Bürokratiedschungel: Bei früheren Amri-Ermittlungen war Bundesanwaltschaft nicht zuständig

Die Bundesanwaltschaft ist nach Einschätzung ihres Chefs Peter Frank nicht für die Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Berlin-Attentäter Anis Amri zuständig gewesen.
Epoch Times31. März 2017

Die Bundesanwaltschaft ist nach Einschätzung ihres Chefs Peter Frank nicht für die Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Berlin-Attentäter Anis Amri zuständig gewesen. „Es gab keine originäre Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft“, sagte der Generalbundesanwalt am Freitag vor dem Amri-Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags.

Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt hatte im Februar 2016 bei der Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den als islamistischen Gefährder eingestuften Tunesier wegen Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat nach Paragraf 89a des Strafgesetzbuchs angeregt. Die Karlsruher Anklagebehörde übersandte den Vorgang der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, die schließlich wegen versuchter Anstiftung zum Mord gegen Amri ermittelte.

Frank: Landesstaatsanwaltschaft für Ermittlungen wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat zuständig

Frank wies darauf hin, dass zwar Verfahren wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung einer Terrorvereinigung in die Zuständigkeit seiner Behörde fielen. Für Ermittlungsverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat seien aber „grundsätzlich die Landesstaatsanwaltschaften zuständig“.

Die Bundesanwaltschaft könne die Ermittlungen nur bei einer „besonderen Bedeutung des Falls“ an sich ziehen. Dies habe die Karlsruher Behörde beispielsweise im Fall des politisch motivierten Messerangriffs auf Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker vom Oktober 2015 getan.

Rückblickend sei auch unerheblich, dass gegen Amri letztlich wegen einer anderen Straftat ermittelt worden sei. „Das Ziel war erreicht, Amri wurde Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren.“

Widersprüchliches über Amri

Derweil berichtete das ARD-Magazin „Kontraste“, dass entgegen den Aussagen der Berliner Polizei und der Innenverwaltung Beamte des Landeskriminalamts (LKA) Amri noch im Juli und August 2016 für ein Sicherheitsrisiko hielten. Dem Bericht zufolge widersprechen dem Magazin vorliegende Dokumente Aussagen von Innenverwaltung und Polizei, wonach Amri wegen seines angeblichen Abdriftens in die Drogen- und Kleinkriminalität als nicht mehr so gefährlich eingeschätzt wurde.

In einem sogenannten Sachstandsbericht des LKA heißt es demnach, dass das „Gefahrenpotenzial“ Amris durch dessen Umgang mit radikalen Salafisten gefördert werde. Überdies habe Amri dauernd seine Wohnung gewechselt und verhalte sich „weiterhin konspirativ“.

Amri Monate vor Anschlag von Sicherheits- und Ausländerbehörden beobachtet

Am 19. August 2016 wiederholten demnach die Beamten in einem neuen Sachstandsbericht ihre Befürchtungen. Darin heißt es, dass bei Amri und seinem Umfeld „eine gruppendynamische Steigerung des Gewaltpotenzials erkennbar“ sei.

Laut „Kontraste“ teilte die Berliner Polizei mit, sie halte an den bisherigen Aussagen zur Gefährlichkeit Amris fest. Auf welcher fachlichen Grundlage die Formulierungen der Kollegen zustande gekommen seien und welcher Wortlaut im konkreten Fall Verwendung gefunden habe, sei gegenwärtig „Gegenstand der Ermittlungen, die hier in der Behörde geführt werden.“

Die Berliner Polizei erklärte zu dem „Kontraste“-Beitrag am Freitag, die darin erwähnten Berichte vom Juni 2016 und August 2016 seien gefertigt worden, um unter anderem „Telekommunikationsüberwachung und Observationsmaßnahmen“ bei Amri vornehmen zu können. Eingeflossen seien neben dem beobachtetem Verhalten Amris auch Prognosen und Bewertungen in Bezug auf den Tatvorwurf eines geplanten Anschlags.

Anhand der Ermittlungen sei deutlich geworden, dass sich Amri im Bereich der Drogenszene bewegt habe, „Hinweise auf konkrete Anschlagsplanungen gab es nicht“.

Am Nachmittag soll der Amri-Sonderbeauftragte der NRW-Regierung, der Gießener Strafrechtsprofessor Bernhard Kretschmer, den Abgeordneten Rede und Antwort sehen. Kretschmer entlastete zuletzt die NRW-Behörden im Fall des mutmaßlichen Weihnachtsmarktattentäters weitgehend.

Bei dem Berliner Anschlag vom 19. Dezember 2016 wurden zwölf Menschen getötet und mehr als 60 weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Weihnachtsmarktattentats stand Amri schon seit seit Monaten im Visier von Sicherheits- und Ausländerbehörden. (afp)

 



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