Ampel bald vor neuer Verfassungsklage? Haushalt 2024 könnte erneut platzen

Der Dachverband der Arbeitgeber hat ein Gutachten präsentiert, das auch am Entwurf der Ampel für den Haushalt 2024 erhebliche Verfassungsbedenken äußert. Diese, so die BDA, sei jedoch „zu abgehoben“, um sich für die Folgen ihrer Entscheidungen zu interessieren.
Titelbild
Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).Foto: John MacDougall/AFP via Getty Images
Von 16. Januar 2024

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Im Laufe dieser Woche will die Ampel in Berlin ihren nachgebesserten Haushalt 2024 durch den Haushaltsausschuss bringen. Der Entwurf ist gekennzeichnet durch Sparbemühungen infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse im November. Doch auch der nunmehr geplante Etat könnte erneut zum Ziel einer Verfassungsklage werden. Davon gehen die Arbeitgeber in Deutschland aufgrund eines Gutachtens aus.

Haushalt 2024 für Arbeitgeber „Konsolidierung zulasten Dritter“

In ihrer Stellungnahme zum Entwurf eines Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes attestiert die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) diesem „das Gegenteil einer durchdachten Sozialpolitik“. Mehr noch: Gestützt auf ein Gutachten des Leipziger Staatsrechtlers Christoph Degenhart sieht man den Haushalt auf „rechtlich wackeligen Füßen“.

Die Arbeitgeber sprechen von einer „Haushaltskonsolidierung zulasten der Sozialversicherung“ und damit der Beitragszahler. Dies zeige sich unter anderem am geplanten Zugriff auf Mittel, die aus deren Beträgen stammten – und nun zweckentfremdet würden.

Dies sei beispielsweise im Kontext des Ausgleichsbeitrages von insgesamt bis 5,2 Milliarden Euro für die Arbeitslosenversicherung. Der Bund will diese bis 2027 anberaumte Rücklage jetzt zum Stopfen von Haushaltslöchern verwenden.

Schon mittelfristig Anhebung der Beiträge zu befürchten

Anlass für den Aufbau dieser Rücklage war die Corona-Krise. Sie sollte dazu dienen, die Beitragskasse mit einem Mindestbetrag auszustatten, der im Fall erneuter Krisen mobilisiert werden könnte, um etwa Kurzarbeitergeld zu bezahlen.

Nun verwende der Bund, so der Vorwurf der Arbeitgeber, die Rücklage „faktisch als Schattenhaushalt“. Die Unsicherheit bezüglich möglicher Umwidmungen in diesem Bereich werde nicht nur Beitragssenkungen in der Arbeitslosenversicherung unmöglich machen. Es sei sogar wahrscheinlich, dass es früher oder später zu einer Erhöhung kommen werde.

Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Rechtsprechung deutlich gemacht, dass Beitragsmittel zur Sozialversicherung streng zweckgebunden seien. Es sei daher nicht statthaft, die zur Finanzierung des allgemeinen Staatshaushalts zu verwenden. Dadurch stünden „wesentliche Regelungen zur Entlastung des Bundeshaushalts auf rechtlich mehr als wackeligen Füßen“, so die BDA.

Arbeitgeber drängen auf Begrenzung der Sozialbeiträge

In dieselbe Kerbe schlagen die Arbeitgeber auch im Zusammenhang mit der geplanten Reduzierung der Bundeszuschüsse zur Rentenkasse. Zuschüsse für die gesetzlichen Krankenkassen werden dem Konzept der Ampel zufolge ebenfalls ausbleiben – trotz deren für 2024 erwarteten Defizits von 3,4 Milliarden Euro. Es sei „das Gegenteil von rechtsstaatlich verlässlichem Regierungshandeln“, wenn man „nach Gutdünken abgeschlossene Vorgänge der Vergangenheit wieder aus dem Hut“ zaubere.

Ähnlich wie VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht die BDA ein Risiko, dass die Eingriffe in die Beitragskassen zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung deren langfristige Stabilität gefährdeten. Dies werde schon auf absehbare Zeit zusätzliche Beitragsbelastungen nach sich ziehen.

Aus Sicht der Arbeitgeber wäre dies jedoch Gift für die Beschäftigung. Gerade in einer Situation wie der heutigen sei es erforderlich, zusätzliche Belastungen durch Sozialbeiträge zu verhindern. Dies sei hauptsächlich für personalintensive Betriebe und Beschäftigte in unteren Lohngruppen bedeutend. Letztgenannte würden durch hohe Sozialabgaben deutlich stärker beeinträchtigt. Aus Sicht der BDA steht fest:

„Notwendig sind nachhaltige und ausgabensenkende Strukturreformen, eine Beitragssatzbremse und ein klarer Fahrplan, wie der Gesamtbeitragssatz wieder auf unter 40 Prozent begrenzt werden kann.“

Union bereitet bereits mögliche Verfassungsklage vor

Wie der „Münchner Merkur“ berichtet, bereitet sich die Union bereits darauf vor, eine Verfassungsklage gegen den Haushalt 2024 einzubringen. Bereits am vergangenen Donnerstag, 11. Januar, habe der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Mathias Mittelberg dies gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) angedeutet.

Mittelberg äußerte dabei ebenfalls Zweifel an der Zulässigkeit der Rückforderung der Zuschüsse an die Bundesagentur für Arbeit. Es sei zu prüfen, ob es eine rechtliche Möglichkeit für die geplante zweckwidrige Verwendung gebe. Der Politiker äußerte weiter:

„Sollte dieser Sachverhalt nicht angemessen erklärt beziehungsweise berichtigt werden, müssen wir eine Klage gegen den Haushalt erwägen.“

Kritik üben die Arbeitgeber unterdessen auch am Ausbleiben von Einladungen von Sozialversicherungen und Sozialpartnern zur ersten Anhörung im Haushaltsausschuss. Dabei gehe es um wesentliche Einsparungen zu deren Lasten und um potenzielle Eingriffe in deren Selbstverwaltung.

Dies zeige, so die BDA, die „Abgehobenheit“ der Bundesregierung, die „anscheinend kein Interesse an den Folgen ihrer Entscheidungen“ habe.

BDA sieht auch beim Bürgergeld noch Verschärfungspotenzial

Die Arbeitgeber sind außerdem überzeugt, dass die Bundesregierung auch in Bezug auf das Bürgergeld ihr Einsparungspotenzial nicht ausschöpfe. Zwar gingen die geplanten Sanktionen bei Verweigerung konkret angebotener Arbeit in die richtige Richtung, allerdings sei es nicht ausreichend, diese auf zwei Monate zu begrenzen, sondern diese sollten greifen, solange das Arbeitsangebot bestehe. Zudem sei trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 unter bestimmten Umständen auch eine Streichung der Leistungen für Wohnkosten möglich.

Die BDA mahnt auch schärfere Sanktionen für Meldeversäumnisse an – immerhin könnte die Nichtmeldung zum Instrument werden, um von vornherein den Erhalt eines Arbeitsangebots zu verhindern.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion