Baerbock will den „feministischen Reflex“ ausbilden
„Bitternötig“ sei es, das Konzept zur feministischen Außenpolitik, behauptet Annalena Baerbock. Den Grund liefert die grüne Außenministerin gleich mit: „Weil Männer und Frauen weltweit immer noch nicht gleichgestellt sind.“ Sie will das daher ändern und präsentiert am Mittwoch, 1. März, im Anschluss an die Sitzung des Kabinetts einen 80 Seiten starken Katalog gemeinsam mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). Ihr Konzept soll unter den Augen einer eigenen Botschafterin das neue Arbeitsprinzip im Auswärtigen Amt werden, berichtet das Nachrichtenportal „t-online“.
Vorgaben sollen „innere Arbeitsweise“ prägen
„Frauenrechte sind ein Gradmesser für den Zustand unserer Gesellschaften“, schreibt Baerbock. Eine feministische Außenpolitik ziele auf die Gleichstellung von Frauen und Mädchen weltweit. Das Konzept sei jedoch „keine Außenpolitik für Frauen, sondern für alle Mitglieder einer Gesellschaft“.
Die Leitlinien würden „unser Handeln als Team des Auswärtigen Amts im Sinne eines Mainstreamings durchziehen, in unserer nationalen Außenpolitik, in der Europäischen Union und in den internationalen Foren“. Die Vorgaben sollten „unsere innere Arbeitsweise prägen“. Auch sollten sie dabei helfen, einen „feministischen Reflex auszubilden“.
Investitionen gendersensibel und gendertransformativ
Das Auswärtige Amt soll daher neue Strukturen und Arbeitsweisen entwickeln. „Mainstreaming“ werde dabei eine „Schlüsselrolle spielen“. Baerbock kündigt an, „dass wir hart daran arbeiten werden, unserem Auswärtigen Dienst ein weiblicheres Gesicht zu geben“.
Dazu gehöre auch, dass der Anteil von Frauen in Führungsfunktionen erhöht werde. Ziel sei es, bis zum Ende der Legislaturperiode 85 Prozent der Projektmittel „gendersensibel“ auszugeben, sodass Belange von Frauen mit einbezogen werden. Acht Prozent der Mittel sollten sogar „gendertransformativ“ gezahlt werden, sodass es eine aktive Umgestaltung der Projekte in diese Richtung gebe.
In sechs Leitlinien für ein künftiges außenpolitisches Handeln heißt es unter anderem: „Wir integrieren die Perspektiven von Frauen und marginalisierten Gruppen in unsere weltweite Arbeit für Frieden und Sicherheit.
Klima- und Energiediplomatie
Das Nachrichtenportal „The Pioneer“ hatte als erstes Baerbocks Pläne ausführlich dargestellt. Dazu gehört auch eine Leitlinie, bei der es um Klima- und Energieaußenpolitik geht. Dort heißt es, dass Frauen und diverse gesellschaftliche Gruppen wichtige Akteure und Akteurinnen sowie Führungspersonen „unserer Klima- und Energiediplomatie“ seien. Und weiter: „Wir helfen, die spezifischen Auswirkungen der Klimakrise auf Frauen und marginalisierte Gruppen auszugleichen.“
Feministische Außenpolitik bereits vor über 100 Jahren Thema
Die Idee der feministischen Außenpolitik ist indes keine Erfindung der Grünen Außenministerin. Das Thema wird seit mehr als 100 Jahren diskutiert. Ein wichtiger Meilenstein war dabei der Internationale Frauenfriedenskongress in Den Haag 1915. Organisiert hatten ihn die beiden Deutschen Anita Augspurg (1857 – 1943) und Lida Gustava Heymann (1868 – 1943). Gastgeberin war die niederländische Ärztin, Pazifistin und Frauenrechtlerin Aletta Jacobs (1854 – 1929).
Schweden bekannte sich 2014 offiziell als erstes Land zu einer feministischen Außenpolitik. Die neue Regierung aus Moderaten, Christdemokraten und Liberalen hat das Konzept im Oktober 2022 gekippt. „Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein grundlegender Wert in Schweden und auch ein grundlegender Wert für diese Regierung“, begründete Außenminister Tobias Billström gegenüber den konservativen Moderaten den Schritt.
Der Ausdruck „feministische Außenpolitik“ werde aber gestrichen, „denn Etiketten haben die Tendenz, den Inhalt zu verschleiern“. Kanada, Mexiko und Spanien gehören laut „Deutsche Welle“ (dw) zu den Ländern, die sich ebenfalls zur feministischen Außenpolitik bekennen.
Scharfe Kritik von CSU und AfD
Scharfe Kritik an Baerbocks Konzept äußerten CSU und AfD. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder findet das Konzept „unverständlich“. Für ihn sei Außenpolitik Diplomatie, nicht Mission. „Wenn man nur noch versucht, die Welt zu missionieren, dann wird man am Ende recht einsam dastehen“, zitiert die „Deutsche Welle den CSU-Politiker. Seiner Ansicht nach sei Baerbocks Plan, „durch die Welt zu reisen und allen anderen zu erzählen, was sie zu tun und zu lassen haben, zum Scheitern verurteilt“.
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel nannte die Idee einen „unsinnigen Etikettenschwindel“. Friedrich Merz (CDU), der das Konzept im vergangenen Jahr noch heftig attackiert hatte, spricht hingegen neuerdings von einem „wichtigen Thema“.
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