael Theurer
Foto: über dts Nachrichtenagentur
In einem Gastbeitrag für den „Focus“ wirft der stellvertretende Fraktionsvize der FDP im Bundestag, Michael Theurer, der Bundesregierung in der Pandemie Versagen auf der ganzen Linie vor und geht zugleich mit dem neuen Infektionsschutzgesetz hart ins Gericht.
Es sei inhaltlich und handwerklich schlecht, schade im Ergebnis dem Gesundheitsschutz und habe verfassungsrechtlich hochproblematische Passagen. Die FDP-Bundestagsfraktion will deshalb auch vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Der Volkswirt geht auf sechs gravierende Fehler näher ein.
Welchen Sinn hat ein sinnloser Parameter?
Zum einen verweist Theurer auf den starren Fokus der Bundesregierung auf die Sieben-Tages-Inzidenzen. Die Bundesregierung selbst habe auf eine Anfrage des FDP-Bundesvize und stellvertretenden Bundestagspräsidenten Wolfgang Kubicki offiziell zugegeben, dass die Inzidenzen für die Bewertung der Pandemie-Lage nicht maßgeblich sind:
„Tatsächlich wird der reale Schweregrad der Pandemie durch andere Parameter abgebildet, etwa durch den prozentualen Anteil positiver Testergebnisse unter allen durchgeführten PCR-Tests, die Anzahl an COVID-19-Patientinnen und COVID-19-Patienten auf den Intensivstationen oder die Zahl der an oder mit COVID-19 Verstorbenen.“
Theurer dazu: „Die Orientierung ausschließlich an der Inzidenz ist sinnlos (…) [und] wohl nicht verhältnismäßig und damit verfassungswidrig.“
Zum anderen seien die nächtlichen Ausgangssperren in mehrerlei Sicht verfassungswidrig. Entweder sind sie so kurz, mit zu vielen Ausnahmen und daher ein praktisch unwirksamer und ungeeigneter Eingriff in die Grundrechte, oder sie sind so lang, mit zu wenigen Ausnahmen und daher ungeeignet und verfassungswidrig, weil es dadurch beispielsweise im Supermarkt zu Stoßzeiten zu erhöhten Kontaktzahlen kommt.
Alle Regeln gelten für alle gleich
Ein weiterer Punkt, den Teurer kritisiert, ist, dass alle Regeln für alle gelten sollen, das heißt auch für Geimpfte und für durch Erkrankung temporär immunisierte Personen.
Freiheitsbeschränkungen könne man nur dann anordnen, wenn von einer Person eine Gefahr für andere ausgehe, das sei bei oben genannten Gruppen seiner Ansicht nach nicht der Fall, gibt der Politiker zu bedenken. Das Fehlen von Ausnahmen sei verfassungswidrig, da würden sich Verfassungsrechtler einig sein.
Ausnahmen fehlten auch für frisch negativ Getestete, so Theurer in seinem vierten Argument. Der FDP-Chef von Baden-Württemberg verweist dazu auf das Tübinger Modell von Oberbürgermeister Boris Palmer und der Medizinerin Lisa Federle. Mit solchen Modellen würden positive Anreize zum Testen gesetzt.
Doch die sollen zukünftig verboten sein, was der FDP-Spitzenpolitiker als fünften Fehler bezeichnet. Dies sei ein Unding, da ein regulatorischer Wettbewerb zu Erkenntnisgewinn führe.
Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung
Als sechsten Fehler bezeichnet Michael Theurer die Ermächtigung der Bundesregierung zur Erlassung neuer Verordnungen an, „die weit über das bisher Beschlossene hinaus gehen“. Besonders lenkt Theurer dabei den Fokus auf „Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung“.
Es schwebe da wohl einigen vor, notfalls in die Privathaushalte einzudringen und nachzuzählen, wie viele Leute sich dort aufhielten. „Das wäre eine absolute Katastrophe für unsere freiheitlich-demokratische Ordnung und offene Gesellschaft“, prophezeit der FDP-Mann.
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