Baerbock fordert stärkeres Engagement in Verteidigungspolitik
Mitten in der Präsidentschaftswahl in den USA hat die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock ein stärkeres gemeinsames Engagement Europas in der Verteidigungspolitik gefordert. „Europa kreist seit Jahren um sich selbst, die Trump-Administration hat der Welt den Rücken zugekehrt. Die Lücke, die entstanden ist, füllen autoritäre Staaten“, sagte Baerbock der „Süddeutschen Zeitung“.
Wenn der Westen Staaten wie China, Russland oder der Türkei nicht das Feld überlassen wolle, müsse Europa seine „Friedensrolle“ in der Welt wieder ernster nehmen.
Zum Streit um die Rüstungsausgaben – Deutschland liegt weit unter den mit der NATO vereinbarten zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes, die die USA einfordern werden -, sagte Baerbock: „Wir müssen erst über eine strategische Neuaufstellung sprechen, dann über die Ausgaben. Es muss auch um die Fähigkeiten der NATO und die konkrete Lastenverteilung gehen. Ein theoretisches Zwei-Prozent-Ziel hilft da nicht wirklich weiter.“
Höhere Ausgaben für die Bundeswehr
Offen zeigte sich Annalena Baerbock dafür, über höhere Ausgaben für Verteidigung und Bundeswehr nachzudenken. „Es fehlen Nachtsichtgeräte zum Üben, von Flugstunden ganz zu schweigen. Wir müssen uns da ehrlich machen. Ja, in manchen Bereichen muss man mehr investieren, damit Gewehre schießen und Nachtsichtgeräte funktionieren“, sagte sie.
Gleichzeitig werde aber viel Geld im Militärhaushalt „zum Fenster rausgeschmissen“, nur weil Bundesländer wie Bayern mit neuen Rüstungsprojekten ihren Industriestandort stärken wollten. Für den Fall einer grünen Regierungsbeteiligung kündigte die Grünen-Chefin Gespräche mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an, auch über robuste europäische Militäreinsätze.
„Einfach wird das nicht. Aber wir dürfen uns nicht wegducken“, sagte sie. Europa müsse zwar mehr tun, eine Abkehr von den USA sei aber gerade jetzt das falsche Signal. Notwendig sei außenpolitisch außerdem mehr Entschlossenheit beim Gesundheitsschutz, in der Außen-Wirtschaftspolitik, im Kampf gegen Sicherheitsrisiken und die Klimakrise.
Baerbock zeigte sich zudem offen für ein neues transatlantisches Handelsabkommen. Das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP hatten die Grünen abgelehnt. Dabei bleibe es, sagte Baerbock. „Wir sollten Fehler nicht zweimal machen. Aber es besteht die Chance für einen Neustart in der Handelspolitik und für ein besseres Handelsabkommen.“ Der Freihandel müsse gerechter und klimafreundlicher werden. (dts/sza)
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