Assange-Unterstützer bitten Merkel um Hilfe für Freilassung
Rund 120 Politiker, Künstler und Journalisten haben an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appelliert, sich bei ihrem Besuch von US-Präsident Joe Biden in dieser Woche für die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange einzusetzen.
„Wir bitten Sie inständig, helfen Sie, im Fall Julian Assange Brücken zu bauen“, heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden gemeinsamen Schreiben an Merkel. Die Kanzlerin will Biden an diesem Donnerstag bei ihrem wohl letzten USA-Besuch vor dem Ausscheiden aus dem Amt nach der Bundestagswahl in Washington treffen.
Parteiübergreifendes Schreiben
Zu den Unterzeichnern des von dem Enthüllungsjournalisten und Schriftsteller Günter Wallraff initiierten Briefes an Merkel gehören parteiübergreifend Abgeordnete von CDU, SPD, FDP, Linke und Grünen, mehrere Ex-Minister wie Sigmar Gabriel (SPD), Gerhart Baum (FDP), Oskar Lafontaine (Linke), die Schriftstellerin Elfriede Jelinek sowie die Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Emma“, Alice Schwarzer. Assange hatte kürzlich im Londoner Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh seinen 50. Geburtstag gefeiert.
Die US-Justiz wirft Assange vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan sowie eine riesige Zahl diplomatischer Depeschen gestohlen und auf der Internet-Plattform Wikileaks veröffentlicht zu haben. Damit sei das Leben amerikanischer Informanten in vielen Ländern in Gefahr gebracht worden. Für die US-Ermittler ist Assange ein Spion, sie fordern seine Auslieferung. Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten.
Merkel soll Pressefreiheit verteidigen
Die Unterzeichner bitten Merkel in dem Schreiben, in ihren Gesprächen mit Biden deutlich zu machen, „wie wichtig es im Sinne der Verteidigung der Pressefreiheit ist, die Klage gegen den Wikileaks-Gründer fallen zu lassen, damit er in Freiheit im Kreise seiner Familie gesundheitlich genesen kann“. Die Kanzlerin wird zudem gebeten, für Assange „eine humanitäre und für den US-Präsidenten eine gesichtswahrende Lösung zu finden“, heißt es weiter. „Es wäre eine starke, bleibende humanitäre Geste zum Ende Ihrer Amtszeit.“
Der Umgang mit Assange sei „mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht zu vereinbaren, die schlimmen Haftbedingungen sind ein humanitärer Skandal“, heißt es in dem Brief an die Kanzlerin. Angesichts der bedrohlichen gesundheitlichen Verfassung von Assange bestehe dringender Handlungsbedarf. Es liege in der Hand von Biden, das von dessen Amtsvorgänger gestartete juristische Verfahren gegen Assange zu beenden und die Klage fallen zu lassen.
Auslieferungsantrag bislang abgelehnt
Assange war 2012 vor der Auslieferung in Ecuadors Botschaft in London geflüchtet. Dort bekam er Asyl – bis sich in dem südamerikanischen Land der Wind drehte. 2019 konnte die ganze Welt dabei zusehen, wie Assange trotz heftiger Gegenwehr aus der Botschaft gezerrt wurde.
Ein Gericht in London hatte den Auslieferungsantrag der USA im Januar wegen der schlechten psychischen Gesundheit Assanges und der zu erwartenden Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten abgelehnt. Assange kam aber dennoch nicht auf freien Fuß, weil die USA Berufung einlegten. Nun muss er auf den Ausgang dieses Verfahrens warten. Dem Australier drohen nach Angaben seiner Verlobten Stella Morris weiterhin die Auslieferung an die USA und eine Verurteilung zu 175 Jahren Haft. Morris setzt darauf, dass die neue US-Regierung unter Biden die Anklage gegen ihren Partner fallen lässt. (dpa)
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