Altersarmut in Deutschland: Frauen veröffentlichen ihre Renteninformationen auf Twitter
Auf drastische Weise machen derzeit vor allem Frauen auf Twitter auf ein Thema aufmerksam, dessen Brisanz bereits in der Amtszeit der Regierung Schröder bekannt war: Für immer mehr Deutsche wird Armut im Alter zur ernsten Gefahr.
Wie der „Focus“ berichtet, hat die Nutzerin Christine Finke („Mama_arbeitet“) ihre jährliche Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung eingescannt und die Abbildung davon auf Twitter zusammen mit dem Kommentar veröffentlicht:
Meine alljährliche Renteninformation ist da. 577,81 Euro wenn ich weiterhin einzahle (ansonsten sind es nur 501,39 Euro). Frau, geschieden, 53 Jahre alt, 3 Kinder. Habe immer gearbeitet, aber zu selten eine Festanstellung gefunden. Kein Geld zum Sparen. Pech gehabt.“
Frauen im Westen haben deutlich geringere Rentenansprüche
Mit ihrem Post hat sie mehrere Nutzerinnen zur Nachahmung animiert. Eine stellt sich vor als „Biologin, 45, 2 Kinder, schon vorher nur Teilzeitjobs bekommen und einige unbezahlte Praktika gemacht“. Sie könnte auf der Grundlage des Durchschnitts der Rentenbeiträge der letzten fünf Jahre und ohne Berücksichtigung von Rentenanpassungen mit 498,29 Euro monatlich im Alter rechnen. Eine weitere Twitter-Nutzerin könnte zwar auf immerhin 767,06 Euro hoffen – große Sprünge ließen sich aber auch damit im Alter nicht machen.
Die Betroffenen stellen keine Ausnahmefälle dar. Im Schnitt lag die zu erwartende Durchschnittaltersrente von Frauen in Deutschland im Jahr 2017 nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung bei 689 Euro – 918 in den neuen Bundesländern, wo Doppelverdienerhaushalte der Standard sind, 628 Euro im Westen, wo das Alleinverdienermodell stärker ausgeprägt ist. Auch Teilzeitmodelle mindern den Rentenanspruch.
Die zu erwartende Durchschnittsrente für Männer lag am 1. Juli 2017 bei 1083 Euro, wobei auch die Verteilung zwischen alten (1067 Euro) und neuen Bundesländern (1151 Euro) ausgewogener war.
Unterbrochene Erwerbsbiografien, Bevölkerungsrückgang, weniger Beitragszahler und stagnierende Nettolöhne haben die gesetzliche Rentenversicherung im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer stärker unter Druck gesetzt. Im Zuge der großen Rentenreform 2000/01 wurde das Nettorentenniveau des Eckrentners – also eines idealtypisch sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, der 45 Jahre lang Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt hat – von zuvor 70 auf künftig 67 Prozent des Durchschnittsarbeitsentgelts reduziert.
Niedrige Zinsen machen Riesterprodukte unattraktiv
Parallel dazu wurde die Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens beschlossen, das Beschäftigten Anreize bieten sollte, durch gefördertes Ansparen eines bestimmten Prozentsatzes des Jahresbruttogehalts (seit 2008 sind dies vier Prozent und maximal 2100 Euro jährlich) die entstandene Lücke auszugleichen. Für die nach dem damaligen Bundesarbeitsminister Walter Riester benannten Verträge zur „Riester-Rente“ gelten bestimmte inhaltliche Anforderungen, widrigenfalls eine Förderung nicht in Betracht kommt.
Da der Risikoanteil in Riesterprodukten infolge gesetzlich vorgegebener Garantien hoch ist, werden die Anlagen in Zeiten der Nullzinspolitik der EZB stetig unattraktiver. Gleichzeitig ist die Scheu vor renditeträchtigeren Anlagen ohne Förderung und mit höherem Sparanteil – wie Aktien oder Investmentfonds – in Deutschland hoch.
Zudem bleibt gerade Geringverdienern wie Christine Finke regelmäßig zu wenig an Nettoeinkommen übrig, um dieses in regelmäßig in Sparanlagen zu investieren. Dabei sollte genau dies Experten zufolge mit etwa zehn Prozent des Monatsnettos geschehen, um den Lebensstandard im Alter abzusichern.
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